„Es gilt immer noch, achtsam zu sein“: Netzagentur-Chef fordert weiter Sparsamkeit beim Gasverbrauch

© Imago/Sven Simon/Frank Hoermann

„Es gilt immer noch, achtsam zu sein“: Netzagentur-Chef fordert weiter Sparsamkeit beim Gasverbrauch

Die Bundesregierung sei noch in der Alarmstufe, Sorgen bereite auch der ukrainische Vorstoß, sagt Müller. Der Behördenchef ist rückblickend nicht voll zufrieden mit dem Krisenmanagement.

Die Gasspeicher sind in Deutschland bereits gut gefüllt. Dennoch mahnt der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, weiterhin zu Sparsamkeit beim Gasverbrauch. „Die Bundesregierung ist immer noch in der Alarmstufe. Es gilt immer noch, achtsam zu sein“, sagte Müller der „Augsburger Allgemeinen“. Er verwies auch auf den Vorstoß der ukrainischen Armee auf russisches Gebiet, der zur Verschärfung der Lage beitragen könnte.

„Nicht die Erdgasinfrastruktur an sich ist umkämpft, aber das Gebiet rund um diese Infrastruktur ist auf beiden Seiten ein Kriegsgebiet“, sagte Müller. Es geht demnach unter anderem um die Gazprom-Gasstation in Sudscha. Sie liegt nur wenige Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt auf russischem Gebiet und ist ein wichtiger Verteilungspunkt für Erdgas, das nach Europa exportiert wird. Gas aus Sibirien wird von hier aus über die Ukraine in EU-Länder wie die Slowakei, Ungarn und Österreich gepumpt.

Die österreichischen Gasspeicher Haidach und 7Fields wiederum liefern Gas für die südlichen Bundesländer. „Davon unabhängig hatte die Ukraine ohnehin angekündigt, die auslaufenden Erdgasverträge für Südosteuropa nicht über den Jahreswechsel hinaus zu verlängern. Das heißt, wir wissen, dass unsere Nachbarn hier durchaus wachsam sein müssen“, sagte Müller weiter. „Insofern ist man gut beraten, in Deutschland und als Bundesregierung solidarisch wachsam zu sein.“

Da haben wir ein paar Monate lang angesichts der Drohungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin intern ganz schön gezittert.

Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur

Um die Gasversorgung für den kommenden Winter zu sichern, müssen die Speicher hierzulande bis zum 1. Oktober zu 85 Prozent gefüllt sein. Dieses Ziel wurde bereits im Juli erreicht. Derzeit beträgt der Füllstand in Deutschland nach Angaben der Bundesnetzagentur 93,4 Prozent.

Über die LNG-Terminals wird regelmäßig neues Gas angeliefert, hinzu kommen Lieferungen aus Norwegen, Belgien und Holland. Die Bundesnetzagentur sei derzeit „nicht übermäßig besorgt“, sagte Müller. Gleichwohl gelte der „wiederkehrende Appell, doch bitte vorsichtig mit Gas umzugehen“.

Müller gab zu, dass seine Behörde nach der russischen Invasion in der Ukraine im Februar 2022 in großer Sorge war und dass die Reaktionen darauf hätten besser ausfallen können.

„Es wäre arrogant, wenn irgendjemand im Rückblick auf ein Krisenmanagement behaupten würde, er hätte alles richtig oder optimal gemacht. Natürlich wünsche ich mir, dass wir die Digitalisierung des Krisenmanagements noch früher und noch schneller auf die Reihe bekommen hätten“, sagte Müller.

Man sei erst im Oktober des Jahres wirklich handlungsfähig gewesen. „Da haben wir ein paar Monate lang angesichts der Drohungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin intern ganz schön gezittert“, sagte Müller. Letztlich hätten die vollen Gasspeicher die Preise wieder fallen lassen.

„Aber es hatte einen hohen Preis, den wir als Steuerzahler gezahlt haben. Insofern würde ich rückblickend sagen, wir hätten noch effizienter sein können. Und bei einer nächsten Gaskrise wären wir das auch“, so der Behördenchef.

Die nach dem ukrainischen Gegenangriff auf Russland gestiegenen Gas-Großhandelspreise werden sich nach Ansicht des Energieexperten Malte Küper voraussichtlich nicht auf die Gas-Verbraucherpreise auswirken. „Wenn wir jetzt Preisschwankungen haben, die nur einige Wochen anhalten werden, dann wird das keine Auswirkungen auf die Preise haben, die Haushalte für Erdgas bezahlen“, sagte Küper der Deutschen Presse-Agentur dpa Mitte August.

Grund sei die meist längerfristig angelegte Einkaufsstrategie der Energieversorgungsunternehmen. Küper ist Referent für Energie und Klimapolitik am arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. (lem)

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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