Studenten-BAföG soll so hoch sein wie Bürgergeld

Studenten in einem Hörsaal der FU Berlin: „So viele Privilegien wie in kaum einem anderen Land der Welt“ Foto: picture alliance / dpa Themendie

Von Gunnar Schupelius

Das Berliner Verwaltungsgericht hat entschieden, dass der BAföG-Satz zu niedrig ist und auf das Niveau des Bürgergeldes angehoben werden muss. Wer das bezahlen soll, haben die Richter nicht erklärt.

Das Berliner Verwaltungsgericht hat eine wegweisende Entscheidung getroffen: Studenten, die nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) eine finanzielle Unterstützung bekommen, müssen genauso viel Geld erhalten wie Empfänger von Bürgergeld.

Die jetzige Regelung nach dem BAföG sei deshalb verfassungswidrig, urteilten die Richter (18. Kammer). Sie gaben das Verfahren an das Bundesverfassungsgericht weiter, denn ein Verwaltungsgericht kann nicht darüber entscheiden, ob ein Bundesgesetz grundgesetzwidrig ist oder nicht.

Die Verwaltungsrichter berufen sich auf das Grundgesetz (Art. 12 und Art. 20) und sprechen von einem „verfassungsrechtlichen Teilhaberecht auf gleichberechtigten Zugang zu staatlichen Ausbildungsangeboten“. Alle sollen die gleiche Chance haben, ein Studium zu absolvieren.

Dieses Teilhaberecht verpflichte den Gesetzgeber, allen entsprechend qualifizierten Schulabgängern ein Studium finanziell zu ermöglichen. Mit dem BAföG komme die Regierung dieser Pflicht nicht ausreichend nach, weil der BAföG-Satz unter dem Existenzminimum liege.

Geklagt hatte eine 29 Jahre alte Medizin-Studentin der Charité. Zur Verhandlung stand der BAföG-Satz von 2021. Gezahlt wurden monatlich 427 Euro in bar und damit 19 Euro weniger als ein Bürgergeldempfänger bekam (damals: „Hartz IV“) . Der BAföG-Mietzuschuss betrug 325 Euro monatlich.

Das sei zu wenig gewesen, argumentieren die Richter, weil im Jahr 2021 bereits 53 Prozent der Studenten in Deutschland mehr als 351 Euro monatlich für ihre Miete hätten ausgeben müssen.

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Abschließend stellen die Richter fest, dass „Nebenverdienste der Studierenden und Kindergeld“ in der BAföG-Berechnung nicht einbezogen werden dürften.

Warum eigentlich nicht? Das Kindergeld wird gezahlt, bis das Kind 25 Jahre alt ist, wenn es einer Ausbildung nachgeht. Das Kindergeld ab dem Alter von 18 Jahren ist ausdrücklich für die Ausbildung gedacht, soll aber nicht eingerechnet werden? Und Nebenverdienste auch nicht? Es sollte doch selbstverständlich sein, dass man neben dem Studium schon Geld verdient.

In welcher Welt leben diese Richter? Studenten in Deutschland genießen so viele Privilegien wie in kaum einem anderen Land der Welt: Das Studium ist frei, es kostet nichts, alle Ausgaben übernimmt der Staat. Bus und Bahn sind ermäßigt, mit dem Studentenausweis gibt es jede Menge Vergünstigungen.

Das alles sind Subventionen, die von der Gemeinschaft getragen werden müssen. Das reicht ja wohl. Aktuell wurde der BAföG-Satz auf 855 Euro monatlich erhöht (inklusive Miete). Zum Vergleich: Ein Bürgergeld-Empfänger erhält aktuell monatlich maximal 1193 Euro (inklusive Miete).

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Die Berliner Richter wollen das BAföG auf diese Höhe angleichen. Wer soll das bezahlen? Darüber haben sie in ihrem Elfenbeinturm offensichtlich gar nicht nachgedacht. Sie brauchen also Nachhilfe: BAföG ist als Unterstützung für Studenten mit dem kleinen Geldbeutel gedacht und keine Vollpension.

Hoffen wir, dass wenigstens die Kollegen am Bundesverfassungsgericht den Sinn und Zweck des BAföG verstanden haben.

Hat Gunnar Schupelius recht? Schreiben Sie an: gunnar.schupelius@axelspringer.de

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Eine Quelle: www.bz-berlin.de

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