„Schlechtes Rezept aus der Vergangenheit“ : FDP lehnt von SPD vorgeschlagene Abwrackprämie für Verbrenner ab

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Exklusiv „Schlechtes Rezept aus der Vergangenheit“ : FDP lehnt von SPD vorgeschlagene Abwrackprämie für Verbrenner ab

Habeck hat die kriselnde Autoindustrie zu einem Gipfeltreffen geladen. Die SPD bringt im Vorfeld mehrere Sofortmaßnahmen gegen die E-Autoflaute ins Spiel: darunter auch ein Bonus für Verbraucher.

Von

  • Felix Kiefer

Die FDP-Fraktion lehnt eine von der SPD-Fraktion vorgeschlagene Abwrackprämie für Verbrenner beim Kauf eines E-Autos ab. „Schlechte Rezepte aus der Vergangenheit bleiben schlecht, da hilft auch wiederholen nichts“, sagte Fraktionsvize Christoph Meyer dem Tagesspiegel. Er sieht darin keine Lösung für die aktuelle Krise beim Hersteller Volkswagen.

„Den Debattenbeitrag der SPD kann man nicht ernst nehmen, denn es ist nicht Aufgabe des Staates unternehmerischen Fehlleistungen hinterher zu korrigieren“, sagte Meyer. Das Konzept Abwrackprämie habe sich schon einmal nicht bewährt, „denn diese ist für den Steuerzahler kostspielig, in der Wirkung ineffektiv und hat breite Streueffekte – muss also nicht VW helfen“.

Wir müssen jetzt aus dem großen Topf möglicher Maßnahmen mit der großen Kelle schöpfen.

Olaf Lies (SPD), Wirtschafts- und Verkehrsminister Niedersachsen

Meyer reagiert damit Maßnahmenpapier, mit dem vor dem am Montag stattfindenden Autogipfel von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) Teile der SPD-Bundestagsfraktion auf mehrere befristete Sofortmaßnahmen drängen, um den schleppenden E-Autoverkauf in Deutschland anzukurbeln.

Zentrale Forderung des Acht-Punkte-Plans, der dem Tagesspiegel vorliegt, ist eine Abwrackprämie von bis zu 6000 Euro beim Kauf eines neuen E-Autos und der Abgabe des Verbrenners. Handelt es sich um ein gebrauchtes E-Auto, sinkt die Prämie auf 3000 Euro. Damit sollen vor allem Verbrenner mit hohem CO₂-Ausstoß aus dem Markt genommen werden. Zuerst hatte der „Stern“ berichtet.

„Die SPD erwartet, dass die Regierung jetzt zeitnah Maßnahmen beschließt, um den Absatz von E-Autos anzukurbeln“, sagte der SPD-Politiker Sebastian Roloff dem Tagesspiegel. Roloff gehört der Arbeitsgemeinschaft Wirtschaft der Fraktion an und hat das Maßnahmenpapier mitverfasst.

SPD fordert stärkere Anreize für E-Autos und Infrastruktur

Neben der Abwrackprämie schlagen die Wirtschaftspolitiker auch sieben weitere Instrumente vor, um den Kauf von E-Autos zu unterstützen. So soll etwa die steuerliche Absetzbarkeit von E-Leasingfahrzeugen verbessert werden.

Wer kein Auto zum „Abwracken“ besitzt, soll ebenfalls bei der Anschaffung eines Elektroautos unterstützt werden: Für den Kauf eines gebrauchten E-Autos soll es etwa eine Prämie von 2500 Euro geben. Dazu will die Partei ein sogenanntes Social-Leasing-Programm nach französischem Vorbild einführen: Damit sollen Menschen mit geringem oder mittlerem Einkommen einen staatlichen Zuschlag zur Leasingprämie bekommen.

Auch eine gezielte Förderung der Ladeinfrastruktur sieht das Papier vor. So soll die Anschaffung von Wall Boxen, Speichern und Ladesäulen für Privatpersonen wie gewerbliche Anbieter finanziell attraktiver werden. Dadurch will man vor allem Ängste abbauen, dass die Reichweite von E-Autos zur Beendigung vieler Fahrten nicht ausreiche und man nachladen müsse oder gar irgendwo stehen bleibe.

„Dabei darf es kein Hindernis sein, dass wir Geld in die Hand nehmen müssen“, schreiben die Wirtschaftspolitiker in dem Papier: „Es geht um die Zukunft unserer Kernindustrie“. Der Druck auf SPD-geführte Bundesregierung, die kriselnde Branche zu stützen, steigt allerdings nicht nur aus der Bundestagsfraktion. Auch das Autoland Niedersachsen hat vor dem Autogipfel am Montag klare Forderungen aufgestellt.

Auch aus Niedersachsen steigt der Druck auf Scholz

„Wir müssen jetzt aus dem großen Topf möglicher Maßnahmen mit der großen Kelle schöpfen“, sagte der Wirtschafts- und Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) dem Tagesspiegel. „Nur mit dem Teelöffel probieren und abwarten, was passiert, bringt uns in der jetzigen Situation nicht mehr weiter“, so Lies. Der SPD-Politiker fordert ein „massives Anreizprogramm“, damit Verbraucher von Verbrennern auf emissionsfreie Fahrzeuge umsteigen. Das nötige Geld dafür sei da. „Ich hätte wenig Verständnis dafür, die jetzt frei werdenden Milliarden für die beiden Chipfabriken im Bundeshalt versickern zu lassen oder diese sogar bis zu irgendeinem Datum ungenutzt liegen zu lassen“, sagte Lies.

In der Ampelkoalition gehen die Meinungen darüber, wie man den E-Automarkt ankurbeln und der kriselnden Branche helfen kann, allerdings weit auseinander. Vizekanzler Robert Habeck zeigte sich am Freitag offen für neue staatliche Maßnahmen. In der FDP sind die Erwartungen an den Gipfel gedämpft. Zudem sieht die Partei eher die Hersteller in der Verantwortung.

Die deutsche Autoindustrie steckt aktuell tief in der Krise. Der Absatz von E-Autos ist massiv eingebrochen. Die Fabriken vieler Autobauer sind derzeit insgesamt nicht gut genug ausgelastet. Die Halbjahreszahlen von VW, BMW und Mercedes waren tiefrot. Am dramatischsten ist die Lage bei Volkswagen. Der Konzern hat ein massives Sparprogramm angekündigt, inklusive möglicher Werksschließungen. Jüngst kündigte VW zudem die seit Jahrzehnten geltende Beschäftigungsgarantie.

FDP-Fraktionsvize Meyer forderte deshalb eine grundlegende Neustrukturierung bei Volkswagen. VW müsse wettbewerbsfähiger werden, sagte er. Mittelfristig sei es der richtige Ansatz, „wenn sich das Land Niedersachen aus dem Unternehmen zurückzieht und so das Unternehmen von politischen Interessen und Einfluss befreit“.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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