Anleitung für die richtige Kabinenansprache: WAS ZWEITE BUNDESLIGA?!! JUCKT MICH NICHT, MANN!!!!

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Anleitung für die richtige Kabinenansprache: WAS ZWEITE BUNDESLIGA?!! JUCKT MICH NICHT, MANN!!!!

Fatlum Elezi von den Sportfreunden Lotte schreit sein Team heiß auf das Pokalspiel gegen den KSC. Doch das geht gründlich schief. Hat er etwas falsch gemacht? Oder kochen die Badener gar mit kaltem Wasser?

Eine Glosse von

„Leichtes Kribbeln, ja?! Gänsehaut, ja?!!! Für alle, die es nicht wissen: ICH BIN BERLINER, DIGGA, JA?!!!! NEUKÖLLN 44!!! GEWACHSEN AUF BETON!!!!!! Da hat der Sport angefangen, JAAAA?!! Fußball spielen auf dem Bolzplatz! Diese Siegermentalität hab’ ich damals schon gelernt!!!“

Na, sind Sie schon angefixt, sind Sie heiß wie Frittenfett? Jetzt rausgehen und es dem Gegner zeigen!

Was, nein?! Noch nicht? Okay, dann anschnallen, es geht noch weiter:

„Draußen auf dem Platz, elf gegen elf, Mann gegen Mann. Es gibt nur einen Sieger und einen Verlierer. UND DAS WILL ICH SEHEN MÄNNER, JA?!!! Die kochen auch nur mit Wasser, JA?!!! WAS ZWEITE BUNDESLIGA?!! JUCKT MICH NICHT, MANN!!!!

MEINE FAMILIE STARK, WIR SIND STÄRKER!!! UND DAS WERDEN WIR HEUTE ZEIGEN, JAAAAA!!!“

Jetzt aber, oder?!

Was, Sie finden, das ergibt keinen Sinn? Dass der persönliche Neukölln-Hintergrund des Protagonisten nur bedingt Motivationsgrundlage für die Mannschaft sein kann? Und dass der Satz „meine Familie stark (sic!), wir sind stärker“ ebenso sinnfrei ist?

Immerhin: Auch bei mehrfacher Ansicht des Videos sind keine Spieler zu erkennen, die sich die Bäuche halten oder das Gesicht verziehen, um das Lachen, das ganz dringend herauswill, zu unterdrücken. So wie man es etwa von den Soldaten des Pontius Pilatus aus „Das Leben des Brian“ kennt, als dieser eine seiner gefürchteten Ansprachen hält.

Die Spieler des Regionalligisten Sportfreunde Lotte halten alle still und hören zu, was ihr Kapitän Fatlum Elezi alles zu sagen hat. Das Video ist gern und häufig gesehen, weil es – sicher unfreiwillig – vielen Menschen ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Es zeigt die Mannschaft am vergangenen Sonntag vor dem DFB-Pokalspiel gegen den Zweitligisten Karlsruher SC.

Die auf Video festgehaltenen Ansprachen von bis auf die Haarspitzen motivierten Underdogs aus den Niederungen des Fußballs sind ein hübsches Anhängsel des traditionsreichen DFB-Pokals geworden. Fast vor jedem Spieltag findet sich jemand, der besonders knallige Worte an sein Team richtet.

Das Wichtigste ist die Form der Ansprache, das heißt: Sie muss klanglich richtig aufgebaut sein. So schwer ist es nicht: Recht leise beginnen, dann etwas lauter werden, ehe man in den SCHREIMODUS ÜBERGEHT!!!

Ob der Satz grammatikalisch richtig oder falsch ist, ob er Sinn ergibt oder nicht – alles egal! Hauptsache SCHREIEEEEN, JAAAAAA?!!!!

Übrigens: Die hochmotivierten Spieler der Sportfreunde bekamen nach zwei Minuten das erste Tor vom KSC eingeschenkt. Nach 90 Minuten stand es 0:5. Aber egal. „DIE KOCHEN TROTZDEM NUR MIT WASSSER!!!!!“ Oder nicht?!?

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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