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Vor allem Dienst nach Vorschrift: Nur jeder achte Beschäftigte macht Überstunden

Vor allem Dienst nach Vorschrift: Nur jeder achte Beschäftigte macht Überstunden

© Getty Images/YorVen

Vor allem Dienst nach Vorschrift: Nur jeder achte Beschäftigte macht Überstunden

Nur ein Bruchteil der Menschen in Deutschland arbeitet mehr als vertraglich festgelegt. Auch weil es sich für viele nicht lohnt, Überstunden zu leisten. Das will die Ampelkoalition ändern.

Von Felix Kiefer

Noch nie arbeiteten in Deutschland so viele Menschen wie heute: Fast 46 Millionen waren im vergangenen Jahr erwerbstätig. Überstunden gehören dabei aber nur für eine Minderheit zum beruflichen Alltag. Rund jeder und jede Achte hat im vergangenen Jahr mehr gearbeitet, als im Arbeitsvertrag festgelegt war. Das teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Donnerstag mit.

Hochgerechnet leisteten demnach 4,6 Millionen Menschen Mehrarbeit. Das ist ein Anteil von 12 Prozent der knapp 39,3 Millionen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Deutschland. Grundlage der Auswertung sind Antworten aus dem Mikrozensus, einer jährlich durchgeführten repräsentativen Haushaltsbefragung unter rund 810.000 Personen.

Weniger Überstunden als früher und als im Ausland

Insgesamt wird in Deutschland damit deutlich weniger Mehrarbeit geleistet als in der Vergangenheit. Zur Jahrtausendwende waren es über zwei Milliarden Überstunden, wenn auch vor allem bezahlte. Im vergangenen Jahr waren es noch 1,3 Milliarden Stunden, allerdings überwiegend (58 Prozent) unbezahlte. „Der höchste Krankenstand, die wenigsten Überstunden, die meiste Teilzeit“, bilanzierte der Arbeitsmarktexperte Enzo Weber das Jahr vor einigen Wochen.

In puncto Lohnarbeitszeit gehört Deutschland damit mittlerweile zu den Schlusslichtern in Europa: In Griechenland werden im Schnitt 41 Stunden pro Woche gearbeitet, in der EU durchschnittlich 37 Stunden. Deutschland liegt mit 34,7 Stunden an drittletzter Stelle, was vor allem an der hohen Teilzeitquote liegt.

Viele buchen Überstunden auf Zeitkonto

Absolut gesehen ist der Großteil der heute geleisteten Überstunden unbezahlt. Dem Mikrozensus zufolge gaben allerdings auch fast drei Viertel (71 Prozent) derjenigen, die Überstunden leisten, an, zusätzlich gearbeitete Stunden auf ein Arbeitszeitkonto buchen zu können. Diese oder zumindest Teile davon können zu einem späteren Zeitpunkt als Freizeit ausgeglichen oder ausbezahlt werden.

Für 40 Prozent ist die Mehrarbeit mit höchstens fünf Stunden pro Woche erledigt. Knapp ein Fünftel leistete aber auch mehr als 15 Überstunden pro Woche. Besonders verbreitet ist die Mehrarbeit bei Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, am wenigsten im Gastgewerbe.

Einer Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) werden bezahlte Überstunden vor allem im industriellen Sektor, wie dem produzierenden Gewerbe und dem Bau, gemacht. Unbezahlte Überstunden gibt es eher in Dienstleistungsberufen. Darunter fallen sowohl Unternehmensberater als auch Pflegekräfte. 

Anreize für mehr Überstunden Teil des Wachstumspakets

Auch angesichts dieser Entwicklung plant die Bundesregierung stärkere Anreize für mehr und längere Arbeit. Eine von 49 Maßnahmen der „Wachstumsinitiative“ der Koalition ist, Überstunden steuer- und beitragsfrei vergütet lassen zu können. Wie die Regelung konkret gestaltet werden soll, ist noch offen.

„Nach der parlamentarischen Sommerpause müssen die 49 Maßnahmen aus dem Wachstumspaket zügig umgesetzt werden, ohne dass wir dabei über jedes Komma streiten“, sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr der Deutschen-Presseagentur am Donnerstag.

Denn innerhalb der Ampelkoalition ist auch der steuerliche Umgang mit den Überstunden umstritten. Der Grünen-Arbeitsmarktexperte Frank Bsirske nannte die steuerfreien Zuschläge für Überstunden im ZDF „sehr kritisch“.

Auch innerhalb der SPD gibt es Zweifel. „Im Kampf gegen Personalmangel sollte man nicht Überstunden besserstellen und damit ungesunde Arbeitsverhältnisse zementieren“, sagte der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Schrodi, dem Tagesspiegel als die FDP den Vorschlag im April erstmals präsentierte.

Man dürfe nun nicht die Mehrarbeit auf die wenigen, die noch da seien, verteilen. Schrodi spricht sich stattdessen dafür aus, die Berufe durch eine ordentliche Bezahlung und ansprechende Arbeitszeiten attraktiver zu machen. (mit dpa)

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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