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Fast jeder fünfte Berliner Student erhält Bafög: Viele Schüler fallen dagegen aus der Förderung
Das Statistische Bundesamt präsentiert die Bafög-Zahlen für das Vorjahr. Ein kleiner Erfolg für die angeschlagene Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger?
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Noch im Januar hieß es aus dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), dass die Bafög-Sätze nicht angehoben werden müssten. Die Förderbeträge für Studierende und Schüler seien mehr als ausreichend. Nach viel Kritik lenkte das BMBF schließlich ein und legte dem Bundestag eine im Juni verabschiedete Bafög-Novelle inklusive eines neuen Höchstsatzes von 992 Euro vor, der ab kommendem Wintersemester greift.
Nachdem Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger in den letzten Monaten auch in Sachen Bafög-Reform keine souveräne Figur abgab, kann die FDP-Politikerin nun einen kleinen Erfolg feiern: Wie das Statistische Bundesamt am Dienstag bekanntgab, sind die Zahlen der Bafög-Empfänger leicht, die durchschnittlichen Fördersätze der betroffenen Schüler und Studierenden merklich gestiegen. So hätten 2023 insgesamt 635.600 Personen Bafög bezogen – 5400 oder 0,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Vor allem erhielten die Bezuschussten aber im Mittel 640 Euro pro Monat. Das entspricht 47 Euro oder 9 Prozent mehr als noch 2022.
Auch in Berlin und Brandenburg stiegen die durchschnittlichen Bafög-Sätze 2023 auf jeweils 646 Euro pro Monat. Dem bundesweiten Trend entsprechend ist die Zahl der Geförderten in Berlin um ein Prozent auf 45.201 angewachsen, in Brandenburg um 0,4 Prozent auf 14.830. Hochgerechnet bedeutet dies: In Berlin (17 Prozent) und Brandenburg (19 Prozent) erhält fast jeder fünfte Studierende Bafög. Dagegen werden nur 1,5 (Brandenburg) bis 2 Prozent (Berlin) der Schüler und Berufsschüler alimentiert.
Diese Zahlen bestätigen die Wirkung unserer ersten großen Bafög-Reform.
Bettina Stark-Watzinger, Bundesministerin für Bildung unf Forschung
Stark-Watzinger führt die gestiegenen Fördermittel auf die von ihr eingeleitete Bafög-Reform von 2022 zurück: „Diese Zahlen bestätigen die Wirkung unserer ersten großen Bafög-Reform gleich zu Beginn der Legislaturperiode, mit der wir das Bafög für mehr Menschen geöffnet und die Leistungen deutlich erhöht haben. Die Ausweitung der Bafög-Berechtigung durch deutlich höhere Freibeträge war richtig“.
Schüler und Studierende reagieren verhalten
Rundum positiv fällt die Bilanz allerdings nicht aus, auch wenn Stark-Watzinger darauf in ihrem Statement nicht eingeht. Zwar ist die Zahl der Geförderten im zweiten Jahr in Folge leicht gestiegen, nachdem sie zwischen 2012 und 2021 rückläufig war, das allerdings nur im Mittel. Gestiegen ist nur die Anzahl der Studierenden, die eine Förderung erhielten. Die Zahl der Schüler, die den Bafög-Höchstsatz erhalten, sank dagegen um 4 Prozent, die Teilförderungen für Schüler sogar um 6 Prozent. Auch in Berlin ist der ohnehin geringe Anteil der Bafög-erhaltenden Schüler um mehr als 5 Prozent, in Brandenburg um gut 2 Prozent gesunken.
In den vorgelegten Zahlen sehen wir keine deutliche Verbesserung. Die Lebenshaltungskosten sind weiterhin hoch und werden nicht durch das Bafög abgedeckt.
Louisa Basner, Generalsekretärin der Bundesschülerkonferenz
Entsprechend reserviert meldet sich auch Louisa Basner, die Generalsekretärin der Bundesschülerkonferenz, zu Wort: „In den vorgelegten Zahlen sehen wir keine deutliche Verbesserung. Die Lebenshaltungskosten sind weiterhin hoch und werden nicht durch das Bafög abgedeckt.“ Einen Grund für die rückläufige Schülerzahl erkennt Basner in dem Bürokratieaufwand, der mit dem Antrag verbunden sei und Schüler oftmals überfordere.
In Abweichung dazu betont das Deutsche Studierendenwerk (DSW), dass der jahrelange „Abwärtstrend“ gestoppt worden sei, weist aber darauf hin, dass eine „echte Trendwende“ auf sich warten lasse. Fast die Hälfte aller Studierenden lebt laut einer DSW-Studie von weniger als 800 Euro im Monat, also deutlich unterhalb der Armutsgrenze. Matthias Anbuhl, Vorstandsvorsitzender des DSW, fordert das BMBF deswegen dazu auf, einen Mechanismus zu entwickeln, der die Bafög-Sätze „automatisch an die Entwicklung von Preisen und Einkommen anpasst“.
Klar wird aus den Kommentaren der Schüler- und Studierendenverbände: Mehr als ein kleiner Erfolg sind die erneut gestiegenen Bafög-Zahlen für Stark-Watzinger nicht.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de