„Kernbestand dieser Republik“: Habeck verteidigt Grundrecht auf Asyl und greift Union an

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Update „Kernbestand dieser Republik“: Habeck verteidigt Grundrecht auf Asyl und greift Union an

Am Dienstag will Kanzler Scholz mit Union und Ländern über die Migrationspolitik beraten. Nach scharfen Forderungen aus CDU und CSU vor dem Treffen wird der grüne Vizekanzler deutlich.

Die Beschlüsse der Ampelkoalition nach dem Anschlag von Solingen gehen der Union nicht weit genug. Vor den Bund-Länder-Gesprächen zur Migrationspolitik hat die CDU erneut auf Zurückweisungen an der Grenze gedrungen, die CSU fordert Tempo bei Abschiebungen – und sogar eine Änderung des Asylrechts. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will in der kommenden Woche mit der Union als größter Oppositionskraft und den Ländern über die Migrationspolitik beraten.

Am Samstag hatte CSU-Chef Markus Söder geltende Asylrecht infrage gestellt. Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler, Robert Habeck, verteidigte am Sonntag Grundrecht auf Asyl. „Das Grundrecht auf Asyl gehört aus guten Gründen zum Kernbestand dieser Republik“, sagte der Grünen-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Zugleich sprach er eine Mahnung in Richtung CDU und CSU aus: „Die Union muss jetzt aufpassen.“

Geltendes Recht wird in unzähligen Fällen von den Ausländerbehörden der Länder nicht durchgesetzt.

Marco Buschmann, Bundesjustizminister (FDP)

Die Gründungsmütter und -väter des Asylrechts hätten gewusst, was sie tun, betonte Habeck. Die Union wisse das „zunehmend nicht“, erklärte der Vizekanzler. Söder hatte in der „Welt am Sonntag gesagt“: „Wir müssen das Asylrecht ändern, es ist nicht mehr zeitgemäß. Wir müssen all jene an den deutschen Grenzen zurückweisen können, die klar erkennbar keinen Anspruch auf Schutz haben“, hatte Söder der „Welt am Sonntag“ gesagt. Er stieß damit aber auf massive Kritik unter anderem der SPD.

Auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann wiederholte die Forderung, Geflüchtete bereits an der deutschen Grenze abzuweisen. „Um die illegale Zuwanderung zu stoppen, braucht es die konsequente Anwendung des Dublin-Prinzips, also die Zurückweisung an den Grenzen“, sagte Linnemann der „Bild am Sonntag“ („BamS“). „Außerdem gilt, wer nicht hierbleiben darf, muss abgeschoben werden. Auf diesen Positionen werden wir bestehen.“

Linnemann warnte, das Treffen dürfe „keine Placebo-Veranstaltung werden“. „Es braucht jetzt konkrete Maßnahmen zur Beschränkung der illegalen Migration und nicht andauernd neue Arbeitskreise“, fuhr er fort.

Dobrindt fordert für nächste weiteren Abschiebeflug

Unions-Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) nimmt an dem Gipfel teil. Er sagte der Zeitung: „Wenn sich am Dienstag Regierung und Opposition zum Gespräch treffen, muss es darum gehen, auszuloten, ob es die Bereitschaft gibt, die Migrationsströme nach Deutschland substanziell zu reduzieren. Für eine Placebo-Politik und ein Weiter-so stehen wir jedenfalls nicht zur Verfügung.“

Nach dem ersten Abschiebeflug von Straftätern nach Afghanistan seit der Machtübernahme der Taliban forderte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt weitere, rasche Rückführungen. „Ich erwarte von Innenministerin Faeser, dass nächste Woche der nächste Abschiebeflug nach Afghanistan stattfindet“, sagte Dobrindt der Zeitung. „Das darf keine Eintagsfliege gewesen sein.“

Auch CDU-Chef Friedrich Merz hatte die Regierung am Samstag erneut aufgefordert, weitergehende Vorkehrungen zu treffen, um die Zahl der Asylsuchenden in Deutschland zu begrenzen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte am Freitag die Abschiebung von 28 verurteilten Straftätern bestätigt. Sie sagte nun dem Blatt: „Ausländische Gewalttäter und Vergewaltiger müssen unser Land wieder verlassen. Ich werde daher weiter alles dafür tun, dass Straftäter und terroristische Gefährder nach Afghanistan und auch nach Syrien abgeschoben werden.“ 

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) warf vor dem Migrations-Treffen in der „BamS“ Versäumnisse vor. „Im Bund-Länder-Gespräch muss alles auf den Tisch: alles, was der Bund tun kann, aber auch die Rolle der Länder“, sagte Buschmann. „Geltendes Recht wird in unzähligen Fällen von den Ausländerbehörden der Länder nicht durchgesetzt.“ Das müsse sich „schleunigst ändern.“

Nach dem mutmaßlich islamistischen Messeranschlag von Solingen mit drei Toten hatte die Bundesregierung in dieser Woche ein Maßnahmenpaket vorgelegt, das einige Verschärfungen in der Asyl- und Sicherheitspolitik vorsieht. Unter anderem sollen unter bestimmten Bedingungen Leistungen für Geflüchtete künftig auf null gekürzt werden können, wenn für sie eigentlich ein anderes EU-Land zuständig ist.

Ebenfalls Teil des Pakets sind leichtere Ausweisungen, wenn Asylbewerber eine Straftat mit einer Waffe oder einem anderen gefährlichen Werkzeug begehen. Auch der Umgang mit Messern im öffentlichen Raum soll weiter eingeschränkt werden.

Am Freitag schob Deutschland erstmals seit der Machtübernahme der Taliban vor drei Jahren wieder Afghanen in ihr Herkunftsland ab. Auch Ausweisungen nach Syrien sind wieder geplant. (lem)

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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