Drei Tage Warnstreik in Berlin: Kitas geschlossen, kaum Notbetreuung – Eltern lehnen Verdi-Ausstand ab

© dpa/Britta Pedersen

Update Drei Tage Warnstreik in Berlin: Kitas geschlossen, kaum Notbetreuung – Eltern lehnen Verdi-Ausstand ab

Am Montag begann der angekündigte dreitägige Kita-Warnstreik. Der Berliner Senat und vier der fünf Eigenbetriebe halten die Forderung nach einem Extra-Tarifvertrag für den falschen Weg.

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Berlins kommunale Kitas mit 34.000 Plätzen waren am Montag im großen Maße durch den Streik der beiden Gewerkschaften Verdi und GEW lahmgelegt. Nur vereinzelt wurde eine Notbetreuung angeboten. Der Landeselternausschuss Kita (LEAK) hatte sich bereits im Vorfeld von dem Streik, der 282 Einrichtungen betrifft und noch bis Mittwoch dauert, distanziert.

Der Eigenbetrieb Nordost, einer der fünf kommunalen Kitabetriebe, teilte am Montag auf Nachfrage mit, dass „mindestens 48 unserer 80 Kindergärten heute wegen Streik geschlossen sind“. Davon würden nur acht Kindergärten eine Notbetreuung anbieten. Ganze sieben der 80 Kitas seien „wie gewohnt offen“ gewesen.

Es hätten dort nur einzelne Mitarbeitende am Streik teilgenommen. Der Eigenbetrieb Nordost erstreckt sich über Pankow, Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf.

Mindestens 48 unserer 80 Kindergärten sind heute wegen Streik geschlossen. 

Eine Sprecherin des Eigenbetriebs NordOst

Auf die Frage, warum nicht mehr Notdienste angeboten wurden, hieß es, dass eine einseitige Verpflichtung von Beschäftigten für Notdienstarbeiten durch den Arbeitgeber während eines Streiks „rechtswidrig“ sei. Die Vereinbarung eines Notdienstes sei eine gemeinsame Aufgabe des Arbeitgebers und der Gewerkschaft. „Dies ist leider nicht erfolgt“, fügte eine Sprecherin des Eigenbetriebs hinzu. Für Kitas müssten laut Gesetzgebung, anders als im Krankenhaus oder in Pflegeeinrichtungen, keine Notdienste vereinbart werden.

Notbetreuungen nur an einzelnen Kitas

Die Geschäftsführerin des Kita-Eigenbetriebs Südwest, der Tempelhof-Schöneberg und Steglitz-Zehlendorf versorgt, Sonya Mayoufi, bestätigte auch für ihren Bereich eine Vielzahl an Schließungen, allerdings weniger eklatant als im Betrieb NordOst.

Zu SüdWest gehören 37 kommunale Kitas. „Wir sind alle aktiv, um irgendwie für die dringendsten Bedarfe trotz der Streiks Notbetreuungen zu organisieren“, schilderte Mayoufi dem Tagesspiegel die Bemühungen. So habe am Montag in 13 Kitas – auch für umliegende Kitas – Notbetreuung angeboten werden können. An den kommenden zwei Tagen würden es voraussichtlich jeweils zwölf Kitas.

Die übrigen Einrichtungen hatten geschlossen, „wobei das jeweilige nicht streikende Personal in den geöffneten Häusern tätig war, um dort in vertrauter Beziehung die Betreuung ihrer Kitakinder am anderen Ort zu gewährleisten“.

3000 Beschäftigte demonstrierten laut Verdi am Montag.

Laut Verdi hatten sich etwa 3000 Beschäftigte an einer Demonstration am Vormittag beteiligt. Wie viele davon als streikend gemeldet waren, stand laut Sprecher Kalle Kunkel am Nachmittag noch nicht fest.

Auch die GEW nannte keine präzise Zahl von Streikenden, sondern sprach nur vage von „vielen“.

Für die Schulen gibt es vergleichbare Forderungen

Wie berichtet, unterstützt die GEW die Verdi-Forderungen für einen Tarifvertrag zur Verbesserung der pädagogischen Qualität und Entlastung. Da der Berliner Senat Tarifverhandlungen verweigere, wollten die Gewerkschaften nun mit einem dreitägigen Warnstreik „den Druck erhöhen“, erläuterte die GEW. Sie verfolgt eine vergleichbare Linie für die Schulen, weshalb sie dort ebenfalls immer wieder zu Warnstreiks aufruft.

Nachdem Verdi vergangene Woche mit den Kita-Streiks begonnen hatte, stieg die GEW mit ein.

Die Arbeitsbedingungen in den städtischen Kitas sind seit Jahren immer schlechter geworden – trotz politischer Sonntagsreden.

Christiane Weißhoff, GEW-Vorstand 

„Die Arbeitsbedingungen in den städtischen Kitas sind seit Jahren immer schlechter geworden – trotz politischer Sonntagsreden. Somit ist klar: Nur mit einem Tarifvertrag können wir Entlastung und pädagogische Qualität sichern“, ließ sich Christiane Weißhoff vom GEW-Vorstand zitieren.

Am 11. Juni versammeln sich die Streikenden ab 9 Uhr am Neptunbrunnen am Alexanderplatz. Am 12. Juni gibt es ab 9 Uhr eine Kundgebung vor der Senatsbildungsverwaltung, teilten GEW und Verdi mit.

Während der Landeselternausschuss für die Schulen (LEA) die GEW-Streiks für kleinere Klassen mittels eines „Tarifvertrags Gesundheitsschutz“ lange Zeit aktiv unterstützt hat und erst neuerdings Zweifel anmeldet, hat sich der LEAK von Anfang an gegen die Warnstreiks als Mittel zum Zweck ausgesprochen:

Es ist für uns unverständlich, dass die Eltern und Kinder in Berlin nach den harten Corona-Jahren und den Tarifstreiks Ende 2023 erneut die Leidtragenden sein sollen.

Aus einer Mitteilung des Landeselternausschusses Kita

„Es ist für uns unverständlich, dass die Eltern und Kinder in Berlin nach den harten Corona-Jahren und den Tarifstreiks Ende 2023 erneut die Leidtragenden sein sollen. In diesem Streik werden genau jene Familien mehr belastet, die bereits die aktuellen Herausforderungen durch gekürzte Öffnungszeiten, Kitaschließungen oder fehlendem pädagogischen Fachpersonal kompensieren müssen“, mahnte der LEAK anlässlich der Streikankündigung am 5. Juni.

Vier von fünf Eigenbetrieben lehnen den Verdi-Vorstoß ab

Vier der fünf Eigenbetriebe hatten sich bereits im Vorfeld gegen die Verdi-Forderung nach einem Extra-Tarifvertrag ausgesprochen. Nachdem die Gewerkschaft diese Forderung am 25. April öffentlich gemacht hatte, schrieben die Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer, dass sich die Eigenbetriebe Kindergärten City, NordWest, NordOst und SüdOst „klar gegen einen Sonderweg aussprechen, der ausschließlich für Beschäftige der Eigenbetriebe gilt“.

Durch einen derartigen Tarifvertrag werde „nicht nur keinerlei Verbesserung für die Qualität der Kindertagesbetreuung im Land Berlin erreicht werden, ebenso wenig würde sich die Verlässlichkeit der vertraglich vereinbarten Betreuungszeiten für Familien verbessern“.

Die Forderungen, die Verdi formuliert, gehören nach Auffassung der Geschäftsführungen ohnehin nicht in einen Tarifvertrag.

Aus einer Stellungnahme der Eigenbetriebe Kindergärten City, Nordwest, NordOst und SüdOst

Die Forderungen Verdis gehören nach Auffassung der vier Geschäftsführungen „ohnehin nicht in einen Tarifvertrag“. Vielmehr seien das Punkte, die „grundsätzlich“ über den „Rahmenvertrag Tagesbetreuung“ (RV-Tag) geregelt werden müssten. Wie berichtet, lehnt der Senat Verhandlungen über einen Tarifvertrag, wie ihn Verdi und GEW fordern, ab, da die Tarifgemeinschaft deutscher Länder dem nicht zustimmen und Berlin ausschließen werde.

Der Fokus liegt auf der Hauptstadtzulage

Die Leitungen der vier Eigenbetriebe schreiben weiter, sie hätten erwartet, dass stattdessen Regelungen zur Entlastung im Tarifvertrag der Länder beschlossen würden. Hierzu gehörten etwa zusätzliche Entlastungstage für Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst. Dies sei aber ist aus ihnen „nicht bekannten Gründen jedoch nicht erfolgt“.

Ebenso bedauern die Geschäftsführungen, dass die Hauptstadtzulage bisher nicht an alle Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst gezahlt werden könne, obwohl sie tarifiert sei. Diese bestehende Ungleichbehandlung von Landesbeschäftigten würde durch einen Extra-Tarifvertrag „noch größer“.

Auf die Frage, warum der Eigenbetrieb SüdWest die Stellungnahme nicht unterschrieben habe, antwortete dessen Geschäftsführerin Sonya Mayoufi, „dass wir uns hier als Geschäftsleitung enthalten haben“. Sie selbst sei „sehr bewegt“ davon, trotz der ausfallenden Betreuung „auf so viel Verständnis für die inhaltlichen Forderungen der Streikenden und konstruktive Hilfsangebote durch die Eltern gestoßen zu sein“.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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