Initiative für bessere Bildung: DGB und Arbeitgeber legen Forderungskatalog vor

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Initiative für bessere Bildung: DGB und Arbeitgeber legen Forderungskatalog vor

Auf einer gemeinsamen Bildungskonferenz diskutierten die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) am Dienstag Wege aus der Bildungskrise.

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Der Verdruss über das Bildungsniveau verbindet Arbeitgeber und Gewerkschaften. Auf einer gemeinsamen Bildungskonferenz diskutierten die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) am Dienstag Wege aus der Misere. Dazu legten die Sozialpartner der Politik zehn Verbesserungsideen vor. Dass 2,86 Millionen Menschen zwischen 20 und 34 Jahren keinen Berufsabschluss hätten, sei „eine Folge des unzureichenden Bildungssystems“.

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger und DGB-Chefin Yasmin Fahimi diskutierten mit Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) und der Berliner Schulsenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) über die Bildungskrise. „Es ist fünf nach zwölf, wir drohen, große Teil der jungen Generation zu verlieren“, meinte Fahimi. Die DGB-Vorsitzende sprach von einem „Spannungsfeld“ beziehungsweise Zielkonflikten bei den Punkten Dringlichkeit, Finanzierung und Qualität und warnte vor Quer- oder Seiteneinsteigern: „Für Kinderbetreuung ist Fachkompetenz erforderlich.“

Besser mangelhafte Kinderbetreuung als gar keine Kinderbetreuung, entgegnete Günther-Wünsch, die sich Quereinsteiger aufgrund des Fachkräftemangels auch verstärkt in der Kita vorstellen kann. Geld, so führte Günther-Wünsch weiter aus, löse im Übrigen nicht alle Probleme. Berlin beispielsweise geben pro Schüler und Jahr 14.000 Euro aus und damit deutlich mehr als andere Bundesländer, doch das Bildungsniveau sei keineswegs besser als anderswo. „Wir haben zu lange nicht über Kompetenzen und Leistungen in der Schule gesprochen“, meinte die Berliner Senatorin.

Es ist fünf nach zwölf, wir laufen Gefahr, große Teile der Jugendlichen zu verlieren.

Yasmin Fahimi, DGB-Vorsitzende

Für Bildungsministerin Stark-Watzinger „kommt die frühkindliche Bildung zu kurz“. Wenn der Bund den Ländern Geld gebe, wie mithilfe des Kitagesetzes, „dann muss das auch in die Qualität fließen, und nicht in die Beitragsfreiheit“, sagte die FDP-Politikerin. Alle Diskutanten plädierten für Lockerungen im Datenschutz, um die unzulängliche Digitalisierung zu forcieren, aber vor allem auch, um die vielen jungen Erwachsenen ohne Schul- und Berufsabschluss identifizieren und betreuen zu können.

Daten über Hochschulabbrecher fehlen

Arbeitgeberpräsident Dulger wies darauf hin, dass es keine Daten gebe über Hochschulabbrecher. „Die hätten wir schon gerne in den Betrieben“, sagte Dulger, um den jungen Leuten eine Berufsausbildung anbieten zu können. Doch der Datenschutz lasse das nicht zu.

Günther-Wünsch wiederum appellierte an die Sozialpartner, sich um die zehn Prozent der Jugendlichen zu kümmern, die aus bildungsfernen Schichten stammen und sich schwertun im Bildungs- und Ausbildungssystem. Der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg ist sehr ausgeprägt.

Das Ifo-Institut hatte kürzlich zu den „ungleichen Bildungschancen“ ermittelt, dass deutschlandweit 26,7 Prozent der Kinder mit niedrigerem (sozialen) Hintergrund ein Gymnasium besuchen, mit „höherem Hintergrund“ sind es 59,8 Prozent. Die Chance auf einen Gymnasialbesuch hängt also ab von der sozialen Herkunft.

Ein Fünftel der Schulabgänger hat nicht „die notwendigen Grundkompetenzen“, wie es im Papier von DGB und BDA heißt. Ferner landeten mehr als 200.000 Jugendliche nach der Schule im zumeist schulischen Übergangsbereich, obgleich Jahr für Jahr 60.000 Ausbildungsplätze nicht besetzt werden könnten.

20Prozent der Schulabgänger fehlen Grundkompetenzen.

Von Bund, Ländern und Kommunen erwarten Gewerkschaften und Arbeitgeber „ein gemeinsames Commitment, die Qualität und Chancengleichheit zu verbessern“; dazu sollte ein Abstimmungsformat oder -gremium etabliert werden.

„Achillesferse“ des Bildungssystems sei der Personalmangel in Kitas und Schulen; als Gegenmaßnahme plädieren die Sozialpartner „für gute Arbeitsbedingungen und Entlastungen“ des Personals durch eine bessere Personalausstattung und den Ausbau der relevanten Ausbildungs- und Studiengänge.

Die Kita-Qualität sollte einen Standard nicht unterschreiten, sich bundesweit also auf einem ähnlichen Niveau befinden, ebenso die Bedingungen der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder. BDA und DGB reklamieren einen „bundesweit geltenden Qualitätsrahmen für den Ganztag“ durch die Jugend- und Familienministerkonferenz sowie die Kultusministerkonferenz. In den Schulen sollten die Lehrkräfte von „nicht-pädagogischen Aufgaben“ befreit werden.

Schließlich fordern die Sozialpartner größere Anstrengungen, um die Berufsorientierung zu verbessern. Neben der entsprechenden „Qualifizierung und Unterstützung der Lehrkräfte“ seien „hochwertige Praktika“ sowie regionale Netzwerke hilfreich. Die Jugendberufsagenturen müssten ausgebaut und die Berufsschulen besser ausgestattet werden – auch zur besseren Vermittlung digitaler Kompetenzen.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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