Mitten in Wolfsgruß-Debatte: Erdogan schaut EM-Viertelfinale der Türkei im Berliner Olympiastadion

© dpa/Sören Stache

Update Mitten in Wolfsgruß-Debatte: Erdogan schaut EM-Viertelfinale der Türkei im Berliner Olympiastadion

Am Abend trifft die Türkei bei der EM auf die Niederlande – der türkische Präsident Erdogan ist vor Ort. Die Partie besitzt besondere Brisanz.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ist wie angekündigt nach Berlin gereist, um nach dem Wolfsgruß-Eklat seinem Team im EM-Viertelfinale gegen die Niederlande den Rücken zu stärken. Im dunklen Anzug und mit roter Krawatte saß der 70-Jährige am Samstagabend zusammen mit Ehefrau Emine im Berliner Olympiastadion auf der Tribüne.

Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt (SPD) wollte auch an dem Spiel teilnehmen und Erdogan begrüßen, wie er auf Tagesspiegel-Anfrage bestätigte.

Erdogan war erst kurz vor Anpfiff in der Hauptstadt gelandet und sollte unmittelbar nach dem Spiel wieder zurückfliegen. Für den Kurzbesuch hatte er extra seine geplante Reise nach Aserbaidschan abgesagt, wie die Deutsche Presse-Agentur aus informierten Kreisen erfahren hatte.

Nach Informationen des Tagesspiegels aus Sicherheitskreisen landete Erdogan um 18.15 Uhr am Flughafen BER. Wie die „Berliner Morgenpost“ berichtete, soll die Wagenkolonne des türkischen Präsidenten gegen 20.30 Uhr, rund eine halbe Stunde vor Anpfiff, das Stadion erreicht haben.

Laut Teammanager Hamit Altintop hat der Besuch allerdings nichts mit der Wolfsgruß-Debatte zu tun. „Das war schon vorher abgesprochen, dass unser Staatschef zu diesem Spiel kommen wollte. Das hat mit dem Vorfall oder der Entscheidung der UEFA gar nichts zu tun“, sagte der ehemalige Bundesligaprofi bei MagentaTV.

Erdogan hat sich noch nicht zur Zwei-Spiele-Sperre des türkischen Nationalspielers Merih Demiral durch die Europäische Fußball-Union geäußert. Demiral hatte im Viertelfinalspiel gegen Österreich den Wolfsgruß gezeigt. Der türkische Präsident hatte aber die Kritik an der Geste abgetan, der Spieler habe damit nur sein „Begeisterung“ ausgedrückt.

Fans der Türkei zeigen in Berlin den Wolfsgruß

In der Türkei hatte die Entscheidung der Uefa, Demiral zu sperren, teilweise Empörung ausgelöst. Als „Skandal“ bezeichnete der türkische Sender TRT die Entscheidung, der Präsident des Fußballverbands, Mehhmet Büyükeksi, nannte sie „inakzeptabel, illegal und politisch“. Türkische Fußball-Ultras riefen die Fans auf, im Berliner Olympiastadion den Wolfsgruß zu zeigen – viele taten das dann auch.

Die Torjubel-Affäre hatte zu diplomatischen Verstimmungen zwischen Berlin und Ankara geführt. Am Mittwoch hatte die türkische Regierung den deutschen Botschafter in Ankara einbestellt, nachdem die Bundesregierung Kritik an Demirals Wolfsgruß-Geste geäußert hatte. Das Auswärtige Amt bestellte darauf am Donnerstag seinerseits den türkischen Botschafter in Deutschland ein.

Beim Wolfsgruß repräsentieren Zeige- und kleiner Finger die Ohren, die restlichen das Maul. Dieser sogenannte Wolfsgruß ist das Erkennungszeichen der vom deutschen Verfassungsschutz beobachteten, rechtsextremistischen türkischen „Ülkücü“-Bewegung, auch bezeichnet als Graue Wölfe. In der Türkei wird er etwa von der ultranationalistischen Partei MHP genutzt, die Partner der Regierung unter Erdogan ist.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte die türkischen Fans zum Verzicht auf den Wolfsgruß auf. „Politik hat keinen Platz auf dem Spielfeld“, erklärte der GdP-Bundesvorsitzende, Jochen Kopelke, am Samstag. Dies gelte erst recht, „wenn in ihrem Zentrum menschenverachtende Symbolik zum Ausdruck gebracht wird.“ 

Es sei es dringend notwendig zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen diese Geste verboten werden könne, forderte Kopelke. Auch müssten aufgebrachte türkische Fans Maß finden. „Es handelt sich um ein Hochrisiko-Spiel. Das stellt unsere Kolleginnen und Kollegen vor besondere polizeiliche Herausforderungen.“ (dpa, AFP, epd)

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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