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Immer weniger Frauen in den Parlamenten: Neue Feministen braucht das Land

Immer weniger Frauen in den Parlamenten: Neue Feministen braucht das Land

© Thilo Rückeis

Immer weniger Frauen in den Parlamenten: Neue Feministen braucht das Land

Ein „Paritätsgesetz“ – das ist die Lösung. Dafür kämpft eine Initiative, an der Spitze die frühere christdemokratische Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth. Sie kommt jetzt zu Nachfolgerin Bärbel Bas von der SPD. Eine große Koalition der Ungeduld.

Immer weniger Frauen in den Parlamenten: Neue Feministen braucht das Land

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Am Freitag sind Vertreter der „Initiative #ParitätJetzt“ bei Bundestagspräsidentin Bärbel Bas mit einem dringenden Anliegen. Sie übergeben der Sozialdemokratin das „Manifest für Parität in deutschen Parlamenten“, für die gleichmäßige Anzahl von Frauen und Männern. Wie dringend das ist, dokumentieren die jüngsten Wahlen.

Frauen sind seit Anbeginn der Bundesrepublik eklatant unterrepräsentiert. Mehr als 50 Prozent der Bevölkerung, stellten sie aber bis 1987 weniger als zehn Prozent der Abgeordneten im Bundestag. Erst seit 1998 liegt der Anteil in der Volksvertretung bei etwa einem Drittel – und der stagniert.

In den Landesparlamenten sieht es noch schlechter aus. In Sachsen und Thüringen, nun auch in Brandenburg – alle haben einen Frauenanteil von deutlich unter 30 Prozent. Zur neuen Legislaturperiode ist die Zahl jeweils noch gesunken.

In der deutschen Politik herrscht auf allen Ebenen die männliche Perspektive vor. Und das seit Jahrzehnten weitgehend unverändert. Den Passus im Grundgesetz, der da immerhin seit dem Jahr 1949 eine klare Forderung aufstellt, scheint lange keiner mehr gelesen zu haben: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“.

Von wegen. Wäre es anders, hätte die Lebenswirklichkeit von Frauen – noch einmal: die Mehrheit im Volk – die Bedeutung, die ihr zukommt.

Eine Änderung auf allen Ebenen, von unten nach oben

Dabei ist die Lösung lange schon klar. Sie liegt in einem paritätischen Wahlrecht. Nötig sind Parlamente, und zwar alle Ebenen von unten nach oben, in denen weibliche und männliche Abgeordnete gleichmäßig vertreten sind. Nur dann gibt es die Chance, eine gleichberechtigte Perspektive sowohl zu entwickeln als auch durchzusetzen.

Der brandenburgische Landtag war auch schon auf diesem Weg. Er hatte im Februar 2019 das „Paritätsgesetz“ verabschiedet. Bei zukünftigen Wahlen sollten die Parteien verpflichtet sein, auf ihren Landeslisten gleich viele Kandidatinnen und Kandidaten aufzustellen, „quotierte Landeslisten“, abwechselnd mit Frauen und Männern besetzt.

Hoffnungsschimmer – bis die Klagen kamen

Brandenburg wäre damit das erste Bundesland mit einem sogenannten Parité-Gesetz für den Landtag gewesen. Ein Hoffnungsschimmer. Im Juli 2019 zog Thüringen nach. Dann aber klagten Parteien mit sehr niedrigen Frauenanteilen.

Das Ergebnis: Im Juli 2020 gab der Thüringer Verfassungsgerichtshof einer Klage der AfD statt, erklärte das Paritätsgesetz für nichtig; im Oktober 2020 kippte Brandenburgs Verfassungsgericht das hiesige Gesetz nach einer Klage von AfD, NPD und Piratenpartei. Weil die Gesetze im Kern nicht mit dem Grundsatz der Freiheit und Gleichheit der Wahl vereinbar seien und es der Verfassung widerspreche, Parteien die paritätische Besetzung von Listen mit Männern und Frauen vorzuschreiben.

Brandenburg gibt nicht auf

In Thüringen legte die Prozessvertreterin der seinerzeitigen Landesregierung daraufhin im Namen von 500 Personen Beschwerde beim Karlsruher Bundesverfassungsgericht ein. Das allerdings entschied im Januar 2022, die Beschwerde aufgrund mangelhafter Begründung nicht anzunehmen. Brandenburg gibt trotzdem nicht auf. Ein Bündnis der Zivilgesellschaft will beim Bundesverfassungsgericht noch einmal gegen die Entscheidung vorgehen.

Ob die obersten bundesdeutschen Richterinnen und Richter in Karlsruhe sich mit den Fällen befassen werden? Offen. Ein Urteil steht aber schon fest: Neue Feministen braucht das Land.

Darauf wartet die „Initiative #ParitätJetzt“ – eine von Gewerkschaften, Verbänden und Gruppen getragene – nicht. Eine große Koalition der Ungeduld, die mit den jüngsten Wahlen noch einmal gewachsen ist.

An der Spitze der Initiative kommt die nahezu legendäre Amtsvorgängerin Rita Süssmuth zu Bärbel Bas – als Signal, ja Fanal. Denn ungeachtet ihrer 87 Jahre versteht sich Süssmuth, die aufgeklärte, liberale Christdemokratin, immer noch als eine Vorkämpferin für die Sache der Frau. Was auf sie gesehen auch viel darüber aussagt, wie es um diese Sache steht: Es ist seit je ein Kampf. Der auch an diesem Freitag längst nicht aufhört.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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