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„Es geht darum, Krieg zu verhindern – um nichts anderes“: Kanzler Scholz weiht neue Flugabwehr der Bundeswehr ein

„Es geht darum, Krieg zu verhindern – um nichts anderes“: Kanzler Scholz weiht neue Flugabwehr der Bundeswehr ein

© REUTERS/Fabian Bimmer

„Es geht darum, Krieg zu verhindern – um nichts anderes“: Kanzler Scholz weiht neue Flugabwehr der Bundeswehr ein

Lange hat nur die Ukraine modernste Flugabwehrtechnik aus Deutschland erhalten, jetzt ist auch die Bundeswehr dran. Kanzler Scholz nutzt den Anlass, um seine Stationierungsentscheidung zu verteidigen.

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Es dürfte einer der letzten Sommertage an Schleswig-Holsteins Ostseeküste sein. Es gibt auch etwas zu feiern. Die Gäste sind hochrangig – sogar Bundeskanzler Olaf Scholz und Verteidigungsminister Boris Pistorius sind gekommen.

Nur der Anlass für die Bundeswehr-Party an diesem Mittwoch in der Kaserne Todendorf ist ein sehr ernster und in gewisser Weise auch zwiespältiger: Die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine haben nicht nur die Bestände der Truppe noch mehr ausgedünnt als ohnehin schon.

Bisher vier Systeme an die Ukraine geliefert

Die neueste Flugabwehrtechnik aus Deutschland ging erst nach Kiew, insgesamt vier Systeme vom Typ Iris-T-SLM des Rüstungsherstellers Diehl am Bodensee hat die ukrainische Armee schon erhalten, vier weitere sollen nach Angaben eines Sprechers des Verteidigungsministeriums noch dieses Jahr folgen.

Die deutsche Luftwaffe hat nun erst an diesem Mittwoch ihr erstes von sechs bestellten Modellen übergeben bekommen. In der Truppe ist man dennoch stolz, weil von der Bestellung bis zur Inbetriebnahme nur rund ein Jahr vergangen ist. Es brauchte keine zeitaufwendigen Testläufe, weil man das Waffensystem zusammen mit den ukrainischen Auszubildenden längst kennengelernt hat.

Kanzler Scholz, der den Termin als willkommene Erfolgsgeschichte kurz nach dem Landtagswahldesaster seiner zerstrittenen Ampelregierung verkauft, betont in einer Rede am Ostseestrand, um welch bedeutsamen Zuwachs im Arsenal es sich dabei handelt. „In der Ukraine hat Iris-T bis heute über 250 Raketen, Drohnen und Marschflugkörper abgeschossen und unzählige Leben gerettet“, so Scholz: „Das System zeigt eine beeindruckende Trefferquote von 95 Prozent.“

Sie erleben, was Zeitenwende bedeutet. Sie können sie sogar anfassen – hinter mir.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD)

Verteidigungsminister Boris Pistorius erinnert daran, dass der Standort Todendorf zu denen gehörte, die quasi kurz vor der Schließung standen. Einst waren hier Gepard-Flugabwehrpanzer stationiert, bis man meinte, sie nicht mehr zu brauchen. Dann wurden die verbliebenen Flugabwehrsysteme vom Typ Mantis an die Slowakei abgegeben. Jetzt ist alles anders. „Sie erleben, was Zeitenwende bedeutet“, sagt Pistorius, vor dem neuen Gerät stehend: „Sie können sie sogar anfassen – hinter mir.“

Nun werden Ukraine und Bundeswehr parallel ausgestattet

Auf die Frage, ob nicht auch dieses System besser in der militärisch massiv unter Druck geratenen Ukraine aufgehoben wäre, verneint das Pistorius-Ministerium mit zwei Argumenten.

Zum einen soll am Standort der Flugabwehrraketengruppe 61 am Standort Todendorf auch ein Ausbildungszentrum entstehen, „in dem in Zukunft ukrainische Streitkräfte noch intensiver ausgebildet werden können“ an den weiteren acht Iris-T-Systemen, die dem Land bereits für die nächsten Jahre zugesagt sind. Zum anderen aber müsse man parallel, wenn auch wegen der notwendigen Abgaben an die Ukraine etwas „verzögert“, so der Sprecher, „auch unsere eigenen Fähigkeiten für die Verteidigung aufbauen“.

Das hier ist nicht irgendein Projekt. Hier geht es ohne jede Übertreibung um die Wahrung von Sicherheit und Frieden in Europa.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)

„Das hier ist nicht irgendein Projekt“, sagt auch der nach einer Kabinettssitzung eingeflogene Bundeskanzler, in der unter anderem ein Gesetzentwurf für attraktivere Arbeitsbedingungen und Prämien in der Bundeswehr verabschiedet wurde. „Hier geht es ohne jede Übertreibung um die Wahrung von Sicherheit und Frieden in Europa.“ Er spricht von einem „bedeutenden Schritt für die Sicherheit unseres Landes, nachdem die Luftverteidigung lange vernachlässigt wurde.“

Die Fähigkeitslücke ist groß, erst recht vor dem Hintergrund der veränderten Bedrohungslage durch einen aggressiv auftretenden russischen Präsidenten Wladimir Putin. „Er hat Raketen bis nach Kaliningrad verlegt – Luftlinie 530 Kilometer von Berlin.“ Der Kanzler hat dem seine European Sky Shield Initiative entgegengesetzt, der sich mittlerweile 21 Staaten angeschlossen haben.

Iris-T soll dritte Schicht der Luftverteidigung bilden

Die Luftverteidigung wird in drei Bereiche unterteilt. Schichten: Das in Israel bestellte System Arrow 3 kann ballistische Raketen außerhalb der Erdatmosphäre bekämpfen, die bereits vorhandenen Patriot-Raketensysteme wehren anfliegende Objekte auf mittlere Distanz ab, Iris-T soll die Lücke im Nahbereich schließen. Es kann im Umkreis von 200 Quadratkilometern Ziele zerstören.

In diesem Zusammenhang kommt Scholz auch auf seine Entscheidung zu sprechen, die seit dem Nato-Gipfel Anfang Juli strittig diskutiert wird und in den Landtagswahlkämpfen von Sachsen und Thüringen eines der heißen Themen des Bündnisses von Sahra Wagenknecht war, die darin einen unverantwortlich-aggressiven Eskalationsschritt der Bundesregierung sieht: die Stationierung weitreichender US-Waffensysteme auf deutschem Boden.

Es wäre aus seiner Sicht „fahrlässig“, nicht auf die russische Raketenstationierung zu reagieren, sagt der Kanzler: Die abstandsfähigen Präzisionswaffen, deren Notwendigkeit bereits vor einem Jahr in der nationalen Sicherheitsstrategie verankert wurde, seien notwendig, „damit auf diesem strategisch wichtigen Feld keine gefährliche Lücke gegenüber Russland klafft“.

Und weil eben Wagenknecht so erfolgreich mit ihrer Sichtweise war, spricht Olaf Scholz die Bedenken direkt an. „Es geht uns dabei einzig und allein darum, mögliche Angreifer abzuschrecken“, so der Kanzler. Es geht ihm zufolge sowohl bei Iris-T als auch bei den US-Waffen darum, Krieg zu verhindern, „um nichts anderes“.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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