„Ab heute hast du keine Tochter mehr“: Ohne meine Eltern geht es mir besser

© Montage: Tagesspiegel | Getty Images (2), freepik

Ein Kontaktabbruch zwischen Kindern und Eltern erfolgt selten unüberlegt. Unsere Autorin hat diesen schwierigen Prozess durchlebt. Ein Text über Trauma, Schuldgefühle und Heilung.

Von Lotty Reichmann

Es war kein plötzliches Ende, keine aus einem Impuls heraus getroffene Entscheidung. Den Kontakt zu meiner Mutter abzubrechen, fühlte sich ein wenig an wie ein altes Pflaster viel zu langsam abzuziehen: Es zwickt, es ziept und hartnäckige Klebereste erinnern einen noch ewig an die frühere Wunde.

Jahrelang brachte ich den entscheidenden Ruck nicht über mich, zu groß war die Angst vor dem Schmerz. Weh tat es schließlich dennoch – und vermutlich wird es nie aufhören, zu schmerzen.

Bei meinem Vater sah das Ganze etwas anders aus; der Kontaktabbruch war seine Entscheidung. Als ich etwa neun Monate alt war, beschloss er, nicht mehr Teil meines Lebens sein zu wollen. Er ging und kam nie wieder. Keine Anrufe, keine Briefe, keine Erklärung.

Als ich acht Jahre alt war, erfuhr ich, dass er gestorben war – und mit ihm die Möglichkeit, jemals zu fragen: Warum hast du mich verlassen?

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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