Immense Kosten für die Transformation: Scheitert der Aufbau der Wasserstoff-Infrastruktur?

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Immense Kosten für die Transformation: Scheitert der Aufbau der Wasserstoff-Infrastruktur?

Die im Energy Hub Wilhelmshaven zusammengeschlossenen Unternehmen sehen den Einstieg in die Produktion von grünem Wasserstoff gefährdet. Was das für das Projekt der Regierung bedeutet.

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Der von der Bundesregierung angestrebte Aufbau einer Wasserstoff-Wertschöpfungskette droht an den immensen Kosten zu scheitern. Viele Projekte kommen über das Ankündigungsstadium nicht hinaus.

Die im Energy Hub Wilhelmshaven zusammengeschlossenen Unternehmen, zu ihnen gehören unter anderem Eon, Salzgitter und BP, halten zusätzliche Förderinstrumente daher für unabdingbar.

Die Unternehmen stehen für die gesamte Wertschöpfungskette, also für die Erzeugung und den Import von Wasserstoff, für den Transport und den Verbrauch. Zunächst geht es um die Herstellung von grünem Wasserstoff in Elektrolyseuren. 

Uwe Oppitz, Sprecher des Energy Hub Wilhelmshaven, sieht hierbei eine Wirtschaftlichkeitslücke. Er sagte dem Handelsblatt: „Wenn aus dem Ankündigungswettbewerb wirtschaftliche Realität werden soll, muss es eine zusätzliche Anschubförderung für den Betrieb von Elektrolyseuren geben.“ 

Anderenfalls bestehe die Gefahr, „dass in ein paar Jahren ein Wasserstoffnetz fertiggestellt ist, aber der Wasserstoff fehlt, um es betreiben“.

Wasserstoff: Förderlücke von 40 Milliarden Euro über 15 Jahre

In Elektrolyseuren wird Wasser mittels Strom aus erneuerbaren Quellen in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Der Wasserstoff ist klimaneutral und wird deshalb auch als „grüner Wasserstoff“ bezeichnet. Dieser soll es der Industrie ermöglichen, klimaneutral zu werden.

Nach Berechnungen des Energy Hubs werden über einen Zeitraum von 15 Jahren insgesamt 40 Milliarden Euro fällig, um die Wirtschaftlichkeitslücke zu schließen, die beim Betrieb der angestrebten Elektrolyse-Kapazitäten von zehn Gigawatt (GW) in Deutschland besteht. Den Wert von zehn GW hatte die Ampelkoalition als Ziel in ihren Koalitionsvertrag aufgenommen – und damit das Ziel der Vorgängerregierung verdoppelt.

Wilhelmshaven spielt in Deutschland eine Schlüsselrolle beim Aufbau einer Wertschöpfungskette für klimaneutralen Wasserstoff. Der Hafen soll zur Drehscheibe für den Import, die Erzeugung und die Weiterverteilung von Wasserstoff werden.

Von den zehn GW Elektrolyse-Kapazitäten für die Herstellung von grünem Wasserstoff, die nach den Vorstellungen der Bundesregierung bis 2030 in Deutschland entstehen sollen, sind allein 5,5 GW in Wilhelmshaven geplant.

Eine Analyse von Fraunhofer IST für den Energy Hub Wilhelmshaven belegt, dass viele Vorhaben in Wilhelmshaven von einer Umsetzung noch weit entfernt sind: Bei acht von zehn geplanten Elektrolyseprojekten gebe es Bedenken mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit, entsprechend sei noch keine finale Investitionsentscheidung gefallen, sagte Marcus Garpinski von Fraunhofer IST.

30 Prozent des Bedarfs sollen in Deutschland produziert werden

Sollten die Elektrolyseure nicht wie geplant entstehen, hätte das negative Auswirkungen auf die Umsetzung der Nationalen Wasserstoffstrategie.

Ziel ist es, rund 30 Prozent des Bedarfs an klimaneutralem Wasserstoff in Deutschland selbst zu decken. Die restlichen 70 Prozent müssen importiert werden. Sollten die geplanten Elektrolysekapazitäten nicht entstehen, würde der Importbedarf steigen.

Der vom Energy Hub Wilhelmshaven errechnete Förderbetrag von 40 Milliarden Euro könnte über den Bundeshaushalt oder über eine Umlage, die von allen Gaskunden aufzubringen wäre, aufgebracht werden, schlagen die Unternehmen vor.

Zu den Mitgliedsunternehmen des Energy Hubs zählen auch die Stahlhersteller Arcelor Mittal und Salzgitter, die Energiekonzerne Engie und RWE, die Netzbetreiber OGE, Amprion und Tennet sowie weitere Unternehmen.

Entscheidender Punkt sind die hohen Betriebskosten der Elektrolyseure

Wasserstoffprojekte werden aktuell mit verschiedenen Instrumenten gefördert. So wurden viele Vorhaben von der EU-Kommission als „Important Projects of Common European Interest“ (IPCEI) eingestuft. IPCEI-Vorhaben können von den EU-Mitgliedstaaten großzügig unterstützt werden.

Hinzu kommen die von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) initiierten Klimaschutzverträge sowie das Förderinstrument „H2 Global“, mit dem der Import von Wasserstoff angereizt werden soll.

Klimaschutzverträge geben zwar den Abnehmern, also den energieintensiven Industrieunternehmen, Sicherheit für ihre Investitionen. Aber als Basis für die Wasserstofflieferanten (…) reichen sie nicht.

Kilian Crone, Energy Hub Wilhelmshaven

Die IPCEI-Förderung ist in der Regel ein Investitionszuschuss, der aber nach Auffassung des Energy Hub Wilhelmshaven für die betriebskostenintensive Elektrolyse unzureichend ist. Es seien vielmehr Mittel für den laufenden Betrieb erforderlich.

Klimaschutzverträge sehen die Unternehmen in diesem Kontext kritisch. Sie seien als Instrument für den Aufbau von Elektrolyseur-Kapazitäten nicht geeignet, sagte Kilian Crone vom Energy Hub Wilhelmshaven: „Sie geben zwar den Abnehmern, also den energieintensiven Industrieunternehmen, Sicherheit für ihre Investitionen. Aber als Basis für die Wasserstofflieferanten, also für eine Investition in einen Elektrolyseur, reichen sie nicht.“

Dieser Artikel erschien zuerst im Handelsblatt.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

Comments (2)
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  • Andrea Müller

    Es ist besorgniserregend, dass die Unternehmen im Energy Hub Wilhelmshaven zusätzliche Förderinstrumente für den Aufbau der Wasserstoff-Infrastruktur fordern. Ohne diese Unterstützung könnten die immensen Kosten das Scheitern des Projekts bedeuten und langfristige Auswirkungen auf die Wasserstoffversorgung haben.

  • Anna Müller

    Die immense Förderlücke von 40 Milliarden Euro über 15 Jahre für die Herstellung von grünem Wasserstoff ist besorgniserregend. Es scheint, als ob das ehrgeizige Projekt der Bundesregierung an den hohen Kosten scheitern könnte. Es ist entscheidend, dass zusätzliche Förderinstrumente bereitgestellt werden, damit die Wasserstoff-Infrastruktur erfolgreich aufgebaut werden kann.