„Entlastung in Zeiten hoher Preise“: Fast 26 Millionen Beschäftigte profitieren von Inflationsprämie

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„Entlastung in Zeiten hoher Preise“: Fast 26 Millionen Beschäftigte profitieren von Inflationsprämie

Einer Studie der gewerkschaftlichen Böckler-Stiftung zufolge hat das Geld die Kaufkraft der Verbraucher gestärkt und damit die Wirtschaft stabilisiert. Höhere Einkommen profitieren stärker.

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Fast 26 Millionen Beschäftigte haben mehr als 52 Milliarden Euro als Inflationsausgleichsprämie erhalten. Einer Studie der gewerkschaftlichen Böckler-Stiftung zufolge hat das Geld die Kaufkraft der Verbraucher und damit die Wirtschaft insgesamt stabilisiert. Rund zwei Drittel der Arbeitnehmer, die eine Prämie erhielten, „empfinden die Einmalzahlung als mittlere bis große Entlastung in Zeiten hoher Preise“, schreibt das Wirtschaftsinstitut IMK der Böckler-Stiftung.

Um die wirtschaftlichen Folgen des Ukrainekriegs abzufedern und um den Tarifparteien ein Instrument zur Kompromissfindung an die Hand zu geben, hatte die Bundesregierung 2022 die Möglichkeit eingeräumt, Beschäftigten bis Ende 2024 bis zu 3000 Euro steuer- und abgabenfrei zusätzlich zum Lohn auszuzahlen.

„Die Inflationsausgleichsprämie hat einen relevanten Beitrag zur finanziellen Entlastung vieler Beschäftigter, zur Stabilisierung der Kaufkraft, zur Begrenzung des Kostendrucks durch Zweitrundeneffekte bei den Löhnen und zur Verbesserung des Vertrauens in politische Institutionen in der Hochinflationsphase 2022 bis 2023 geleistet“, schreibt das IMK.

Gesamtwirtschaftlich entspreche die Prämie etwa einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts; die Lohnstückkosten, die das Verhältnis von Kosten und Produktivität wiedergeben, seien um rund 1,5 Prozent gesenkt worden.

1953Euro wurden im Schnitt ausgezahlt.

Für ihre Untersuchung haben die Ökonomen Ergebnisse einer Befragung von rund 9600 Personen ausgewertet. 69 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten geben an, dass sie seit Herbst 2022 mindestens einmal eine Inflationsausgleichsprämie bekommen haben, im Schnitt wurden insgesamt 1953 Euro gezahlt. Hochgerechnet auf alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland ergäbe das unter Einbeziehung von Beamtinnen und Beamten 25,8 Millionen Begünstigte, die insgesamt 52,5 Milliarden Euro erhalten haben.

Mehr Geld mit Tarif

„Erheblichen Einfluss auf die Zusatzzahlung“ habe die Tarifbindung: Von den Beschäftigten mit Tarifvertrag bekamen 77 Prozent eine Prämie, wobei die Auszahlungssumme bei Vollzeit durchschnittlich 2272 Euro betrug. Ohne Tarif beträgt die Quote 61 Prozent und die Durchschnittssumme 1838 Euro. Auch Mitbestimmung spielt eine Rolle: Während 77 Prozent der Beschäftigten mit Betriebs- oder Personalrat eine Prämie ausgezahlt wurde, sind es bei denen ohne Arbeitnehmervertretung 59 Prozent.

„In der Einkommenspyramide haben die oberen Etagen häufiger profitiert“, schreibt das IMK. In der Gruppe ab 4500 Euro Haushaltsnettoeinkommen beträgt der Anteil 77 Prozent, in der Beschäftigtengruppe bis unter 2000 Euro nur 50 Prozent. Bei der absoluten Höhe liegen die Einkommensstarken mit 2356 Euro vor den Geringverdienenden mit 1398 Euro.

Die Tarifparteien sind jetzt gefragt, für Lohnerhöhungen zu sorgen, die die Kaufkraft auch ohne weitere Prämien stärken.

Sebastian Dullien, Dirketor des Wirtschaftsinstituts IMK der Böckler-Stiftung

Für rund zwei Drittel der Prämienempfänger stellte das Geld eine „eine mittlere oder große finanzielle Entlastung dar“. Das wirkte sich offenbar auch auf die Zuversicht und das Zutrauen in den Staat aus: 42 Prozent der Befragten ohne Prämie haben überhaupt kein Vertrauen in die Regierung, bei den Befragten mit Prämie ist es rund ein Drittel.

Die gezahlten Summen seien tatsächlich „gesamtwirtschaftlich relevant“ gewesen, heißt es schließlich in der Studie. 2022 und 2023 entsprachen sie jeweils 1,8 und 1,5 Prozent der Nettolöhne.

Die Ergebnisse zeigten, dass eine konzertierte Aktion von Staat, Gewerkschaften und Arbeitgebern externe Schocks abfedern und die Wirtschaft stabilisieren könne, resümieren die IMK-Forscher.

Einziges Manko der Prämie sei die begrenzte Laufzeit bis Ende 2024. „Die Tarifparteien sind jetzt gefragt, für Lohnerhöhungen zu sorgen, die die Kaufkraft auch ohne weitere Prämien stärken“, meinte IMK-Direktor Sebastian Dullien.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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