Der Rücktritt von Manuel Neuer war überfällig: Das neue DFB-Team muss sich von der alten Garde emanzipieren

© AFP/Fabrice Coffrini

Der Rücktritt von Manuel Neuer war überfällig: Das neue DFB-Team muss sich von der alten Garde emanzipieren

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft verliert den nächsten Weltmeister. Manuel Neuer ist der Abschied aus dem DFB-Team schwergefallen, überraschend kommt er trotzdem nicht.

Ein Kommentar von Jörg Leopold

Jetzt also auch Manuel Neuer. Nach Toni Kroos und Thomas Müller beendet der Weltmeister-Torwart von 2014 ebenfalls seine Karriere in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Damit wird bei der Nominierung für die anstehenden Spiele in der Nations League nun keiner der Helden von Brasilien mehr im Kader stehen.

Zudem muss sich Bundestrainer Julian Nagelsmann einen neuen Kapitän suchen, auch Ilkay Gündogan erklärte gerade erst seinen Rücktritt aus dem DFB-Team. Die Hackordnung in der Nationalelf wird damit künftig eine andere sein, der Umbruch – von Nagelsmann durchaus forciert – nähert sich seinem Abschluss.

Manuel Neuer, in seinen Glanzzeiten der weltweit beste Torwart auf und vor der Linie und sogar außerhalb des Strafraums, war schon länger nicht mehr unumstritten. Dass Nagelsmann ihm den Status der Nummer eins schon frühzeitig vor der EM garantiert hatte und auch daran festhielt, als der Bayern-Torwart im Vorfeld des Turniers wiederholt patzte, stieß nicht auf ungeteilte Zustimmung unter den 80 Millionen anderen Bundestrainern in Deutschland.

Auch deshalb ist dieser Rücktritt naheliegend, manch einer wird vielleicht sogar sagen: Er war überfällig. Neuer ist inzwischen 38 Jahre alt, hat fast alles gewonnen an Titeln mit seinen Mannschaften und er hat jede Menge persönliche Ehrungen eingeheimst. Er muss niemandem mehr etwas beweisen. Abgesehen vielleicht von sich selbst. Wohl wissend, dass der Manuel Neuer von 2024 nicht mehr der von 2014 ist.

Beim FC Bayern will er weitermachen und bekanntlich geht man ja niemals so ganz. Sollte es auf der Torhüterposition in der Nationalelf Bedarf geben und er selbst in München stabile Leistungen zeigen, könnte der Ruf nach Neuer für die WM 2026 auch noch einmal erklingen.

Dass Julian Nagelsmann sich nicht scheut, auf einstige Helden zurückgreifen, hat er mit der Rückholaktion von Toni Kroos nachdrücklich gezeigt.

Jetzt aber gehört die Nationalmannschaft der nächsten Generation. Und die muss erst einmal beweisen, dass sie es einem Kroos, Müller oder eben Neuer nachmachen und ebenfalls Großes gewinnen kann. Es ist Chance wie Risiko zugleich. Und es ist alternativlos. Das neue DFB-Team muss sich emanzipieren von den alten Recken. Es kann sich aber auch nicht mehr hinter ihnen verstecken.

Neuer hat als Nächster den Weg dafür frei gemacht. Wer ihn und seinen Ehrgeiz kennt, wird erahnen können, wie schwer ihm das gefallen ist. Den Zeitpunkt des Abschieds selbst zu bestimmen, ist vielleicht die schwierigste Prüfung für einen Leistungssportler. Manuel Neuer hat auch diese im Stile eines Champions gemeistert.

Zur Startseite

  • Manuel Neuer
  • Nationalelf

showPaywall:falseisSubscriber:falseisPaid:showPaywallPiano:false

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

Comments (0)
Add Comment