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„Es ist besser, wenn sich unsere Wege jetzt trennen“: Vorstand der Grünen Jugend tritt geschlossen zurück und verlässt die Partei

„Es ist besser, wenn sich unsere Wege jetzt trennen“: Vorstand der Grünen Jugend tritt geschlossen zurück und verlässt die Partei

© dpa/Grüne Jugend/Elias Keilhauer

„Es ist besser, wenn sich unsere Wege jetzt trennen“: Vorstand der Grünen Jugend tritt geschlossen zurück und verlässt die Partei

Nach dem Rücktritt des Bundesvorstandes gibt es den nächsten Paukenschlag bei den Grünen. Auch der Vorstand des Parteinachwuchses tritt zurück. Mehr noch: Alle wollen die Partei verlassen.

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Nach den Parteivorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour wollen auch die Bundessprecherinnen der Grünen Jugend, Svenja Appuhn und Katharina Stolla, sowie der gesamte, zehnköpfige Vorstand geschlossen die Ämter niederlegen und obendrein aus der Partei austreten. Das geht aus einer Erklärung an den Parteivorstand hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt. Zuerst hatten „Table Media“ und der „Spiegel“ berichtet.

„Wir haben die Entscheidung, die Partei zu verlassen, in den letzten Wochen, also bereits vor der Bekanntgabe des Rücktritts des Parteivorstands, getroffen“, heißt es in dem Schreiben vom Mittwochabend. „Wir hielten es allerdings nicht für verantwortlich, unsere Entscheidung während der Landtagswahlkämpfe zu verkünden, da wir Sorge hatten, dass es die ohnehin schon schwierigen Wahlkämpfe überschattet hätte.“

Den Rücktritt des Bundesvorstandes werten die Sprecherinnen des Nachwuchses als Schritt, der „menschliche Größe“ beweist. Er ändere aber nichts an der eigenen Entscheidung, zurückzutreten und die Partei zu verlassen. „Wir gehen nicht davon aus, dass eine personelle Neuaufstellung zu einer inhaltlichen und strategischen Neuausrichtung der Partei in unserem Sinne führen wird. Es ist besser, wenn sich unsere Wege jetzt trennen und ihr gut neu starten könnt“, heißt es weiter.

Der aktuelle Vorstand will die Geschäfte zunächst kommissarisch weiterführen bis zum Bundeskongress der Grünen Jugend, der vom 18. bis 20. Oktober in Leipzig stattfindet. Dort wird ein neuer Bundesvorstand gewählt werden. Danach will der aktuelle Vorstand „einen neuen, dezidiert linken Jugendverband“ gründen. Appuhn und Stolla (beide 26) hatten die Führung der Grünen Jugend erst vor einem Jahr übernommen. Auf dem Bundeskongress, ebenfalls in Leipzig, waren sie für zwei Jahre gewählt worden.

Dass sie mit dem gesamten Vorstand der Jugendorganisation jetzt den Rücken kehren, sorgt bei ihrem direkten Vorgänger Timon Dzienus für Unverständnis. „Die Grüne Jugend ist und bleibt mein Verein“, schrieb der bei X. Er verstehe die Kritik an der Ampel und den Grünen. Doch gerade jetzt brauche es die Grüne Jugend.

Auch die Vorvorgängerin Anna Peters kann mit der Entscheidung nichts anfangen. Gerade jetzt sei die Grüne Jugend ein unheimlich wichtiger und relevanter Ort, „um eine starke progressive Stimmer in unserer Partei zu sein!“, schrieb sie bei X.

Der Parteinachwuchs begründet den Schritt mit den Konflikten zwischen grüner Partei und Grüner Jugend, die sich in den letzten Jahren immer weiter zugespitzt hätten – „sei es bei der Debatte um das 100-Mrd.-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr, bei der Auseinandersetzung rund um Lützerath, bei den Asylrechtsverschärfungen oder den Haushalten“.

Auf dem Grünen-Parteitag im November in Karlsruhe versuchte die Grüne Jugend per Beschluss, grünen Abgeordneten und Regierungsmitgliedern die Zustimmung zu einer Verschärfung des Asylrechts zu verbieten – auf nationaler wie europäischer Ebene. Nur mit Mühe gelang es dem Parteiestablishment um Vizekanzler Robert Habeck, Außenministerin Annalena Baerbock und die scheidenden Parteichefin Ricarda Lang damals, die Annahme des Antrags zu verhindern. Erst nachdem Habeck den Antrag ein „Misstrauensvotum“ gegen die Regierung nannte und damit indirekt die Vertrauensfrage stellte, drehte sich die Stimmung im Saal.

Der damalige Abstimmungskrimi um die Asylpolitik hat offensichtlich bei beiden Seiten Wunden hinterlassen. Viele Realos und Realas blickten damals fassungslos auf den gut organisierten Aufstand der Grünen Jugend. Die Parteijugend hingegen gewann zunehmend den Eindruck, dass ihre Kritik wirkunslos verpufft.

In allen Fällen habe man parteiintern versucht, Entwicklungen aufzuhalten, „die wir für falsch gehalten haben – und konnten uns damit nicht durchsetzen“, heißt es in dem Schreiben der Spitze der Grünen Jugend an den Parteivorstand. Dadurch habe man sich zunehmend in der Rolle einer öffentlichen linken Opposition gesehen. „Dauerhaft ist es aber nicht möglich, gleichzeitig Teil einer Partei zu sein und für eine grundsätzlich andere Politik zu werben als die eigene Partei umsetzt“, schreiben sie.

Grüne Jugend will neue linke Kraft aufbauen

Zugleich zeigt der Grüne-Jugend-Vorstand in dem Schreiben auch Verständnis für die Parteispitze und die Lage in der Koalition. „Es ist uns wichtig zu betonen, dass wir Euch nicht für schlechte Menschen halten. Wir sind überzeugt, dass ihr alle angefangen habt Politik zu machen, weil euch Umwelt- und Naturzerstörung umgetrieben haben, ihr die soziale Ungerechtigkeit nicht ertragen und für Demokratie und Miteinander werben wolltet – das hat ja auch uns zu den Grünen gebracht“, heißt es.

Ihnen sei auch bewusst, wie sehr die Grünen in der Koalition um Kompromisse gerungen und wie oft sie allein da gestanden hätten. „Wir wissen das – und gehen trotzdem“, so der Führungsnachwuchs der Grünen Jugend. Weil man keine Perspektive für einen grundsätzlich anderen Kurs sehe und weil der strategische Dissens zu groß geworden sei. Und „weil wir glauben, dass es wieder eine starke linke Kraft in Deutschland braucht, die gerade diejenigen anspricht, die sich in den letzten Jahren abgewandt haben, die in Armut und Abstiegsangst leben, die schon lange nicht mehr wählen gehen – oder sich den Rechten zugewandt haben“.

Der Führungsnachwuchs plant demnach, eine neue linke Kraft zu etablieren, wie aus dem Schreiben hervorgeht. „Wir sind überzeugt, dass es wieder eine linke Kraft braucht, die Menschen begeistern und Hoffnung machen kann, die noch nie das Gefühl hatten, dass auch für sie Politik gemacht wird“, heißt es. „Diese Kraft wird die grüne Partei unserer Einschätzung nach nicht mehr werden – aber diese linke Kraft wollen wir nun mit aufbauen.“ Details will der scheidende Vorstand der Jugendorganisation am Freitagmorgen um sechs Uhr bekanntgeben.

Lang und Nouripour sowie der gesamte Parteivorstand der Grünen hatten am Mittwoch ihren Rücktritt erklärt. Nach einer Serie schwacher Wahlergebnisse befänden sich die Grünen „in der tiefsten Krise seit einer Dekade“, begründete Nouripour den drastischen Schritt. Es brauche einen „Neustart“, um die Partei aus dieser Krise herauszuführen.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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