Keine Kandidatur bei Parteitag: Linke-Vorsitzende Wissler und Schirdewan kündigen Rückzug an

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Update Keine Kandidatur bei Parteitag: Linke-Vorsitzende Wissler und Schirdewan kündigen Rückzug an

Martin Schirdewan und Janine Wissler ziehen sich zurück. Schon nach dem Debakel bei der Europawahl hatten sie deutlich gemacht, dass sie nicht an ihren Stühlen klebten.

Die Linke-Vorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan haben ihren Rückzug angekündigt. Beim Parteitag im Oktober werden sie nicht erneut für den Vorsitz kandidieren, wie beide am Sonntag mitteilten. Die Entscheidung hätten sie in einer Sitzung dem übrigen Parteivorstand verkündet.

„Ich habe mir diese Entscheidung nicht leicht gemacht und lange abgewogen, was in dieser Situation sinnvoll ist“, erklärte Wissler. „Ich nehme wahr, dass es in Teilen der Partei den Wunsch nach einem personellen Neuanfang gibt.“ Nun bleibe der Linken bis um Parteitag Mitte Oktober genug Zeit „für ein transparentes Verfahren und eine innerparteiliche Meinungsbildung zu Kandidaturen“.

Wissler ist seit Februar 2021 Co-Parteichefin

Auch Schirdewan erklärte, er habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Sie sei „nach gründlichem Nachdenken in den zurückliegenden Wochen in mir gereift“. Er sei der Meinung, „dass unsere Partei in der jetzigen Situation neue Perspektiven und Leidenschaft braucht, um die notwendige Erneuerung voranzutreiben“, fügte Schirdewan hinzu.

Wissler steht seit Februar 2021 an der Spitze der Linken, zunächst gemeinsam mit Susanne Hennig-Wellsow. Schirdewan übernahm den Ko-Vorsitz im Juni 2022.

Am Samstag hatte bereits der gesamte Vorstand der Linken deutlich Selbstkritik geübt. Die Partei sei „zweifellos in einer gefährlichen, existenzbedrohenden Situation“, heißt es in einem Leitantrag für den Parteitag im Oktober, der am Samstag vom Vorstand beschlossen wurde und der Nachrichtenagentur AFP vorlag. „Wir waren nicht gut genug dabei, Skepsis und Verunsicherung genauso anzunehmen wie Ungeduld und Empörung“, urteilt der Vorstand außerdem.

Besonders nach der Abspaltung des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) im vergangenen Herbst und dem damit einhergehenden Verlust des Fraktionsstatus’ im Bundestag ging es für die Linke in der öffentlichen Wahrnehmung bergab. Bei der Europawahl kam sie auf lediglich 2,7 Prozent, in bundesweiten Umfragen wie dem Politbarometer von ZDF und Tagesspiegel liegt sie derzeit ebenfalls nur bei drei Prozent. Das BSW schneidet deutlich besser ab; das gilt auch für Umfragen zu den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im September.

„Viele, die lange Zeit ihr Vertrauen in uns gesetzt und uns dafür gewählt hatten, haben den Eindruck: Ihr seid mit euch selbst beschäftigt, ihr seid nicht für uns da“, konstatiert der Vorstand in dem Leitantrag. „Diese Kritik nehmen wir an.“

Die Linke habe bei wichtigen Themen „zu oft“ nicht mit einer Stimme gesprochen und strittige Fragen „zum Teil nicht klar entschieden“, analysiert der Vorstand. Oft seien auch Parteibeschlüsse „nicht in der Öffentlichkeit vertreten“ worden.

Es sei der Linken nicht gelungen, „die Verteilungsfrage zwischen oben und unten wirksam auf die öffentliche Agenda zu setzen und den Unmut über die “Ampel’ von links zu besetzen„, heißt es weiter. Zudem habe die Partei “keine ausreichend wirksamen Strategien gegen den Rechtsruck gefunden„.

Vom Parteitag Mitte Oktober in Halle aus wolle der Vorstand die Linke „auf einen neuen Weg führen und wieder erfolgreich machen“, schreibt das Führungsgremium. „Viele, die uns derzeit nicht wählen, wünschen sich eine linke Partei, mit der sie sich identifizieren können. Dieser Verantwortung stellen wir uns.“

Die Linke müsse sich „strategisch neu aufstellen“ und ihre Positionen schärfen. Als zentrale Themen nennt der Vorstand unter anderem „soziale Sicherheit, gerechte Verteilung, mehr Teilhabe und gleichwertige Lebensverhältnisse“.

Ziel sei es, „bei der Bundestagswahl 2025 wieder in Fraktionsstärke in den Bundestag einzuziehen“, heißt es in dem Papier. „Darauf bereiten wir uns vor und wollen aus Fehlern lernen.“ (AFP)

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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