Ein Berliner gegen Hertha BSC: Der Ex-Unioner Fisnik Asllani überzeugt in der Zweiten Liga

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Ein Berliner gegen Hertha BSC: Der Ex-Unioner Fisnik Asllani überzeugt in der Zweiten Liga

Der Sprung aus der Jugend zu den Profis ist Fisnik Asllani beim 1. FC Union verwehrt geblieben. Bei der SV Elversberg aber zeigt der Mittelstürmer gerade, welches Potenzial er hat.

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Nach dem Gesetz der Serie steht Fisnik Asllani in der kommenden Saison ein gewaltiger Karrieresprung bevor. Der 22-Jährige spielt gerade auf Leihbasis beim Fußball-Zweitligisten SV Elversberg. So wie vor ihm Nick Woltemade, der jetzt beim Champions-League-Teilnehmer VfB Stuttgart unter Vertrag steht. Oder Paul Wanner, der vorige Saison in Elversberg aktiv war und inzwischen als potenzieller deutscher Nationalspieler gehandelt wird.

Gora Sen würde das – also das mit dem Karrieresprung – nicht überraschen. Als er zum ersten Mal mit Fisnik Asllani zu tun hatte, da war er, wie er sagt, gleich „schockverliebt“ in den Jungen. Mehr als sechs Jahre ist das inzwischen her.

Sen hat damals die U-16-Auswahl des Berliner Fußball-Verbandes betreut. Fisnik Asllani aus der Jugend des 1. FC Union war definitiv keines jener Talente, bei denen schon in frühen Jahren alle Experten geraunt haben, den Namen sollte man sich unbedingt merken.

„Er war ein relativ unbedeutender Spieler bei Union“, erinnert sich Sen. Asllani ist im August 2002 geboren, in der zweiten Jahreshälfte also. Gerade in der Jugend kann das Geburtsdatum entscheidenden Einfluss haben. Die älteren Spieler eines Jahrgangs sind körperlich weiter: Sie sind größer, stärker, athletischer als die jüngeren. Dass sie deswegen auch fußballerisch besser sind, ist hingegen nicht zwingend gesagt.

Er hat ein großes Spielverständnis, eine auffällige Abschlussqualität und eine Lauffreude, die enorm ist.

Horst Steffen, Trainer der SV Elversberg, über Fisnik Asllani

Asllani jedenfalls wusste sich auf seine Art zu helfen. Oder hat es zumindest probiert. „Was er versucht hat, hat meistens nicht geklappt“, sagt Sen. „Aber es war grandios.“

In der Regel wachsen sich die körperlichen Defizite irgendwann aus. Bei Fisnik Asllani, der inzwischen 1,91 Meter misst, hat der Entwicklungsschub nach der U 16 eingesetzt. Und dann umso heftiger. Für die B-Jugend des 1. FC Union erzielte er in 23 Bundesligaspielen 23 Tore (sieben weitere bereitete er vor); in der U 19 traf er in 16 Spielen 15-Mal (bei ebenfalls sieben Assists).

Schnupperkurs. Unter Trainer Urs Fischer durfte Fisnik Asllani zweimal mit den Profis des 1. FC Union ins Wintertrainingslager reisen.

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Plötzlich galt er Toptalent, an dem sogar Bayern München Interesse gezeigt haben soll. „Er hat eine eingebaute Torgarantie“, hat André Hofschneider, Cheftrainer in Unions Nachwuchsleistungszentrum, in jener Zeit über Asllani gesagt. „Bei ihm sieht es immer so einfach aus. Er weiß, wie Fußball geht.“

Bei den Profis der Köpenicker aber hat er nie eine echte Chance bekommen – weil der Verein andere Prioritäten gesetzt hat. „Bei Union lief es jetzt seit Jahren sehr gut und erfolgreich, deshalb gab es kaum einen Grund, an der Ausrichtung etwas zu ändern“, sagt Asllani. Für junge Spieler wie ihn sei es daher nicht immer einfach gewesen.

Zweimal durfte er unter Trainer Urs Fischer mit Unions Profis ins Wintertrainingslager reisen, ein Pflichtspiel aber hat er für seinen Ausbildungsklub nie bestritten. „Man hat’s ihm nicht zugetraut“, sagt Sen.

2026läuft Asllanis Vertrag bei der TSG Hoffenheim aus, von dem er für ein Jahr nach Elversberg verliehen ist

Im Sommer 2020, mit knapp 18, wechselte Asllani zur TSG Hoffenheim. Ablösefrei. Er spielte dort zunächst für die U 23 in der Regionalliga, feierte im November 2021 unter Trainer Sebastian Hoeneß sein Bundesligadebüt und unterschrieb kurz darauf seinen ersten Profivertrag. Insgesamt zehn Erstligaspiele hat Asllani für die TSG bestritten, bei der er noch bis 2026 unter Vertrag steht.

In der Zweiten Liga angekommen. Für seinen Leihverein SV Elversberg erzielte Fisnik Asllani an den ersten sechs Spieltagen der Saison vier Tore.

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Schon in der vergangenen Saison war er verliehen, an Austria Wien, seit dem Sommer nun spielt Asllani für die SV Elversberg in der Zweiten Liga. „Fisnik hat einen feinen Charakter. Er ist für sein Alter sehr reif und auf dem Weg, ein Führungsspieler zu werden“, sagt deren Sportvorstand Ole Book.

An diesem Sonntag kehrt Asllani mit seinem Klub in die alte Heimat zurück. Seine Familie wird im Olympiastadion auf der Tribüne sitzen, wenn die SVE auf Hertha BSC trifft (13.30 Uhr, live bei Sky). „Es ist schon etwas länger her, dass ich gegen Hertha gespielt habe – deswegen freue ich mich umso mehr“, sagt Asllani.

Reflektiert, selbstbewusst und sehr professionell

Dass er bei den Saarländern von Anfang an auflaufen wird, ist so gut wie sicher. Seit dem dritten Spieltag stand der Mittelstürmer mit der ungewöhnlichen Trikotnummer 10 jedes Mal in der Startelf – nachdem er als Einwechselspieler gegen den 1. FC Köln mit seinem ersten Torschuss in der Zweiten Liga überhaupt gleich sein erstes Tor erzielt hatte.

„Fisnik ist in der Zweiten Liga angekommen. Er hat sehr schnell einen guten Eindruck hinterlassen“, sagt Elversbergs Trainer Horst Steffen am Telefon. Er kennt Asllani noch aus der Zeit, als der mit der U 23 der Hoffenheimer in der Regionalliga Südwest gegen die SVE gespielt hat. „Wir hatten ihn lange auf dem Schirm.“

Was Asllani auszeichnet? „Ein großes Spielverständnis, eine auffällige Abschlussqualität und eine Lauffreude, die enorm ist“, antwortet Steffen. Dazu kommt eine Professionalität, die Elversbergs Trainer für außergewöhnlich hält. „Man merkt, wie sehr er sich mit dem Spiel beschäftigt“, erzählt er.

Wenn Steffen dem Stürmer bei der Nachbearbeitung eines Spiels bestimmte Szenen zeigen will, „weiß er direkt Bescheid“. Asllani habe fast alle Situationen im Gedächtnis abgespeichert und könne sie umgehend abrufen. Sehr reflektiert und trotzdem selbstbewusst in seinem Auftreten, so erlebt Steffen den 22-Jährigen.

Wenn es für den gebürtigen Berliner – einen von dreien im Kader der Elversberger – so weiterläuft wie im Moment, dürfte die Zweite Liga tatsächlich nur eine Zwischenstation sein. Anfang des Monats hat Asllani in der Nations League für die A-Nationalmannschaft des Kosovo debütiert, nachdem er in der U 18 und U 20 noch für Deutschland gespielt hat.

Im Verein kommt Asllani inzwischen auf vier Treffer und zwei Vorlagen und ist damit – jeweils hinter Budu Zizivadze vom Karlsruher SC – sowohl der zweitbeste Torschütze als auch der zweitbeste Scorer der Liga.

Das spektakulärste seiner vier Saisontore ist ihm gegen Darmstadt 98 gelungen. Asllani bewegte sich von der linken Seite, begleitet von drei Darmstädtern, mit dem Ball am Fuß Richtung Strafraum. Urplötzlich zog er den Ball mit rechts in die Mitte, die Verteidiger grätschten allesamt ins Leere, mit links schoss er den Ball ins Tor.

Gora Sen, Asllanis früherer Trainer in der Berlin-Auswahl, kennt solche Aktionen. „Er war nie überschnell, aber er hatte die Fähigkeit, fußballerisch schnell zu handeln“, sagt er. „Weil man bei ihm das Gefühl hatte, dass er immer schon weiß, was im nächsten Moment passiert.“

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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