Gemeinnützige Fußball-Party?: Bezirksamt fordert vom Land Berlin 1,2 Millionen Euro Gebühr für EM-Fanzonen

© IMAGO/PIC ONE/IMAGO/Ben Kriemann

Gemeinnützige Fußball-Party?: Bezirksamt fordert vom Land Berlin 1,2 Millionen Euro Gebühr für EM-Fanzonen

Dieser Bescheid hat es in sich: Der Bezirk Mitte stellt für die Fußball-EM eine Sondernutzungsgebühr in Rechnung. Ist die Fanmeile noch gemeinnützig, wenn die Bratwurst sieben Euro kostet?

Von Ingo Salmen

Erst die große Party, dann die dicke Rechnung: Das Bezirksamt Mitte fordert von der landeseigenen Firma Kulturprojekte Berlin GmbH eine Sondernutzungsgebühr über 1,2 Millionen Euro für die beiden Fanzonen zur Fußball-EM. Das berichtete die „B.Z.“ am Montag.

Sondernutzungsgebühren sind etwa bekannt von der Außengastronomie oder Märkten und berechnen sich nach der Dauer der Veranstaltung und der Fläche. Im Fall der Fanzonen vorm Brandenburger Tor und dem Reichstag waren das laut „B.Z.“ 14.800 Quadratmeter über mehrere Wochen.

Kulturprojekte Berlin: Fanzonen zur Fußball-EM waren gemeinnützig

Die Kulturprojekte Berlin als Veranstalterin der Fanzonen wehrt sich jedoch gegen die Millionen-Gebühr und hat Widerspruch eingelegt. „Uns ist die Grundlage des Bescheids nicht klar“, zitierte die „Berliner Morgenpost“ den Geschäftsführer Moritz van Dülmen.

Er berief sich darauf, vom Land beauftragt worden zu sein. Außerdem seien sowohl die Kulturprojekte GmbH selbst als auch die Fanzonen gemeinnützig, sagte van Dülmen weiter. „Wir haben mit unserer Arbeit keine Gewinnerzielungsabsicht.“ Einnahmen aus Standmieten hätten lediglich dazu gedient, das gesamte Projekt zu refinanzieren.

Teure Bratwurst: Bezirk Mitte verweist auf kommerzielle Angebote

Der Bezirk Mitte widerspricht in beiden Punkten: Ein Erlass der Sondernutzungsgebühr wäre dann möglich gewesen, wenn das Land selbst, nämlich die von Iris Spranger (SPD) geführte Senatsverwaltung für Inneres und Sport, und nicht seine GmbH als Veranstalter aufgetreten wäre, zitierte die „B.Z.“ eine Sprecherin – oder es hätte eine Veranstaltung ohne kommerzielle Angebote sein müssen.

Doch kann eine Veranstaltung, bei der die Bratwurst sieben Euro kostete und der halbe Liter Bier sechs Euro, noch als gemeinnützig gelten? Darum dreht sich nun der Streit zwischen dem Bezirk, der Landesfirma und dem Senat, wobei sich die Senatsverwaltung zunächst nicht zu dem Thema äußerte.

Senat hat Sondernutzungsgebühren eigentlich für 2024 erlassen

Kulturprojekte-Chef van Dülmen führte noch ein weiteres Argument an: Es gebe einen Beschluss des Senats, dass mit der Europameisterschaft verbundene Projekte von etwaigen Sondernutzungsgebühren befreit seien.

Damit argumentierte er sogar noch vergleichsweise zurückhaltend: Denn der Senat hatte bereits am 11. Dezember vergangenen Jahres beschlossen, die Gastronomie, das Schausteller- und Veranstaltungsgewerbe, Handel und Kulturwirtschaft für das gesamte Jahr 2024 von der Sondernutzungsgebühr fürs öffentliche Straßenland zu befreien. Das hatte es schon in der Pandemie gegeben.

© Frank Bachner/Tagesspiegel

Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) begründete die Entscheidung damit, die von den Corona-Jahren noch gebeutelten Branchen wieder stabilisieren zu wollen. Und auch an die Bezirke hatte der Senat gedacht. „Die aus dem Erlass resultierenden Einnahmeverluste für die Bezirke werden durch die Senatsverwaltung für Finanzen ausgeglichen“, hieß es in der Pressemitteilung. Von Gemeinnützigkeit war dabei nicht die Rede.

Bezirksamt: „Keine rechtliche Grundlage“ für Verzicht auf Gebühr

Schon damals protestierten jedoch mehrere Bezirke, darunter auch Mitte, und beklagten, vom Senat vorher nicht gefragt worden zu sein. Der hatte den Bezirken auch anheimgestellt, die seit Mai 2023 wieder erhobenen Gebühren für die Gehwegnutzung rückwirkend zu erstatten und auch dafür die Einbußen seitens des Landes zu erstatten.

Der Aufwand sei viel zu groß, es gehe um Tausende von Vorgängen, kritisierten die Bezirksämter – zumal die Nutzung teilweise einmalig für mehrere Jahre genehmigt werde.

Dass der Bezirk Mitte nun trotzdem Geld für die Fanzonen sehen will, überrascht vor diesem Hintergrund. Laut „B.Z.“ soll es schon vor der Fußball-EM Streit darüber gegeben haben. „Es wurde ohne einvernehmliches Ergebnis diskutiert“, sagte eine Bezirkssprecherin dem Blatt. Für einen Erlass der Gebühr gebe es „derzeit keine rechtliche Grundlage“. Damit bleibt es bei der Forderung von exakt: 1.208.628,26 Euro.

Zur Startseite

  • CDU
  • Fußball-EM 2024
  • Iris Spranger
  • Kai Wegner
  • Mitte
  • Senat
  • SPD

showPaywall:falseisSubscriber:falseisPaid:showPaywallPiano:false

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

Comments (0)
Add Comment