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Update Leichtathletik-Meeting in Berlin: Erst Weber, dann Neugebauer und schließlich die 100 Meter
Im Olympiastadion fliegt der Speer weit, die Dreikämpfer werden gefeiert und dann läuft Gina Lückenkemper das schnellste Rennen ihres Lebens.
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Schon die ersten Meter waren für ihre Verhältnisse außergewöhnlich. Gina Lückenkemper war nach dem Startschuss über 100 Meter schnell auf Touren gekommen. Und knapp elf Sekunden später war klar: Die deutsche Sprinterin war so schnell wie noch nie. In 10,93 Sekunden spurtete sie als Erste ins Ziel und verbesserte ihre persönliche Bestzeit aus dem Jahr 2017 (!) um zwei Hundertstelsekunden. „Ich liebe dieses Stadion. Da kann man sich nochmal besonders motivieren“, sagte die 27-Jährige wenig später.
Der 100-Meter-Lauf der Frauen war der krönende Abschluss eines sportlich hochklassigen Leichtathletik-Meetings am Sonntag im Berliner Olympiastadion. Schon kurz vor Lückenkempers Lauf hatte der deutsche Speerwerfer Julian Weber die 40.500 Zuschauer im Olympiastadion zum Jubeln gebracht. Bei seinem ersten Versuch bohrte sich sein Speer erst bei einer Weite von 88,64 Metern in den Rasen des Berliner Olympiastadions – das bedeutete den Sieg.
Die Veranstaltung hatte aber noch gar nicht begonnen, da gab es schon den ersten Sieger: den Landessportbund Berlin. Der richtete am Sonntag das Familiensportfest im Olympiapark aus. Es war ein voller Erfolg, mit Betonung auf voll.
Unzählige Kinder sprangen auf den Hüpfburgen, kletterten auf den Kletterwänden, spielten Tischtennis oder tanzten schlichtweg. Man sah durchweg in glückliche Kindergesichter und – ja – deshalb auch in glückliche Elterngesichter. Einzig die gefühlt überrepräsentierte Bundespolizei irritierte (wenngleich es für viele Kinder nichts Spannenderes gibt als das Innere eines Polizeiautos).
Olympia in Paris wirkt nach
So viel zum gelungenen Programm, einen Steinwurf vom Olympiastadion entfernt. Im Inneren des Stadions war ebenfalls viel los. Die Nachwehen der gefeierten Olympischen Spiele in Paris waren in jeglicher Hinsicht präsent.
Viele Besucher trugen Paris-Shirts. Zudem befanden sich etliche Athletinnen und Athleten im Berliner Stadion, die vor wenigen Wochen noch in der französischen Hauptstadt am Start waren. „Gänsehaut pur“, konstatierte Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner. Und apropos Olympia: „In dieses Olympiastadion gehören auch wieder Olympische Spiele“, forderte der CDU-Politiker.
Das Istaf ist von allen Leichtathletikmeetings wohl das gefühligste. Es findet spät in der Saison statt und häufig werden verdiente Athletinnen und Athleten verabschiedet. Am Sonntag warf Julia Harting ihren letzten Diskus. Anschließend standen ihre Konkurrentinnen Spalier und applaudierten ihr, es flossen – wie so oft beim Istaf – Tränen.
„Als gebürtige Berlinerin den letzten Wettbewerb hier zu bestreiten, war schon toll“, sagte sie. Das Diskuswerfen gewann die Potsdamerin Kristin Pudenz (64,14 Meter) vor ihrer Landsfrau Marike Steinacker (63,24) und Vanessa Kanga (63,14) aus Schweden.
Emil Agyekum aus Berlin siegt furios über 400 Meter Hürden
Ebenfalls schön: Beim Istaf verschwimmen Breiten- und Spitzensport. So fanden nach den ersten Wettbewerben der Top-Athleten noch Schülerstaffeln statt. Teils rannten die Kinder nach dem Zieleinlauf noch weiter, einfach weil sie den Applaus so genossen.
Für den ersten sportlichen Höhepunkt sorgte Emil Agyekum über 400 Meter Hürden. In furiosen 48,21 Sekunden stürmte der 25-Jährige als Erster ins Ziel. Schneller war der Berliner noch nie.
Gina Lückenkemper lief die 100 Meter in 10,93 Sekunden.
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Nicht annähernd ihre Bestform erreichte dagegen Olympiasiegerin Yemisi Ogunleye. Die Kugelstoßerin kam auf 18,65 Meter und wurde Zweite hinter Jessica Schilder aus Holland (19,70 Meter).
Der spannendste Wettkampf am Sonntag war ein Dreikampf der Männer in den Disziplinen 100 Meter, Diskuswerfen und 1500 Meter. Am Start war der Olympiazweite Leo Neugebauer und Weltmeister Niklas Kaul, zwei der erfolgreichsten deutschen Athleten in den vergangenen Jahren.
„Habt ihr Spaß gehabt?“ – „Jaaaaa!“
Neugebauer lief wie erwartet über 100 Meter mit einer Zeit von 10,77 Sekunden wesentlich schneller als Kaul (11,46 Sekunden). Auch bei seiner großen Stärke, dem Diskuswerfen, distanzierte Neugebauer mit 53,13 Meter seinen deutschen Konkurrenten deutlich (43,96 Meter).
Die große Schwäche von Neugebauer ist allerdings das 1500-Meter-Rennen. Kaul war jedoch nach den ersten beiden Disziplinen derart abgeschlagen, dass Neugebauer mit großem Abstand als Erster im Ziel ankam. Kaul wurde am Ende immerhin noch Vierter. Auf Platz zwei kam der Ulmer Manuel Eitel, Dritter wurde Andrin Huber aus der Schweiz.
„Habt ihr Spaß gehabt?“, fragte am Ende Leo Neugebauer die Zuschauer im Olympiastadion und hielt sich eine Hand an sein Ohr. Selbstredend war die Antwort aus vielen Mündern: „Jaaaaa!“
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de