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Exklusiv Deutsche Hilfe bei iranischem Angriff auf Israel: „Einsatz wäre hypothetisch nicht ausgeschlossen“
Bei einer Eskalation im Nahen Osten hält der FDP-Außenpolitiker Ulrich Lechte zum Schutz Israels eine Betankung von Kampfjets der Bündnispartner durch die Bundeswehr für möglich. Das sei denkbar, „sofern Gefahr im Verzug ist“.
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Soll Deutschland Israel angesichts der befürchteten Eskalation in Nahost militärischen Beistand leisten? Die Frage stellt sich, seit der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter eine Beteiligung an einer von den USA angeführten Schutzkoalition für Israel gefordert hat.
In der Ampelkoalition kann sich zumindest der FDP-Außenpolitiker Ulrich Lechte eine Betankung von Kampfjets durch die Bundeswehr vorstellen.
„Hypothetisch wäre ein Einsatz des Airbus A400M der Bundeswehr, der im jordanischen Al-Asrak stationiert ist, zur Betankung von Kampfjets etwa der Bündnispartner USA oder Frankreich nicht ausgeschlossen, sofern Gefahr im Verzug ist“, sagte der außenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion dem Tagesspiegel. Eine derartige Unterstützung wäre laut Lechte möglich, wenn der Bundestag den Einsatz – gegebenenfalls auch nachträglich – mandatiert.
Die Eurofighter der Bundeswehr sind von keinem Mandat gedeckt und nicht in der Region stationiert – anders als die Kampfjets auf den verlegten US-Flugzeugträgern.
Ulrich Lechte, außenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion
Die Bundeswehr ist unter anderem in Jordanien seit 2015 an einem internationalen Militäreinsatz gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) beteiligt. Der Airbus A400M, der unter anderem als „fliegende Tankstelle“ fungiert, gehört dabei seit Mitte 2019 zum deutschen Einsatzkontingent. Lechte gab allerdings zu bedenken, dass das laufende Anti-IS-Mandat eine Teilnahme an Abwehrmaßnahmen für Israel nicht abdecke.
Zudem hatte der CDU-Außenpolitiker Kiesewetter den Einsatz von eigenen Eurofightern der Bundeswehr angesichts des befürchteten iranischen Militärschlages auf Israel nach dem tödlichen Angriff auf Hamas-Chef Ismail Hanija gefordert. Die Kampfflugzeuge der Bundeswehr könnten beispielsweise iranische Drohnen abwehren, hatte Kiesewetter dem „Spiegel“ gesagt.
Ein Einsatz von Eurofightern wäre nur möglich, wenn der Bundestag dem zustimme, sagte Lechte dazu. „Die Eurofighter der Bundeswehr sind von keinem Mandat gedeckt und nicht in der Region stationiert – anders als die Kampfjets auf den verlegten US-Flugzeugträgern“, fügte er hinzu.
Das US-Verteidigungsministerium hatte erklärt, dass zusätzliche Kriegsschiffe und Kampfjets zum Schutz von US-Kräften und zur Verteidigung Israels in die Region entsandt werden. Verteidigungsminister Lloyd Austin hatte unter anderem angeordnet, den Flugzeugträger „USS Abraham Lincoln“ in den Nahen Osten zu verlegen. Mit der Verlegung soll der Luftraum über Israel zusätzlich absichert werden. Bereits im April hatte es eine Attacke aus dem Iran auf Israel gegeben. Laut israelischen Medienberichten wurden seinerzeit von rund 300 ballistischen Raketen und Drohnen 99 Prozent von Israel, den USA, Großbritannien und Jordanien abgefangen.
Pistorius schließt Einsatz deutscher Soldaten derzeit aus
Die Sicherheit Israels gilt in Deutschland als „Staatsräson“. Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte diesen Begriff 2008 in einer Rede vor dem israelischen Parlament verwendet. Kanzler Olaf Scholz (SPD) bekräftigte nach dem Angriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober das Bekenntnis zur Sicherheit Israels.
Auch der Grünen-Europaabgeordnete Sergey Lagodinsky verwies darauf, dass die Präsenz der Bundeswehr in der Region schon jetzt durch das Mandat des Anti-IS-Einsatzes sichergestellt sei. Schon bei der Abwehr des letzten Angriffs aus dem Iran habe sich die Bundeswehr an der Seite der Allierten beteiligt, sagte Lagodinsky dem Tagesspiegel. „Selbstverständlich müssen wir mit allen Eventualitäten rechnen, aber nicht das fordern, was schon ohnehin existiert“, sagte er weiter.
Zuvor hatte bereits Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) die Beteiligung deutscher Soldaten an einer internationalen Mission zum Schutz Israels zumindest für den Moment ausgeschlossen. Jede Beteiligung von deutschen Soldaten sei für ihn „gerade völlig unvorstellbar“, hatte der Verteidigungsminister am Samstag am Rande eines Besuchs im Grenzgebiet zwischen Nord- und Südkorea gesagt. Zudem würde eine Beteiligung von deutschen Soldaten und Soldatinnen ein Mandat des Bundestags erfordern. „Also von daher stellt sich die Frage aktuell überhaupt nicht“, so Pistorius.
Mittlerweile wächst die Zahl der deutschen Staatsbürger im Libanon, die sich dort auf eine Krisenvorsorgeliste haben eintragen lassen. Wie ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Montag in Berlin mitteilte, haben sich inzwischen 2100 Menschen registrieren lassen. In der vergangenen Woche waren es seinen Angaben zufolge erst 1300 Menschen gewesen. Wie Pistorius erklärt hatte, könnten Evakuierungen schnell auf den Weg gebracht werden, sollten sie nötig werden.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de