Über die Pension, Enkelkinder und Weltreisen  : Man wird nicht alt geboren, man wird alt gemacht

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Über die Pension, Enkelkinder und Weltreisen  : Man wird nicht alt geboren, man wird alt gemacht

Was für unsere Kolumnistin Übergänge in der beruflichen Stellung sind, ist für ihr Umfeld ein Übergang in den Ruhestand. Harsch trifft ihre Lebensrealität auf Zuschreibungen von außen.

Eine Kolumne von

Mit Abschluss des 65. Lebensjahrs erhielt ich ein Schreiben, in dem mir für meine Tätigkeit als Hochschullehrerin gedankt und ich über mein Beschäftigungsende informiert wurde. Ich war überrascht, da ich nach 15 Jahren Verbeamtung in Bayern mit einem späteren Pensionszugang gerechnet hatte. In Berlin liegt der gesetzliche Ruhestand von Beamten (noch) bei 65 Jahren, sonst bei 67 Jahren, in Niedersachsen sind es 68 Jahre.

Aufgrund meiner Tätigkeit als Präsidentin des WZB mit laufendem Vertrag bis 2024 konnte ich länger an der Hochschule tätig sein. Nun endet mein Beamtenverhältnis. Bis März 2025 werde ich in Teilzeit als Angestellte des WZB weiterarbeiten. Nicola Fuchs-Schündeln, meine Nachfolgerin, und ich haben verabredet, dass wir die Evaluation des WZB durch die Leibniz Gemeinschaft zusammen machen. Danach werde ich als Selbstständige tätig sein, zuletzt war ich das mit 21, als ich einen Blumenladen führte.

Was für mich selbstverständliche Übergänge in der beruflichen Stellung sind, ist für mein Umfeld ein Übergang in den Ruhestand. „Ihre Enkelkinder werden sich freuen“, höre ich dann. Ich habe gar keine. „Machen Sie jetzt eine Weltreise?“ „Wow“, denke ich, „23 Jahre lang?“. So viele Jahre beträgt die durchschnittliche restliche Lebenserwartung von Frauen in meinem Alter.

Harsch treffen meine Lebensrealitäten, gefüllte Terminkalender, viele tolle Projekte, auf die Zuschreibungen von außen. Ich fühle mich fit, gesund, munter, kreativ und voller Pläne.

Behandelt werde ich von heute auf morgen aber ganz anders. Differentielles Altern ist das Thema unserer Zeit. Flexible Ruhestandsgrenzen. In der breiten Öffentlichkeit erfolgt aber der lange eingeübte Dreischritt: Erreichen der Altersgrenze – Rente – Ende der Erwerbstätigkeit. Ich könnte hinzufügen: Man wird nicht alt geboren, man wird alt gemacht.  

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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