Prognose deutlich gesenkt: Habeck rechnet nun auch mit Fortdauer der Rezession

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Prognose deutlich gesenkt: Habeck rechnet nun auch mit Fortdauer der Rezession

Die Wirtschaft schrumpft auch dieses Jahr leicht, davon geht jetzt auch die Bundesregierung aus. Für die Folgejahre ist der Vizekanzler dagegen gar optimistischer. Ökonomen sind jedoch skeptisch.

Von Felix Kiefer

Die deutsche Wirtschaft tritt seit mehr als zwei Jahren auf der Stelle. In ihren bisherigen Prognosen ging die Bundesregierung davon aus, dass sich der Trend im laufenden Jahr umkehren würde: nach dem Rückgang von 0,3 Prozent Wirtschaftsleistung 2023 plante man für 2024 fest mit einem Plus. Doch erneut muss auch die Ampel ihre Erwartungen nach unten korrigieren.

Statt mit einem leichten Aufschwung von 0,3 Prozent rechnet Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ nun auch mit einem Rückgang von 0,2 Prozent, also einer Fortdauer der Rezession. Dass die hiesige Wirtschaft zwei Jahre in Folge schrumpft, ist fast beispiellos in deutschen Nachkriegsgeschichte: Diesen Fall gab es nur ein Mal, und zwar kurz nach der Jahrtausendwende in den Jahren 2002 und 2003.

Am Mittwoch wird der Vizekanzler die Konjunkturprognose in Berlin offiziell vorstellen. Sie ist die Grundlage für die Steuerschätzung, die entsprechend niedriger ausfällt, wenn weniger Wachstum generiert wird. Auch die Haushaltsplanung der Ampel dürfte dadurch erneut erschwert werden.

Überraschend kommt der korrigierte Kurs der Bundesregierung nicht: In ihrer Gemeinschaftsdiagnose Ende September haben auch Ökonominnen und Ökonomen ihre Wirtschaftsprognose für das laufende und das kommende Jahr nach unten revidiert. Für 2024 rechnen die Forschenden mit einem Rückgang von 0,1 Prozent (statt +0,1 Prozent). 2025 dürfte mit 0,8 Prozent (statt 1,4 Prozent) eine langsame Erholung einsetzen, die sich 2026 festigen könnte (1,3 Prozent).

Als ein Grund gilt die trotz sinkender Inflation anhaltende Kaufzurückhaltung. Dazu investieren Firmen weiter zu wenig, weil die Zinsen sowie die wirtschafts- und geopolitische Unsicherheit hoch sind.

Habeck für die Folgejahre optimistischer

Für den Jahreswechsel ist der Wirtschaftsminister laut der „SZ“ allerdings optimistischer. Für 2025 rechnet er mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 1,1 statt wie bisher um glatt ein Prozent. 2026 erwartet er gar ein Plus von 1,6 Prozent.

Der Ursprung von Habecks Optimismus ist, dass die Ampelkoalition die Anfang Juli von ihm und Finanzminister Christian Lindner (FDP) sowie Kanzler Olaf Scholz (SPD) auf den Weg gebrachte Wachstumsinitiative schnell umsetzt. So sollen für Unternehmen etwa Investitionen steuerlich begünstigt und Bürokratie abgebaut werden. Auch die Arbeitsanreize sollen steigen. Eine Verschärfung der Bürgergeld-Sanktionen hatte die Koalition am Mittwoch bereits auf den Weg gebracht.

„Die deutsche Wirtschaft kann in den kommenden zwei Jahren signifikant stärker wachsen, wenn die Maßnahmen vollständig umgesetzt werden und ihre Wirkung entfalten können“, sagte Habeck der „SZ“. Der Handlungsbedarf sei „nach wie vor groß“ und die Wachstumsinitiative der Bundesregierung „ein erster, notwendiger Schritt“.

Ökonomen sehen mittel- und langfristig geringes Potenzial

Zahlreiche Ökonomen brachten allerdings bereits ihre Skepsis zum Ausdruck, ob die Maßnahmen des Pakets ausreichend sind. Der Impuls falle „erst einmal nur gering aus“, sagte etwa Geraldine Dany-Knedlik, Konjunkturchefin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Ende September in Berlin. Auch würden aus ihrer Sicht viele der Maßnahmen nicht unmittelbar zum Jahreswechsel ihre Wirkung entfalten.

Zwar halten sie und die anderen an der Gemeinschaftsdiagnose beteiligten Forschenden die Maßnahmen für richtig. „Doch die Wachstumsinitiative ist sehr kleinteilig, die Probleme der deutschen Wirtschaft sind aber sehr grundsätzlicher Natur“, sagte Oliver Holtemöller, der Vizepräsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle. So stehe Deutschland mit der Dekarbonisierung, dem demografischen Wandel und auch dem stärkeren Wettbewerb mit Firmen aus China vor großen strukturellen Problemen. Dadurch liegt das Potenzialwachstum der Wirtschaft bis zum Ende der 20er-Jahre nur bei mageren 0,4 Prozent.

Auch Habeck räumte ein, dass das bisher Beschlossene allein kaum ausreichen wird. „Zur Wahrheit gehört auch“, so Habeck gegenüber der „SZ“, „dass wir mehr brauchen werden.“ Der Grünenpolitiker appellierte daher auch an die Länder und dort regierende Politiker von CDU/CSU mitzuziehen: „Sie alle sollten zu einer spürbaren Erholung der wirtschaftlichen Lage beitragen“, sagte Habeck.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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