Warum Familienunternehmer die Wirtschaftspläne der AfD als „mittelstandsfeindlich“ und „schädlich“ ansehen

© dpa / Foto: dpa/ Christoph Soeder

„Mittelstandsfeindlich“ und „schädlich“: So blicken Familienunternehmer auf die Wirtschaftspläne der AfD

Vor den Wahlen im Osten und der EU warnt der Verband der Familienunternehmen vor „gravierenden Schäden“ einer starken AfD. Deren Politik ginge zulasten von Millionen Arbeitnehmenden.

Von Felix Kiefer

Schon lange sehen sich Unternehmen und Wirtschaftsverbände mit Vorwürfen konfrontiert, man beziehe nicht klar genug Stellung gegen inhaltliche Positionen der AfD sowie populistische oder teils rassistische Aussagen einzelner Funktionäre.

Das hat sich zuletzt etwas geändert – zumindest vonseiten der Verbände. Industriepräsident Siegfried Russwurm warnte zu Jahresbeginn, die AfD sei „schlecht für dieses Land, weil sie ein Klima von Hass, Polarisierung und Ausgrenzung befeuert“. Auch Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger zeigte sich von der „destruktiven Anti-Haltung“ der AfD besorgt.

In den Chefetagen der Dax-Firmen scheut man weiter davor, sich öffentlich zur AfD zu äußern. Lauter und deutlicher wurden zuletzt vor allem die Vorsitzenden von Familienunternehmen. Der Schraubenkönig Reinhold Würth riet seinen Mitarbeitenden in einem Brief davon ab, der AfD ihre Stimme zu geben. Eine Abschottungspolitik, wie sie die AfD vertrete, sei „fatal“, sagte Martin Herrenknecht, Gründer des gleichnamigen Tunnelbau-Konzerns, der „Welt“ kürzlich.

Die auf Abschottung und Autarkie setzende Handelspolitik der AfD würde der Exportnation Deutschland das Rückgrat brechen.

Verband „Die Familienunternehmer“

Diese Woche hat nun auch der Verband „Die Familienunternehmer“ reagiert, der die Interessen von 6500 Eigentümerunternehmen aus Deutschland vertritt. In einer zwölfseitigen Analyse auf Basis von AfD-Wahlprogrammen sowie öffentlichen Aussagen von AfD-Politikern warnt der Verband vor der „mittelstandsfeindlichen Wirtschaftspolitik“ der AfD.

Während sich die AfD selbst als „Schutzmacht des Mittelstands“ ausgebe, hätten die „eher platten“ politischen Forderungen der Partei „gravierende volkswirtschaftliche Schäden zur Folge“, und zwar sowohl für mittelständische Firmen als auch konkret für Arbeitnehmende und Auszubildende. Die Kernforderungen im Überblick:

1 AfD-Pläne verschärfen den Fachkräftemangel

Für viele Ökonomen gilt der Arbeits- und Fachkräftemangel als größte Bedrohung für den Wohlstand. Verschiedenen wissenschaftlichen Studien zufolge fehlen bis 2035 allein 7 Millionen Fachkräfte in Deutschland. Die AfD zweifelt das Problem an, nennt den Fachkräftemangel eine „Behauptung einiger Wirtschaftsverbände und Lobbyisten“ und steht qualifizierter Einwanderung aus Drittstaaten ablehnend gegenüber.

„Die Einschränkung der EU-Personenfreizügigkeit sowie die Einführung einer ,Vorrang- und Alternativprüfung’ bei der Arbeitsplatzvergabe, die deutsche Bürger bevorzugen soll, würden den Betrieben die Fachkräftesuche zusätzlich erschweren und verkomplizieren“, heißt es in dem Bericht des Verbandes der Familienunternehmer.

Dazu würden viele Forderungen „auch das Reservoir an Arbeits- und Fachkräften im Inland mindern“. Weil die AfD die elterliche Kinderbetreuung stärken sowie Kita- und Ganztagsschulplätze reduzieren will, könnten weniger Eltern arbeiten und sich der Arbeits- und Fachkräftemangel eher noch verschärfen. Auch eine Beibehaltung der Rente mit 63, wie es auch die AfD will, „verdichtet sich die Arbeit für die Verbleibenden“. Allein 2022 sind dadurch 200.000 Menschen aus dem Arbeitsmarkt ausgeschieden.

2 Protektionismus isoliert deutsche Weltmarktführer 

Deutsche Firmen sind stark vom internationalen Handel abhängig. Allein rund ein Drittel der Arbeitsplätze hängen vom Export ab. Firmen wie Würth oder Herrenknecht hätten ohne die Einbindung in globale Wertschöpfungsketten nie den Status als Weltmarktführer erreichen können.

„Die AfD will deutsche Unternehmen von den Weltmärkten isolieren“, schreibt der Verband der Familienunternehmer. Sie lehne beispielsweise alle großen EU-Freihandelsabkommen wie TTIP, CETA oder das Mercosur-Abkommen ab. „Die auf Abschottung und Autarkie setzende Handelspolitik der AfD würde der Exportnation Deutschland das Rückgrat brechen“, heißt es weiter.

Die EU bezeichnet die AfD in ihrem EU-Wahlprogramm zudem als „gescheitertes Projekt“, das „nicht reformierbar“ sei. Teile der Partei liebäugeln weiter mit einem deutschen Austritt aus der EU. Das Kölner Institut der Deutschen Wirtschaft rechnete jüngst vor, dadurch gingen in Deutschland 2,2 Millionen Arbeitsplätze und jedes Jahr etwa 400 Milliarden Wirtschaftsleistung verloren.

3 Ablehnung Erneuerbarer Energien kostet Planungssicherheit

In der Energiepolitik setzt die AfD nicht auf Abschottung, zumindest wenn es um Gaslieferungen aus Russland geht. Die Gaspipeline Nord Stream soll wieder geöffnet werden. Damit ließe sich man aus Sicht des Familienunternehmer-Verbandes auf einen Akteur ein, „der die Lieferungen schon einmal für politische Erpressung nutzen wollte“.

Zudem ist AfD für den Wiedereinstieg in die Kernenergie und gegen den Ausbau Erneuerbarer Energien. „Ein solcher Ausbaustopp nähme Unternehmen, die langfristige Energieverträge abgeschlossen haben, wichtige Planungssicherheit“, schreibt der Verband.

Da die AfD die CO₂-Bepreisung grundsätzlich ablehne, wäre mit ihr auch kein Zertifikatehandel machbar. „Deutschland würde den effizienten, marktwirtschaftlichen Weg zur CO₂-Reduzierung verlassen“, heißt es.

Insgesamt stelle sich die AfD „entschieden gegen die Interessen des familiengeführten deutschen Mittelstandes“, resümiert der Verband. Konfrontiert man die Partei mit den Ergebnissen, spricht sie dem Urheber seine Rolle ab. „Der Verband ,Die Familienunternehmer’ vertritt insgesamt nicht den Mittelstand“, sagte der aktuelle energie- und ehemalige wirtschaftspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Steffen Kotré, dem Tagesspiegel. Repräsentativer wäre Kotré zufolge, die ‘Stiftung Familienunternehmen’, „die diese Unterstellungen aus gutem Grund unterlassen hat“.

Die Stiftung ist deutlich kleiner als der Verband und vertritt auch nicht die Interessen der Familienunternehmen, sondern fördert eher die wissenschaftliche Forschung dazu. Ein Papier zur AfD hat die Stiftung tatsächlich noch nicht veröffentlicht.

Ihr Vorsitzender Rainer Kirchdörfer schrieb allerdings schon vor Monaten auf LinkedIn, die Programmatik der AfD sei für Familienunternehmen „keine Alternative“. „Wir sind überzeugt davon, dass die AfD kaum eines der großen Probleme, die sie zu lösen verspricht, am Ende wirklich lösen würde“, schrieb Kirchdörfer. Stattdessen würden die Vorstellungen der Partei dem Familienunternehmertum die Basis entziehen.

Zur Startseite

  • AfD
  • Die EU
  • Personalmangel
  • Rente

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

Comments (6)
Add Comment
  • EmilyMiller

    Families owner viewpoint towards the economic plans proposed by the AfD is described as „hostile to middle-class businesses“ and „harmful“. The association of family-owned businesses warns about the „grave damages“ a strong AfD could cause before the Eastern and EU elections. Their policies would come at the expense of millions of workers.

  • Sandra Müller

    Als Familienunternehmerin finde ich es äußerst besorgniserregend, wie die AfD die Mittelstandsunternehmen in Deutschland gefährdet. Deren Politik schadet nicht nur den Arbeitnehmern, sondern auch der gesamten Wirtschaft. Es ist wichtig, dass wir uns klar gegen diese destruktive Anti-Haltung positionieren und für offene, inklusive Wirtschaftsstrukturen eintreten.

  • Sabine Müller

    Mit all den negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft, die diese Politik haben könnte, ist es verständlich, dass Familienunternehmer die Wirtschaftspläne der AfD als „mittelstandsfeindlich“ und „schädlich“ ansehen. Es ist wichtig, sich gegen eine Partei zu positionieren, die Hass, Polarisierung und Ausgrenzung fördert.

  • Gabriela Wolff

    Als Familienunternehmerin kann ich nur zustimmen. Die Wirtschaftspläne der AfD sind definitiv „mittelstandsfeindlich“ und „schädlich“. Wir müssen uns gegen Hass und Ausgrenzung wehren, um gravierende Schäden zu verhindern.

  • Anna Müller

    „Mittelstandsfeindlich“ und „schädlich“ – die Wirtschaftspläne der AfD sind eine ernsthafte Bedrohung für die Unternehmen und Arbeitnehmer in Deutschland. Es ist wichtig, dass sich die Verbände klar positionieren und vor den Auswirkungen einer starken AfD warnen.

  • Julia Müller

    Als Familienunternehmerin teile ich die Ansicht, dass die Wirtschaftspläne der AfD „mittelstandsfeindlich“ und „schädlich“ sind. Es ist wichtig, sich klar gegen Hass und Ausgrenzung zu positionieren, wie es Industriepräsident Russwurm und Arbeitgeberpräsident Dulger tun. Wir dürfen nicht zulassen, dass eine Abschottungspolitik unsere Wirtschaft und Millionen Arbeitnehmer gefährdet.