Harvard oder Hof: Welcher Studienort soll’s sein?

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Harvard oder Hof: Welcher Studienort soll’s sein?

Die Heimatregion verlassen, auf Unis mit Nobelpreisträgern setzen oder etwas ganz anderes beachten: Unser Kolumnist gibt Tipps für die richtige Wahl des Studienortes.

Eine Kolumne von Barış Ünal

Wenn die Entscheidung für einen Studienort tatsächlich völlig unabhängig von finanziellen Notwendigkeiten, Einschränkungen durch die Abiturnote oder Vorbehalten gegenüber Dialekten in anderen Bundesländern getroffen werden könnte – was wäre dann weise?

Die Heimatregion zu verlassen, um endlich die Teile der Persönlichkeit zu entwickeln, die in der Enge des Gewohnten vermeintlich verkümmern? Sich dem Hochschulstandort zuzuwenden, der die höchste Dichte an nobelpreisverdächtiger Lehre mit unmittelbarer wirtschaftlicher Umsetzbarkeit verspricht? Oder doch der weniger extravagante Studienbeginn im heimischen Kinderzimmer in der Provinz, mit gewohnter Infrastruktur, vorhandener Waschmaschine, Mamas Kartoffelpüree und dem jährlichen Schützenfest mit Spielmannszug und Party in „Rudis Rollendem Musikexpress“?

Warum nicht von Anfang an ins Ausland gehen und die Karriere bereits in Zürich, London oder gleich in Harvard beginnen?

Angesichts der Wohnsituation in manchen Städten ist es unsinnig vorauszusetzen, dass ausschließlich ein Studium fernab der Heimat dazu führt, erwachsen zu werden. Ein Studium in der Ferne kostet leicht eine monatlich vierstellige Summe, da ist finanzieller Pragmatismus ein valides Argument.

Ob die schillerndsten Professor*innen in den ersten Fachsemestern tatsächlich in der Lehre auftauchen oder nicht doch eher mit nobelpreisverdächtiger Forschung beschäftigt sind, sei ebenfalls dahingestellt. Es dürfte keine staatliche deutsche Hochschule geben, die Studierende im Bachelor fachlich unzulänglich ausbildet oder deren Abschluss auf dem Arbeitsmarkt verachtet wird. Auch in Harvard wird Grundlagenmathematik nicht bahnbrechend anders aussehen als hierzulande.

Obwohl es meist einfacher ist, mit Anfang 18 die Komfortzone zu verlassen, kann gerade die Sicherheit einiger erfolgreicher Semester dazu beitragen, Zeit und Geld zu investieren und sich auf Neues einzulassen. Die Gelegenheit zum Tapetenwechsel kommt schließlich im Studienverlauf immer wieder. Wenn es mit einem ersten Bachelorabschluss in der Tasche für den Master darum geht, neben einer örtlichen auch eine fachliche Entscheidung zu treffen, kann der Schritt an eine andere Hochschule oder ins Ausland weitaus fundierter sein als direkt nach dem Schulabschluss.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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