Beginn der Spiele in Paris: Was können die Paralympics bewirken?

© imago/GEPA pictures / Bearbeitung Tagesspiegel

Beginn der Spiele in Paris: Was können die Paralympics bewirken?

Mit den Paralympischen Spielen startet am Mittwoch eines der größten Sportevents weltweit. Unsere drei Expert:innen erklären, welche neuen Chancen dadurch entstehen können.

Von

  • Raul Krauthausen
  • Kirsten Bruhn
  • Friedhelm Julius Beucher

An diesem Mittwoch (20 Uhr, ZDF) steigt in Paris die Eröffnungszeremonie der Paralympics. Das erste Mal werden die Paralympischen Spiele dabei zur Primetime live im deutschen Fernsehen übertragen. Was können diese Paralympischen Spiele bewirken? Und was braucht es für einen nachhaltigen Erfolg? Unsere drei Expert:innen erklären, welche Chancen sich ergeben könnten.

Alle Beiträge unserer Serie „3 auf 1“ finden Sie hier.

Es braucht Begegnungen von Menschen mit und ohne Behinderungen

Die Paralympics in Paris beginnen. Neben Spitzenleistungen bedeutet das: Der Sport von Menschen mit Behinderungen wird so im Fokus der Aufmerksamkeit stehen wie vielleicht nie zuvor. Darin liegen auch Chancen für die Gesellschaft: Es geht darum, Menschen mit Behinderungen besser zu verstehen und zu erkennen, zu welch großartigen (Lebens)Leistungen sie fähig sind – im Sport wie im Alltag.

Es reicht nicht, mit den Paralympics alle zwei Jahre einen weltweiten Leistungsvergleich zu initiieren. Es geht um mehr. Von den Spielen muss eine treibende Kraft für eine weitreichendere Entwicklung ausgehen, die von der Nachwuchsförderung über den Breitensport bis hin zu einer generellen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen nicht nur im Sport führt und dafür sorgt, Barrieren aufzulösen – im öffentlichen Raum wie auch in den Köpfen.

Dafür braucht es Begegnungen von Menschen mit und ohne Behinderungen und dabei helfen auch die Paralympics. Den Impuls dafür geben die Athlet:innen. Sie sind Idole und Mutmacher – und werden mit dafür sorgen, dass sich die Sportlandschaft noch stärker hin zu einer inklusiven bewegt.

Der Sport ist ein Spiegel der Gesellschaft

Die Paralympics können mehr Wahrnehmung für Menschen mit Behinderung generieren. Ebenso mehr Sensibilität und Empathie für Möglichkeiten, die Menschen mit Behinderung haben. Vorurteile können abgebaut oder zumindest hinterfragt werden. Unsere Gesellschaft hat hohe Ansprüche und ebenso wird sie aber auch immer oberflächlicher. Das ist nicht nur ein Widerspruch, sondern auch was Bildung und soziale Entwicklung betrifft mehr als nur eine Zurückentwicklung.

Der direkte Austausch und Selbstreflexion werden immer weniger und dadurch immer mehr verlernt. Da braucht es Verhältnismäßigkeiten und Relationen von Vorbildern oder wie man heute sagt „Leuchttürme“. Die Paralympics können da helfen und Perspektiven wieder in ein gesundes Maß verschieben.

Wertschätzung, Dankbarkeit, Gesundheit, Möglichkeiten nutzen und optimieren, das BESTE aus sich herausholen… Darum geht es beim Sport, bei den Olympischen Spielen und auch bei den Paralympics. Sport ist nicht nur ein Zeitvertreib. Es ist auch ein Spiegel der Gesellschaft. Es gibt Regeln, die für alle gelten, es gibt Sanktionen, wenn man die Regeln nicht einhält.

Das Ziel ist für alle gleich und man spielt und wetteifert nicht gegeneinander, sondern miteinander. Integration und Inklusion werden gelebt und gespielt. Es wäre schön, wenn das auch im Alltag und Berufsleben so umgesetzt werden könnte. Zudem können die Paralympics zeigen, wie weltweit Menschen mit Behinderungen aus dem Sport physische wie mentale Kraft schöpfen und ihr Leben dadurch bereichern und sinnvoll gestalten. Schon beim Schreiben dieser Zeilen bekomme ich Gänsehaut und gebe die Hoffnung nicht auf, dass der Wert des Sports wieder mehr in unserer Gesellschaft gesehen und gelebt wird!

Auch bei den Paralympics liegt die sportliche Leistung im Fokus

Die Paralympics in Paris sollten als sportliches Großereignis ernst genommen werden – es geht um Leistung, nicht um vermeintliche Inspiration. Die Trennung von Olympischen und Paralympischen Spielen zeigt, dass Inklusion noch nicht erreicht ist. Diese Trennung hält die Vorstellung aufrecht, dass Sportler:innen mit Behinderungen abseits des allgemeinen sportlichen Diskurses stehen.

Ein weiteres Problem ist die ungleiche Unterstützung: Während Olympioniken oft Sponsoring erhalten, kämpfen viele Paralympioniken um Finanzierung. Diese Ungleichheit zeigt, wie tief Diskriminierung verankert ist.

Der Fokus muss auf den sportlichen Leistungen liegen, nicht auf der Behinderung. Paralympische Athlet:innen verdienen Anerkennung für ihre Leistungen, nicht für ihren Umgang mit Behinderung.

Die Paralympics sollten nicht als Katalysator für gesellschaftliche Veränderung missverstanden werden. Ihre größte Stärke liegt darin, sportliche Höchstleistungen zu feiern und den Blick auf die bestehende Ungleichheit im Sport zu lenken. Inklusion beginnt nicht mit den Spielen, sondern in der alltäglichen Förderung und Anerkennung der Athlet:innen.

Zur Startseite

  • 3 auf 1
  • Paralympics
  • Paralympics Zeitung

showPaywall:falseisSubscriber:falseisPaid:showPaywallPiano:false

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

Comments (0)
Add Comment