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Abschied nach sechs Paralympics: Ramona Brussigs letzter Kampf
Ihr Paralympics-Debüt gab sie 2004 in Athen, 20 Jahre später soll Paris nun der Abschluss sein. Para-Judo-Urgestein Ramona Brussig tritt von der größten Bühne ab.
Von Monja Nagel
Seit den späten Neunzigern ist Ramona Brussig aus dem deutschen Para-Judo nicht mehr wegzudenken. Vier WM-Titel, sechs EM-Titel und zwei Goldmedaillen bei den Paralympics. Die Liste der Erfolge der Leipzigerin ist lang. In Paris hatte sie nun ihren letzten Auftritt auf großer Bühne. „Schaut mal auf mein Geburtsdatum“, sagte die 47-Jährige mit Blick auf ihre weitere Laufbahn: „Vielleicht mache ich noch ein Jahr zum Abschluss, aber ich lasse es sicher auslaufen.“
Bis zu den Spielen in der französischen Metropole hatte es für die sehbeeinträchtigte Brussig jedoch keinen Grund gegeben, sich auszuruhen. Die angestellte Sachbearbeiterin im Breitensport des Landessportbundes Mecklenburg-Vorpommern arbeitet als Teilzeitkraft, um ihren sportlichen Ambitionen gerecht zu werden. „Ich kann kommen und gehen, wann ich will“, erzählte Brussig. Dadurch konnte sie Beruf und Sport immer gut vereinbaren.
Ähnliche Privilegien hatten der dienstältesten Judoka aus dem deutschen Team mittlerweile beim Training zugestanden. „Die Bundestrainerin gibt mir viele Freiheiten“, sagte Brussig. „Ich kann machen, wie es geht, wie ich mich körperlich fühle. Wenn es klappt, dann klappt es. Wenn nicht, dann nicht.“ Da müsse man realistisch sein.
Nach den Paralympics in Tokio 2021 war nicht klar, ob die Para-Sportlerin den Weg bis Paris geht. „Ich wusste nicht, ob ich nach Paris will. Ich bin ehrlich, da hatte ich erstmal andere Sachen zu tun“, sagte Brussig.
Doch die traten in den Hintergrund. Brussig arbeitete weitere drei Jahre, um für Deutschland in der französischen Hauptstadt zu starten – mit demselben Hunger nach einer Medaille. „Das ist immer ein großer Erfolg. Die Medaille kann dir keiner mehr nehmen, sie ist ein i-Tüpfelchen.“
Erstmals nicht im eigenen Team in Paris dabei: Ramonas Zwillingsschwester Carmen Brussig, die seit 2022 für die Schweiz bei den Paralympics auf der Matte steht.
Ramona Brussig war vor den Spielen in Paris trotz jahrelanger Erfahrung aufgeregt. „Wenn ich nicht nervös wäre, wäre ich hier verkehrt, oder?“, fragte sie einen Tag vor ihrem Wettkampf. „Die Routine ist natürlich da, das ist mein Vorteil. Wenn du die sechsten Spiele machst, weißt du, wie es abgeht.“
Für einen Podiumsplatz reichte es dieses Mal jedoch nicht. Bereits im Achtelfinale unterlag die Deutsche der Türkin Dondu Yesilyurt mit 0:11 und schied aus dem Rennen um die Medaillen aus. Kein zufrieden stellender Abschied von der paralympischen Bühne.
Mit dem baldigen Karriereende von Brussig verliert das deutsche Para-Judo-Team eines ihrer Gesichter. Die Mannschaft von Bundestrainerin Carmen Bruckmann war zu sechst nach Paris gereist, mit den zwei Routiniers Brussig und Nikolai Kornhass sowie vier Neulingen.
Trotz all der Erfahrung nahm Ramona Brussig im Team eine eher kleine Rolle ein. „Ich bin zwar eine aktive Sprecherin, aber ich bin nicht die, die sich großartig in den Vordergrund stellt“, sagte sie. „Eine Sportlerin, wie jede andere.“
Doch nicht jede Sportlerin kann von sich behaupten, eine solche Reihe an Erfolgen gefeiert zu haben. Nicht jede stand so häufig auf dem Siederpodest oder fuhr zu sechs Paralympics. Ganz offiziell hat Brussig ihren Abschied aus der Nationalmannschaft noch nicht bekannt gegeben. Es bleibt abzuwarten, wie lange ihr „Abschlussjahr“ andauert.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de
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