Nach der Wahl in Frankreich: „Mélenchon ist ein Anti-Deutscher durch und durch“

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Nach der Wahl in Frankreich: „Mélenchon ist ein Anti-Deutscher durch und durch“

In Deutschland herrscht angesichts des Scheiterns der Rechtsextremen Erleichterung. Aber der starke Einfluss der Linkspopulisten löst neue Sorgen aus.

Von

  • Daniel Friedrich Sturm

Erleichterung, aber auch neue Sorgen – so lassen sich die Reaktionen im politischen Berlin nach der Parlamentswahl in Frankreich zusammenfassen.

Dass es dem rechtsextremen „Rassemblement Nation“ nicht gelungen ist, die Wahl für sich zu entscheiden, kommentierte der SPD-Politiker Michael Roth mit den Worten: „Der Durchmarsch der Rechts-Nationalisten und Rechts-Extremisten ist gestoppt worden. Das ist ein großes Verdienst der Französinnen und Franzosen.“

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag sagte dem Tagesspiegel aber auch, es sei „noch viel zu früh, um Entwarnung zu geben, denn die nationalistischen Populisten von rechts und links sind so stark wie nie“.

Vor allem die Figur des Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon löst in Berlin parteiübergreifend Besorgnis aus. Auch wenn der Gründer der Bewegung „Unbeugsames Frankreich“ angesichts der politischen Kämpfe im linken Lager im Nachbarland keineswegs sicher sein kann, das Premierminister-Amt zu übernehmen, sagte Roth schon einmal vorsorglich: „Mélenchon ist ein Anti-Deutscher durch und durch. Er unterscheidet sich in seinen anti-deutschen und anti-europäischen Tiraden nicht substanziell von Frau Le Pen.“

Scholz „erleichtert“ über Wahlergebnisse in Frankreich

Entgegen den Prognosen war das Bündnis um Marine Le Pens Partei „Rassemblement National“ (RN) aus der zweiten Runde der Parlamentswahl am Sonntag nur als drittstärkster Parteienblock hervorgegangen.

Während sich Kanzler Olaf Scholz (SPD) am Rande eines Besuchs beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) mit Blick auf das Scheitern des RN am Montag „erleichtert“ zeigte, gab Unionsfraktionsvize Johann Wadephul im Onlinedienst X zu bedenken, dass es seit Sonntagabend „keine pro-europäische, die Nato-Rolle Frankreichs bejahende Mehrheit im französischen Parlament“ mehr gebe.

Der Grund: Der RN geht aus der Wahl gegenüber der letzten Parlamentwahl von 2022 gestärkt hervor und dürfte in der Nationalversammlung angesichts der Zersplitterung der Linken voraussichtlich eine starke Rolle spielen. Der RN steht der Europäischen Union kritisch gegenüber, ebenso wie Mélenchons Bewegung „Unbeugsames Frankreich“, deren Abgeordnetenzahl im Vergleich zu 2022 in etwa stabil bleibt.

Nach den Worten von Roth gebe es in Frankreich „neben dem Rechts-Nationalismus auch einen schlimmen Links-Nationalismus“. Das erlebe man in Deutschland mit dem noch jungen Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), das allen alles verspriche. „So ist es auch mit Jean-Luc Mélenchon, der niemals Verantwortung in einem solch wichtigen Land übernehmen sollte“, analysierte der SPD-Politiker. Er hoffe, dass die Sozialisten und die Grünen, die sich zur Parlamentswahl notgedrungen zu einem Bündnis mit Mélenchon zusammengeschlossen haben, jetzt die proeuropäische Mitte stärkten. „Das wäre das Beste für Frankreich, Europa und Deutschland“, so Roth. 

Die Frankreich-Kennerin Franziska Brantner (Grüne) zeigte sich erleichtert über den Ausgang der Wahl.

© dpa/Hannes P. Albert

Expertin sieht „schwierige Aufgabe“ für Frankreich

Die Frankreich-Kennerin Franziska Brantner sagte dem Tagesspiegel, sie sei sehr erleichtert und freue sich „mit unseren französischen Freunden, dass der Schulterschluss der Demokraten einen Durchmarsch der Rechtsextremen verhindert hat“. Nun gelte es für Frankreich, Handlungsfähigkeit in einer Situation zu behalten, „die es so in der Geschichte der Fünften Republik noch nicht gab“, sagte die Grünen-Politikerin weiter. Nach Ansicht der Parlamentarischen Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium werde dies „eine schwierige Aufgabe sein“.

„Es zeichnet sich ab, dass es über den Sommer komplexe Verhandlungen zur Regierungsbildung geben wird“, prognostizierte Brantner, die auch stellvertretendes Mitglied der deutsch-französischen Parlamentarischen Versammlung ist. Die Regierungsbildung falle ausgerechnet in eine Phase, in der das Arbeitsprogramm der neuen EU-Kommission ausgearbeitet werden muss.

Für die kommende Woche steht im Plenum des Europaparlaments die Wahl von Ursula von der Leyen für eine zweite Amtszeit als EU-Kommissionschefin an. Man brauche Frankreich „weiterhin als engen Partner, um die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu stärken und um als Europäerinnen und Europäer mehr Verantwortung zu übernehmen, unsere Freiheit zu verteidigen“, forderte Brantner.

Während der SPD-Mann Roth zu dem Schluss kam, dass Macron mit der Neuwahl faktisch „die politische Mitte geschreddert“ habe, bewertete der CDU-Abgeordnete Armin Laschet das risikoreiche Manöver des französischen Präsidenten etwas anders. Mit der vorgezogenen Wahl habe der Präsident der Einschätzung entgegengewirkt, dass die Partei von Marine Le Pen „gefühlt im Land die Mehrheit“ vertrete, sagte Laschet im ZDF-„Morgenmagazin“.

Das Vorstandsmitglied der deutsch-französischen Parlamentarischen Versammlung schlug auch einen Bogen nach Deutschland und zur AfD, die vor den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im September in den Umfragen jeweils vorn liegt. „Wir tun auch so, als wäre Ostdeutschland quasi schon in der Hand der AfD. Aber auch die haben nur ein Drittel“, so Laschet.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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