„Es braucht neue Gesichter“: Gesamte Grünen-Spitze tritt zurück – Brantner soll Parteichefin werden

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„Es braucht neue Gesichter“: Gesamte Grünen-Spitze tritt zurück – Brantner soll Parteichefin werden

Ricarda Lang, Omid Nouripour und der komplette Grünen-Vorstand treten geschlossen zurück. Damit reagiert die Spitze auf die jüngsten Wahlschlappen. Habeck und Baerbock sollen davon überrascht worden sein.

Von

  • Felix Kiefer

Aus der anhaltenden Erfolglosigkeit und einer Serie von Wahlniederlagen zieht die Grünen-Spitze radikale Konsequenzen, und zwar geschlossen: Die gesamte Parteiführung tritt zurück, darunter die beiden Co-Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour.

Die Nachfolge der beiden Parteivorsitzenden soll nach Tagesspiegel-Information Franziska Brantner übernehmen. Die Reala ist bislang Parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium und gilt als Vertraute vom Vizekanzler Robert Habeck. Aus grünen Kreisen heißt es, Brantner soll sich von Habeck versichert haben lassen, nach der nächsten Bundestagswahl bei grüner Regierungsbeteiligung Ministerin zu werden.

Auf den Co-Vorsitzendenplatz bewirbt sich nach Tagesspiegel-Information der Grünen-Abgeordnete Felix Banaszak. Er gehört dem linken Parteiflügel an und war früher Landesvorsitzender der Grünen in NRW. Zudem soll auch Tarek Al-Wazir seinen Hut in den Ring geworfen haben. Der frühere Wirtschaftsminister in Hessen gehört zum Realo-Flügel der Partei und hatte unlängst seine Kandidatur für den Bundestag angekündigt.

Im Gespräch ist nach „Spiegel“-Informationen auch der Berliner Grünen-Abgeordnete und Vize-Fraktionschef Andreas Audretsch. Er wird dem linken Parteiflügel zugerechnet.

Lang und Nouripour bleiben bis zum Parteitag im Amt

Am Mittwoch um 10:30 Uhr traten Nouripour und Lang gemeinsam in der Parteizentrale vor die Medien. Nouripour sagte, die jüngsten Wahlergebnisse seien „Zeugnis der tiefsten Krise unserer Partei seit einer Dekade“. Es sei aber notwendig und auch möglich, diese Krise zu überwinden. Es sei ein Privileg und eine Verpflichtung zur Verantwortung gewesen, die Partei zu führen.

: (14.08.2024)

Lang sagte: „Es braucht neue Gesichter, um diese Partei aus der Krise zu führen.“ Die Führung legt ihre Ämter mit Wirkung zum anstehenden Bundesparteitag in Wiesbaden vom 15. bis zum 17. November nieder. Bis dahin will die Spitze geschäftsführend im Amt bleiben. „Wir übernehmen Verantwortung, indem wir einen Neustart ermöglichen“, sagte Lang. Sie sei unfassbar stolz darauf, was der Bundesvorstand in den vergangenen Jahren geschafft habe. „Es war mir, es war uns eine große Ehre, dieser Partei zu dienen“, schloss Lang.

Lang und Nouripour wurden im Februar 2022 gemeinsam an die Parteispitze gewählt. Es gilt als ausgemacht, dass Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck die Partei in den Bundestagswahlkampf führen soll. Offiziell verkündet ist dies aber noch nicht.

Nach Tagesspiegel-Informationen wurden Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock vom Rücktritt der Parteichefs überrascht. Ebenso die Fraktionsspitze. Lang und Nouripour sollen die Entscheidung am Dienstagabend getroffen haben. Sie reagierten damit auf wachsende Kritik aus den eigenen Reihen. In einem Videocall der Relaos am Montag forderten Teilnehmer indirekt den Rücktritt der Parteiführung. Auch bei Beratungen des linken Flügels am Vortag war scharfe Kritik am Vorstand laut geworden.

Teile der Grünen-Spitze wollen erneut kandidieren

Der Bundesvorstand setzt sich aus sechs Personen zusammen. Neben den Parteichefs Lang und Nouripour gehören ihm auch die Grünen-Geschäftsführerin Emily Büning und Schatzmeister Frederic Carpenter sowie die stellvertretenden Bundesvorsitzenden Pegah Edalatian und Heiko Knopf an.

Am Mittwochmittag kam der Parteirat der Grünen zu einer Sondersitzung zusammen. Dabei erklärten sich Lang und Nouripour. Offenbar will zumindest ein Teil des Vorstands sich erneut zur Wahl stellen. Dazu gehören Carpenter, Edalatian und Knopf, dem Ambitionen für das Amt des politischen Geschäftsführers nachgesagt werden.

Bei der Landtagswahl in Brandenburg hatten die Grünen nur noch 4,1 Prozent der Stimmen erreicht, in Thüringen waren es 3,2 Prozent. In beiden Landtagen ist die Partei damit künftig nicht mehr vertreten. Bei der Landtagswahl in Sachsen kamen die Grünen mit 5,1 Prozent nur knapp über die Fünf-Prozent-Hürde.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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