Mit Hupkonzert und Feuerwerk: Fans feiern EM-Sieg der Türkei gegen Österreich in Berlin

© Julius Geiler

Update Mit Hupkonzert und Feuerwerk: Fans feiern EM-Sieg der Türkei gegen Österreich in Berlin

Zwar galt Österreich im Achtelfinale der Fußball-EM als Favorit, doch die Türkei setzte sich durch: In Berlin feierten die Fans den Einzug in das Viertelfinale ausgelassen.

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Mit 2:1 hat die türkische Nationalmannschaft am Dienstagabend die Österreicher im Achtelfinale der Fußball-Europameisterschaft (EM) in Leipzig besiegt– und die Fans feierten ausgelassen. Nach dem Sieg zog es viele Menschen in der Hauptstadt jubelnd auf die Straßen. Auf dem Kurfürstendamm in Charlottenburg gab es den schon fast traditionellen Autokorso. Die Fans hatten türkische Fahnen dabei und zündeten Beobachtern zufolge auch Pyrotechnik.

Anders als vergangene Woche hatte die Polizei bereits frühzeitig die Straßen, die zu Tauentzienstraße und Kurfürstendamm führen, mit Motorrad-Polizisten versperrt. Damit sollte verhindert werden, dass sich der Verkehr auf der Fahrbahn in der Menschenmenge staut. Mit Hundertschaften sicherte die Polizei das Gebiet, die Beamten waren behelmt.

Die Stimmung sei soweit friedlich gewesen, Angriffe auf Polizisten habe es zunächst keine gegeben. Die Fans riefen immer wieder „Türkiye“-Parolen. Wie bereits vergangene Woche war der Hotspot die Gedächtniskirche, wo der Verkehr schnell zum Erliegen gekommen war, da Tausende auf der Straße feiern. Unter den Hunderten türkischen Fahnen wehten auch Flaggen Palästinas und von Aserbaidschan. 

In der Menschenmenge gab es erneut sehr viel Pyrotechnik und immer wieder wurden Feuerwerkskörper gezündet. Die Polizei forderte per Lautsprecher auf Deutsch und Türkisch auf, das Abbrennen von Pyrotechnik zu unterlassen – auch weil Kinder präsent seien. Ein Mann antwortete aus der Menge „halt die Fresse“ auf die Ansage.

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Im Vorfeld war es unter anderem von kurdischen Verbänden und Initiativen befürchtet worden: Auch in dieser Dienstagnacht befanden sich unter den feiernden türkischen Fans einzelne Anhänger der rechtsextremen „Grauen Wölfe“. Ihr Erkennungszeichen ist der sogenannte „Wolfsgruß“, der von einzelnen Personen vor dem Breitscheidplatz immer wieder in den Himmel gereckt wurde.

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Der Gruß sorgte auch beim Spiel selbst für Aufsehen: Der türkische Nationalspieler Merih Demiral (26) formte nach seinem zweiten Treffer im Leipziger Stadion mit beiden Händen den sogenannten Wolfsgruß. Als „Graue Wölfe“ werden die Anhänger der rechtsextremistischen „Ülkücü-Bewegung“ bezeichnet, die in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wird. I

Autos steckten in Menschenmenge fest

Während der Feierlichkeiten hatten sich auf der Tauentzienstraße auch Autos festgefahren, die eigentlich nichts damit zu tun hatten: Zwei Jungs waren auf dem Weg nach Hause, als sie in den Auto-Korso der Türkei-Fans geraten sind. Dann ging es nicht mehr vor oder zurück, die komplette Straße war voller Menschen. Die Autos vor ihnen wurden auf der Fahrbahn geparkt und verlassen. Die beiden saßen nun in ihrem Audi fest und sahen dabei etwas eingeschüchtert aus, berichtete unser Tagesspiegelreporter vor Ort. Türkische Fans hätten sie durch das Fenster aufgefordert, einfach mitzufeiern.

© imago/Jan Huebner/IMAGO/Michael Taeger

Fanmeilen statt Wohnzimmer

Kurz nach Abpfiff wurde es auch in Kreuzberg laut: Mit Auto-Hupen und Feuerwerk bejubelten die Türkei-Fans den Einzug in das Viertelfinale. Das gleiche Bild zeigte sich auch in Schönberg. Kurz nach Ende des Spiels wurden in der Yorckstraße vereinzelt Feuerwerkskörper gezündet. Auch hier gab es ein etwa 15 Minuten anhaltendes Hupkonzert.

Da das EM-Spiel nicht im frei empfangbaren Fernsehen übertragen wurde, nutzten viele türkische Fans die Möglichkeit des Publik Viewings. Trotz kühlen und regnerischen Wetters war die Fanmeile wieder gut besucht: Rund 23.000 Menschen zählten die Veranstalter dort über den ganzen Tag. 17.000 befanden sich demnach in der Fanzone Brandenburger Tor, 6.000 in dem Areal vor dem Reichstag, wie es hieß

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In der vergangenen Woche war nach dem Sieg der türkischen Mannschaft gegen Tschechien in Berlin-Neukölln ein Fußgänger tödlich verunglückt. Dort gab es einen großen Autokorso auf der Hermannstraße. Die Polizei schließt nicht aus, dass der Tod des 67-jährigen Mannes im Zusammenhang mit einer Jubelfeier nach dem Sieg steht. Die Ermittlungen laufen noch.

Der 67-Jährige starb in der Nacht 27. Juni, nachdem er von einem Auto erfasst worden war. Mit einer Mahnwache wurde am Dienstag am Unfallort an ihn erinnert. Der Fahrer war nach dem Unfall zunächst geflohen. Später stellte sich aber ein 26-Jähriger bei der Polizei und gab an, der Unfallfahrer zu sein. Nach Medienberichten sollen in seinem Auto auch Türkei-Fahnen geschwungen worden sein. Vor dem Unfall soll der Wagen mehrfach hupend und schnell fahrend gesehen worden sein.

Zwar galt Österreich nach einer starken Gruppenphase als Geheimfavorit für die EM, doch schon in Minute eins des Achtelfinales gab es das erste Gegentor durch die Türkei. In der zweiten Halbzeit folgte in der 59. Minute das 2:0, welches die Österreicher in der 67. Minute auf ein 2:1 verkürzen konnten. Doch dabei blieb es. Die Türkei machte hinten dicht und konzentrierte sich auf Verteidigung sowie auf vereinzelte Konter. Trotz vier Minuten Nachspielzeit und einer Riesenchance, gelang es den Österreichern nicht, den Ausgleich zu erzielen.

Es ist das erste Mal seit 2008, dass die türkische Nationalelf das Viertelfinale in einer Europameisterschaft erreicht. Am Samstag, dem 6. Juli, treten sie um 21 Uhr gegen die Niederlande an – in Berlin. (mit dpa)

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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