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Streit ums Rentenpaket II: Die FDP-Fraktion sucht die Machtprobe
Ausverhandelt oder nicht? Die FDP-Fraktion stellt sich im Konflikt um das Rentenpaket II nicht nur gegen die Sozialdemokraten – sondern auch gegen öffentliche Äußerungen des eigenen Finanzministers.
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Denn eins ist sicher: der Streit um die Rente. Der berühmte Norbert-Blüm-Slogan taugt in dieser abgewandelten Form tadellos als Prognose für die kommenden Wochen. Und was derzeit Sturmstärke hat, könnte sich in kürzester Zeit zum Orkan entwickeln.
Am Freitag wird das Rentenpaket II in den Bundestag eingebracht. Doch wird es so, wie es nun vorliegt, auch als Gesetz verabschiedet? Die Meinungen gehen auseinander, und SPD wie FDP geben sich unversöhnlich. Es zeichnet sich ein massiver Konflikt ab, und das in einer Situation, in der die Lage der Ampel ohnehin höchst fragil ist.
„Wir sind vorbereitet auf harte Verhandlungen“, sagte am Donnerstag Pascal Kober, sozialpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, dem Tagesspiegel. Damit liegt er auf einer Linie mit seinem Parlamentarischen Geschäftsführer Johannes Vogel. Der hatte den Konflikt am Donnerstag via „Bild“-Zeitung neu befeuert: „So ist das Rentenpaket im Parlament noch nicht zustimmungsfähig.“ Die „arbeitende Mitte“ brauche „mehr Geld in der Tasche, und nicht weniger“.
Die Sozialdemokraten ärgern solche Äußerungen massiv. „Das Rentenpaket II ist nicht nur aus Sicht der SPD ‘entscheidungsreif und zustimmungsfähig’. Auch FDP-Chef und Bundesfinanzminister Lindner hat das zugesagt“, sagte am Donnerstag Katja Mast, Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, dem „Spiegel“. Das Rentenpaket müsse gemeinsam mit dem Haushalt Ende November verabschiedet werden.
Aus Sicht der Sozialdemokraten gibt es inhaltlich nichts mehr zu besprechen: Sie bekommen die 48-Prozent-Garantie beim Rentenniveau, die Liberalen bekommen unter dem Namen Generationenkapital den Einstieg in eine Aktienrente light: So haben es SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und FDP-Finanzminister Christian Lindner im Frühjahr vereinbart. Und genau so will die SPD den Plan jetzt auch verabschieden, nicht zuletzt, weil sie mit der Rentengarantie ein wichtiges Wahlversprechen aus dem Jahr 2021 einlösen würde.
Der Kanzler macht Druck
Koalitionsintern wird aber mittlerweile die Frage gestellt, ob Lindner seine eigene Fraktion noch im Griff hat. Im Tagesspiegel-Interview hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Anfang September bekräftigt, wie wichtig das Rentenpaket II seiner Partei ist: „Das muss kommen. Das wissen alle“, sagte er. Finanzminister Lindner sprang ihm bei: Das Paket sei ausverhandelt und zustimmungsfähig, sagte er im „Bericht aus Berlin“ der ARD.
Das sieht man in der FDP-Fraktion aber nicht so. „Auf Kabinettsebene ist das Rentenpaket II ausverhandelt. Aber es gilt das Strucksche Gesetz: Es kommt kein Vorhaben so aus dem Bundestag heraus wie es hereingegangen ist“, sagte Sozialpolitiker Kober am Donnerstag dem Tagesspiegel.
Die Gesetze macht in Deutschland der Bundestag – und nicht die Regierung.
Pascal Kober, sozialpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion
Kober beruft sich auf andere Projekte, über die die Ampel ausgiebig gestritten hat: „Der Bundestag hat auch in Sachen Heizungsgesetz und Kindergrundsicherung umfangreich von seinem politischen Gestaltungsspielraum Gebrauch gemacht. So wird es auch beim Rentenpaket II sein.“ Und Kober weist Lindner mitsamt sämtlicher Kabinettskollegen in die Schranken: „Die Gesetze macht in Deutschland der Bundestag – und nicht die Regierung.“
Für beide Parteien geht es beim Rentenstreit um Grundsätzliches. Seit Monaten fordert die FDP-Fraktion immer wieder, das Paket müsse nachverhandelt werden. Die Liberalen halten die Rentengarantie für zu teuer und das Generationenkapital für zu klein dimensioniert. Das hat den Gesetzgebungsprozess schon mehrfach verzögert. Doch bisher hat die SPD keine Zugeständnisse gemacht, sondern stets Vertragstreue eingefordert.
Fachleute kritisieren, die Rentengarantie belaste einseitig die jüngeren Generationen. Denn sie kostet viel Geld, das Beitragszahler und Staat aufbringen müssen. Die SPD argumentiert hingegen damit, den Menschen im Land ein würdevolles Leben im Alter sichern zu wollen.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de