Mehrere Festnahmen wegen Flaschenwürfen: Gruppe singt nach Palästina-Demo „Sylter Lied“

© dpa/Paul Zinken

Update Mehrere Festnahmen wegen Flaschenwürfen: Gruppe singt nach Palästina-Demo „Sylter Lied“

Erneut kommt es bei einer pro-palästinensischen Demonstration zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. In der Sonnenallee stimmt eine Gruppe zudem rassistische Parolen an.

Von

Die Berliner Polizei war am Mittwochabend erneut wegen einer angemeldeten Demonstration aus dem pro-palästinensischen Spektrum gefordert. Der Protest stand unter dem Motto „We charge you with Genocide, stop the massacre in Rafah“ und startete um kurz nach 18 Uhr am Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg. 4500 Menschen waren laut Polizeiangaben in der Spitze vor Ort. Deutlich mehr als erwartet, die Organisatoren hatten zuvor bei der Polizei tausend Teilnehmer angemeldet.

© Julius Geiler

Im Nachgang der Demonstration kam es nach Angaben der Polizei aus einer Gruppe von 50 Personen heraus zu „fremdenfeindlichen“ Parolen. Nach Tagesspiegel-Informationen wurde von der Menge das sogenannte „Sylter Lied“, eine umgedichtete Version des Songs „L’Amour toujours“ des italienischen DJs Gigi D’Agostino angestimmt.

Bei dem abgewandelten Text, handelt es sich um die Neonazi-Parole „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“, die durch ein Video von der Nordsee-Insel Sylt bundesweit Bekanntheit erlangte. Der Vorfall trug sich direkt vor dem Hähnchen-Schnellrestaurant „Risa“ in der Sonnenallee zu, die Polizei sprach daraufhin Platzverweise aus. Unklar ist laut Polizei, was für eine Gruppe den Song anstimmte. Es deutet jedoch nichts auf die Präsenz von organisierten Rechtsextremisten an diesem Ort zu dieser Uhrzeit hin.

Noch während der Demonstration war immer wieder von einer Gruppe aus der Mitte des Protestzugs „Yallah, Yallah intifada“ und die verbotene Parole „From the river to the sea“ zu hören. Auch andere antiisraelische Parolen wurden gerufen, ebenso wie der Spruch „Kindermörder Israel“, der als antisemitisch gedeutet wird.

Zu sehen waren auch Schilder mit der Aufschrift „Berlin shall burn“ (Berlin soll brennen) und „Fuck you Germany“ (Fick dich, Deutschland). Vereinzelt kam es zu Rangeleien mit der Polizei. Auch Pyrotechnik wurde am späten Abend vereinzelt gezündet.

Die Stimmung war aufgeheizt. „Ganz Berlin hasst die Polizei“ war zu hören, als die Polizei eine Teilnehmerin der Demonstration festnahm. Vereinzelt wurden Steine und Flaschen in Richtung der Beamten geworfen, einige wurden verletzt. Ein Beamter soll sich laut Polizeimitteilung eine Handverletzung zugezogen haben und konnte seinen Dienst nicht mehr fortsetzen. Zwei weitere Einsatzkräfte erlitten durch die Flaschenwürfe Prellungen, arbeiteten jedoch weiter. Insgesamt acht Polizisten erlitten Verletzungen, sieben konnten ihren Dienst fortsetzen.

Mehrere Strafermittlungsverfahren eingeleitet

Insgesamt mussten die Einsatzkräfte 14 Freiheitsbeschränkungen, gegen sechs Frauen und acht Männer durchführen. Zudem wurden 19 Strafermittlungsverfahren eingeleitet, unter anderem wegen des Verdachts des besonders schweren Landfriedensbruches, des tätlichen Angriffes und Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte sowie wegen des Verdachts der Volksverhetzung.

Die Polizei hatte die Sonnenallee, auf der es bei vergangenen antiisraelischen Protesten immer wieder zu Ausschreitungen kam, vorsorglich abgeriegelt. Auch Wasserwerfer standen bereit – einer davon wurde laut Deutscher Presse-Agentur zur Abschreckung eingesetzt.

Pyrotechnik und Feuer

Nach Ende der Demonstration gegen 22.15 Uhr trafen Einsatzkräfte der Polizei auf der Sonnenallee und Hermannplatz Menschen, die Pyrotechnik abbrannten.

Außerdem stellte die Polizei gegen 23 Uhr auf der Sonnenallee zwischen Reuterstraße und Fuldastraße brennende Müllcontainer und Autoreifen fest. Anwohner und Einsatzkräfte konnten diese gemeinsam löschen. 420 Einsatzkräfte waren am Abend vor Ort.

Auf der Kreuzung Sonnenallee und Weichselstraße befanden sich rund 150 Personen. Sie wurden von den Beamten angesprochen und ebenfalls des Weges verwiesen. Nach Ende der eigentlichen Demonstration musste die Polizei im Rahmen dieser nachgeordneten Maßnahmen insgesamt acht Freiheitsbeschränkungen durchführen.

Mobilisierung von vielen Seiten

Insbesondere in den sozialen Netzwerken war im Vorfeld eine vergleichsweise großflächige Mobilisierung zu erkennen. Auch Gruppen aus dem klassisch linksradikalen Spektrum Berlins riefen zu der Demonstration auf, darunter die „Interventionistische Linke“, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

Gleichzeitig riefen verschiedene Akteure der propalästinensischen Szene der Hauptstadt zu der Demonstration auf, darunter die „Student Coalition Berlin“, die auch an der zweitägigen Besetzung der Humboldt-Universität beteiligt war.

In den vergangenen Wochen war es immer wieder bei Dunkelheit zu Ausschreitungen in der Neuköllner Sonnenallee zwischen Palästina-Demonstranten und der Polizei gekommen. Zuletzt wurden am späten Dienstagabend Beamten aus der Menge heraus mit Flaschen beworfen. Die Demonstranten kritisieren hingehen die Einsatzkräfte für aus ihrer Sicht überzogene Polizeigewalt.

Zur Startseite

  • Antisemitismus
  • Friedrichshain-Kreuzberg
  • Hermannplatz
  • Kottbusser Tor
  • Krieg in Nahost
  • Neukölln
  • Oranienplatz
  • Sonnenallee

showPaywall:falseisSubscriber:falseisPaid:showPaywallPiano:false

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

Comments (0)
Add Comment