Höhere Schienenmaut wegen Ampel-Haushalt: Wie die Länder Kürzungen beim Bahnangebot verhindern wollen

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Höhere Schienenmaut wegen Ampel-Haushalt: Wie die Länder Kürzungen beim Bahnangebot verhindern wollen

Wegen der Haushaltseinigung der Ampel soll die Schienenmaut deutlich steigen. Es drohen weniger Züge und teurere Tickets. Die Länder und die Bahnbranche wollen das nicht hinnehmen.

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Monatelang haben Kanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) über den Haushalt für das kommende Jahr verhandelt und hatten dabei vor allem ein Ziel vor Augen: Bloß nicht wieder einen Aufstand riskieren – wie im Dezember und Januar, als die Bauern wochenlang gegen die Streichung von Agrarsubventionen protestierten.

Gemessen daran sind die Wortmeldungen an diesem Dienstag einigermaßen katastrophal für die Ampel. Da warnt etwa Nordrhein-Westfalens Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne): „Wesentliche Teile des Nahverkehrs werden einfach nicht mehr stattfinden.“ Flix-Chef André Schwämmlein prognostiziert „höhere Ticketpreise“ in Fernzügen – bei Flixtrain und bei der weit größeren Deutschen Bahn.

Und die Bahngewerkschaft EVG fürchtet, dass wegen der Haushaltstricks der Ampel, „einige Fernverkehrsverbindungen und Güterzüge nicht mehr wirtschaftlich sind und gestrichen werden müssen“.

Denn mit ihrem unter Schmerzen gefundenen Haushaltskompromiss bürdet die Ampel der Bahnbranche hohe zusätzliche Kosten auf. Faktisch wälzt der Staat damit die Kosten für die Sanierung des jahrelang vernachlässigten Schienennetzes im kommenden Jahr zu einem gewichtigen Teil auf Eisenbahnbetreiber ab.

4,5 Milliarden Euro weniger Bundeszuschüsse

Konkret soll die Deutsche Bahn 2025 für die Modernisierung des Schienennetzes 4,5 Milliarden Euro weniger aus dem Bundeshaushalt erhalten. Stattdessen soll die Bahn die Bauarbeiten mit frischem Eigenkapital in derselben Höhe finanzieren. Finanzminister Christian Lindner (FDP) freut sich, weil er das an der Schuldenbremse vorbei mit Krediten finanzieren kann.

Die Bahn allerdings ist gesetzlich verpflichtet, beim Staat für das eingesetzte Kapital 5,9 Prozent Gewinn abzuliefern. Ihr bleibt deshalb nichts andres übrig, als die Schienenmaut zu erhöhen – für die eigenen Züge wie für die Züge der privaten Konkurrenz.

23,5Prozent teuer soll die Schienenmaut im Regionalverkehr 2026 werden.

Am Dienstag hat die zuständige Bahntochter DB InfraGO nun mitgeteilt, wie viel teurer die Nutzung des Schienennetzes dadurch und durch eine ohnehin geplante Eigenkapitalerhöhung von 5,9 Milliarden Euro wird. Die sogenannten Trassenpreise sollen für Regionalzüge 2026 um 23,5 Prozent steigen. Güterzüge sollen knapp 15 Prozent mehr zahlen und Fernzüge zehn Prozent mehr.

Die höhere Belastung für den Regionalverkehr will die InfraGO durchsetzen, weil der Nahverkehr zuletzt von Kostensteigerungen auf Druck der Länder ausgenommen wurde, wodurch der Fern- und Güterverkehr überdurchschnittlich belastet wurde. Derzeit läuft dazu auch eine Klage der InfraGO vor dem Verwaltungsgericht Köln.

Scharfer Länder-Protest

Da die Länder die Regionalzüge maßgeblich finanzieren, hat Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) wegen der happigen Kostensteigerung nun einen Aufstand seiner Länderkollegen an der Backe. „So geht das nicht. So kann die Verkehrswende nicht gelingen“, sagt Brandenburgs Verkehrsminister Rainer Genilke (CDU) dem Tagesspiegel. „In einem Flächenland wie Brandenburg ist ein attraktiver und bezahlbarer Schienenpersonennahverkehr unverzichtbar“, belehrt Genilke die Ampel.

So geht das nicht. So kann die Verkehrswende nicht gelingen.

Brandenburgs Verkehrsminister Rainer Genilke (CDU)

Eine Erhöhung der Trassenpreise in dieser Größenordnung ab 2026 bedeute allein für NRW eine Zusatzbelastung im dreistelligen Millionenbereich, sagt Oliver Krischer. Er warnt angesichts der unvermeidlichen Zugabstellungen bereits vor „noch mehr Autoverkehr, noch mehr Staus und einer noch schlechteren Klimabilanz des Verkehrssektors“.

Und Berlins Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) sagt dem Tagesspiegel, der Bunde solle seine Regionalisierungsmittel für den Nahverkehr entsprechend erhöhen, „damit die Bundesländer nicht gezwungen sind, Verkehrsleistungen abbestellen zu müssen“.

Im Bundesverkehrsministerium will man das Problem auf andere Weise lösen. Die InfraGO soll mit dem eingesetzten Eigenkapital künftig weniger Rendite erwirtschaften müssen. Von nur noch zwei Prozent statt 5,9 Prozent ist die Rede.

Schienenmaut soll schon lange überarbeitet werden

Dem Verband Die Güterbahnen reicht das nicht. Geschäftsführer Peter Westenberger fordert, dass die gemeinwohlorientierte InfraGO künftig auf Gewinne ganz verzichtet. Der Gesetzgeber müsse den zwingenden Weg von der Eigenkapitalhöhe zum Gewinnanspruch beenden.

Wissing muss sich mühen, die aufgeregte Debatte wieder einzufangen. Für den Ärger kann der Verkehrsminister allerdings nicht allein die Ampelspitzen verantwortlich machen. Denn eine Reform der Trassenpreise im Eisenbahnregulierungsgesetz ist schon seit längerer Zeit in der Diskussion. Bisher ohne Ergebnis.

Daran erinnert am Dienstag auch Flix-Chef André Schwämmlein. „Die Branche weist seit Jahren darauf hin, dass das Trassenpreissystem in Deutschland dringend überarbeitet werden muss“, sagt er dem Tagesspiegel. Wissing, fordert er, müsse „schon in den nächsten Wochen die Arbeit an einer konkreten Trassenpreisreform beginnen“.

Im Koalitionsvertrag hatte sich die Ampel sogar vorgenommen, die Nutzung der Schiene solle günstiger werden, „um die Wettbewerbsfähigkeit der Bahnen zu stärken“. Doch als hätten die angehenden Ampelpartner schon eine böse Vorahnung gehabt, steht da die Einschränkung: „sofern haushalterisch machbar“. Nun geht es nur noch darum, einen beispiellosen Anstieg zu verhindern.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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