© dpa/Kay Nietfeld
„Nicht so viel in Märkte reinpfuschen“: Habecks schwache Wirtschaftskompetenz wird zum Problem für die Grünen
Der Wirtschaftsminister will die Grünen in den kommenden Bundestagswahlkampf führen. Doch in seinem Arbeitsfeld wachsen die Zweifel, wie auf dem Treffen der Grünen Wirtschaftsvereinigung deutlich wurde.
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Ausgerechnet auf der Bühne der Grünen rechnet Jens Spahn mit Robert Habecks Wirtschaftspolitik ab. Der Wirtschaftsminister solle nicht Förderprogramme für einzelne Unternehmen auflegen, sondern gute Rahmenbedingungen für alle schaffen, sagt der CDU-Politiker auf einer Veranstaltung der Grünen Wirtschaftsvereinigung und erhält dafür einigen Applaus der anwesenden Unternehmer.
Und Spahn ist nicht zu stoppen an diesem Nachmittag in Berlin-Spandau. Nicht nur in die klimafreundliche Produktionsumstellung der Industrie solllte der Staat investieren, sondern auch in Künstliche Intelligenz, Digitalisierung und Prozessoptimierung. Habecks Politik sei gescheitert, sagt Spahn und verweist auf die Krise der Wärmepumpen, der E-Autos und der Solarindustrie. „Alle sind am Boden“, sagt Spahn. „Ein Indiz, dass man politisch nicht so viel in Märkte reinpfuschen sollte.“
71Prozent der Befragten nach der Brandenburg-Wahl gaben an, die Grünen kümmern sich zu wenig um die Wirtschaft.
Nicht nur der Oppositions-Politiker scheint mit der Wirtschaftspolitik von Habeck und seinen Grünen unzufrieden. In der Nachwahlbefragung von Infratest Dimap nach der Brandenburg-Wahl, bei der die Grünen aus dem Landtag flogen, gaben 71 Prozent der Befragten an, die Partei kümmere sich zu wenig um Wirtschafts- und Arbeitsplätze. Ein Horrorwert für eine Partei, die den Bundeswirtschaftsminister stellt.
Auch Habeck persönlich kann von seinem Amt offenbar wenig profitieren. In einer Umfrage der Doeblin Wirtschaftsforschungsgesellschaft mit 1000 Befragten aus dem Sommer gaben nur 16 Prozent an, der Wirtschaftsminister habe Kompetenzen im Bereich Wirtschaft und Finanzen. Damit landete Habeck weit hinter CDU-Chef Friedrich Merz oder Finanzminister Christian Linder und selbst noch hinter BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht.
Für Habeck sind die Werte ein Problem, zumal die deutsche Wirtschaft seit Monaten stagniert. Die Inflation hat sich zwar abgeschwächt, doch die Löhne sind bei weitem nicht so stark angestiegen wie die Preise. Die Opposition verunglimpft Habeck schon lange. Mehr Klima- als Wirtschaftsminister sei er. Für Habeck, der die Grünen in die nächste Bundestagswahl führen will, eine gefährliche Falle.
Mit der Wirtschaftsvereinigung fremdeln manche in der Partei noch
Um die Lücke zwischen Wirtschaft und Grünen zu schließen, haben Unternehmer mit Zustimmung der Parteispitze im vergangenen Frühjahr die Wirtschaftsvereinigung gegründet. Rund 250 Firmen wie Bayer, Google, Aldi Süd oder REWE, aber auch Einzelpersonen sind inzwischen Mitglied. Der Austausch zwischen Grünen und Wirtschaft soll verstetigt werden.
In der Partei fremdeln einige Parteilinke noch immer mit dem neuen Format. Auf der Konferenz der Wirtschaftsvereinigung am Dienstag sind nur wenige Abgeordnete der Grünen auf den Panels und in Arbeitsgruppen gekommen – auch weil parallel die Sitzung der Bundestagsfraktion nach der verlorenen Brandenburg-Wahl stattfindet.
Nach Spahn tritt dann jedoch Habeck auf und setzt zum Speedating an. Für die aktuell schwierige Lage der Wirtschaft hat er mehrere Erklärungen. Die konjunkturelle Schwäche sei dadurch ausgelöst worden, dass Russland kein billiges Gas mehr nach Deutschland gepumpt habe. Dadurch seien erst die Energiepreise, dann die Güter und damit die Inflation gestiegen.
Es muss jetzt wieder investiert werden.
Vizekanzler Robert Habeck fordert mehr Geld für die Wirtschaft.
Zudem gebe es strukturelle Probleme, die lange übersehen worden seien: „Von der öffentlichen Verwaltung bis zum Glasfaserausbau sind wir völlig unterdigitalisiert“, kritisiert Habeck. Bei der Infrastruktur habe sich über die Jahre viel aufgestaut.
„Es muss jetzt wieder investiert werden“, lautet Habecks Antwort auf die Krise und meint damit vor allem Investionen in die grüne Transformation der Wirtschaft. Dies sei die Kernaufgabe der Politik. Doch mit den steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten, die der Wirtschaftminister mit dem Bundeskanzler und dem Finanzminister in einem Wirtschaftspaket verabredet hat, ist Habeck unzufrieden: „Das ist bei weitem nicht groß genug“, sagt er.
Das Gesamtkonzept des Wirtschaftsministers überzeugt in Spandau nicht alle Unternehmer: „Nachhaltigkeit ohne Wirtschaftlichkeit funktioniert nicht“, sagt Daniel Hager, Vorstandsvorsitzender des Elektronikhersteller Hager Group, anschließend in einer Gesprächsrunde mit Habeck.
Irgendwann seien die Fördermittel der Bundesregierung aufgebraucht, dann sei ein Produkt aber nicht immer marktfähig. „Der Staat ist nicht immer der bessere Investor“, sagt Hager und verweist auf einen aktuellen Gesetzentwurf aus Habecks Haus.
„Lassen Sie uns Karten tauschen“, sagt Habeck und bietet ein Gespräch mit dem Unternehmer und Experten aus seinem Ministerium an. Der willigt ein. Ganz ohne Erfolg bleibt das Speeddating in Spandau für Habeck nicht.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de
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