Mit Schalk im Nacken plötzlich in der Hitparade: Gala erinnert an den Berliner Liedermacher Ulrich Roski

© Ulrich Roski

Mit Schalk im Nacken plötzlich in der Hitparade: Gala erinnert an den Berliner Liedermacher Ulrich Roski

Heute ist Roski nicht mehr jedem bekannt. Doch in seiner großen Zeit trat er in der ZDF-Hitparade, bei „Dalli Dalli“ und in der Philharmonie auf. Seine Tochter organisiert eine Gala zu seinen Ehren.

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Läuft doch einem harmlosen Pilzsammler ein Zwergpudel zu, an sich ein Tier ohne Tücke, aber in der Kombination bald hochverdächtig, als das ungleiche Paar in ein Manöver gerät. Spionage? Subversion? Herr und Hund landen erst mal in militärischem Gewahrsam.

So hat sich Goethe „Des Pudels Kern“ nicht vorgestellt, Ulrich Roski schon. Genau 50 Jahre ist der Song alt, „eine Art literarischer Manöverkritik“, wie der Berliner Liedermacher in der kurz vor seinem Tod 2003 erschienenen Autobiographie „In vollen Zügen“ erläuterte.

Sein Lied, meist zum Klavier in einer Art Sprechgesang vorgetragen, war Mitte der siebziger Jahre ein Hit, wurde sogar vom Fernsehen mithilfe der Bundeswehr auf einem Truppenübungsplatz in Szene gesetzt. Als Roski es danach im Casino komplett vortrug, trat allerdings eine gewisse Verstimmung auf. Was er gegen Soldaten habe? „Nichts habe ich gegen Soldaten“, will der Barde, ein wahrer Eulenspiegel, entgegnet haben. „Ich finde nur, man sollte ihnen das Tragen von Schusswaffen untersagen.“

© Sandra Roski/privat

„Des Pudels Kern“ ist im kollektiven Gedächtnis kaum haften geblieben, auch Roski selbst, in der goldenen Zeit der Liedermacher ein Star, ist nicht mehr jedem ein Begriff. Immerhin: Für den 30. September, nachträglich zum 80. Geburtstag, ist im Tipi am Kanzleramt unter dem Titel „Die Kuh muss vom Eis“ eine Ulrich-Roski-Gala angekündigt, initiiert von Tochter Sandra Roski, die damit schon zum sechsten Mal solch einen Gedenkabend zuwege gebracht hat.

Wie üblich ist es eine Benefizveranstaltung zugunsten einer Hilfsorganisation aus dem Gesundheitsbereich, wieder mit Künstlerinnen und Künstlern, die mit ihrem Vater befreundet waren, seinen Weg begleitet haben oder dem Vorbild gefolgt sind. Eine schöne Mischung, diesmal auch mit manchem unbekannteren Werk, sei entstanden, freut sich Sandra Roski. Auch „Des Pudels Kern“ gehöre dazu, dargeboten von Stefan Noelle, dem letzten Bühnenpartner ihres Vaters.

© Sandra Roski/privat

Zum zweiten Mal dabei ist Rainald Grebe, diesmal als Moderator und Rezitator von Schätzen aus Roskis Zettelkasten, einer Sammlung von „unveröffentlichten Gedankensprüngen und Ideen, mit Bleistift auf vergilbtem Papier notiert“, wie Sandra Roski erzählt.

Grebe, der Roski nie erlebt hat und, wie er bekennt, an seinem Werk lange Zeit vorbeigegangen ist, kommt das entgegen. „Sehr virtuos, den Schalk im Nacken“, so lobt er den so früh gestorbenen Kollegen. Er hat aber auch Einwände: Die Lieder seien ihm zu logisch aufgebaut und vor allem zu lang. „Roski hatte die Zeit dazu und sein Publikum hatte sie auch.“ Seine eigene Art des Herangehens sei anders: schnelle Schnitte, kurze Bilder im Sekundentakt.

Roskis Platten waren begehrt wie die von Otto

Also eher skizzierter Szenen statt ausgemalter Geschichten, während ein Lied wie Roskis „Des Pudels Kern“ schon mal fünf Minuten dauerte, was der geschrumpften Aufmerksamkeitsspanne des heutigen Publikums wohl nicht entgegenkäme. In den siebziger und achtziger Jahren aber, Roskis großer Zeit, war das kein Problem. Seine Platten seien so begehrt gewesen wie die von Otto, weiß Grebe. Thomas Gottschalk – und der ist nun wirklich nicht als schüchtern bekannt – habe sogar erzählt, dass er damals nicht gewagt habe, Roski anzusprechen.

Dabei waren dessen Anfänge überaus bescheiden: erste Gehversuche im Schülertheater, übrigens am Französischen Gymnasium, wo Roski als Mitschüler den späteren Kollegen Reinhard Mey kennenlernte, halbherziges Romanistikstudium an der FU, tastendes Tingeln durch die Berliner Clubszene, gekrönt vom ersten Plattenvertrag, dem bald weitere folgten.

Seine politisch nie plakativ-direkten, eher hintersinnigen „Satiren aus dem Alltag“ kamen prima an. Plötzlich fand er sich, wie er in seiner Autobiografie schreibt „unvermutet in der deutschen Hitparade, trat unverdient in Konkurrenz zu Roy Black und Peter Maffay“, wurde nun, nach dem eigenen Debüt im SWF-Talentschuppen, dort selbst Mentor für den Nachwuchs, neben Udo Jürgens. Zweimal hat man ihn sogar in der Berliner Philharmonie bejubelt und schließlich auch bei Hans Rosenthal in „Dalli Dalli“. Kurz: Er war Spitze!

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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