Nach Vorwürfen der sexuellen Belästigung: Wie geht es weiter im Fall des Dirigenten François-Xavier Roth?

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Nach Vorwürfen der sexuellen Belästigung: Wie geht es weiter im Fall des Dirigenten François-Xavier Roth?

Der Generalmusikdirektor der Oper Köln lässt seine Arbeit ruhen, eine Anwaltskanzlei geht den Vorwürfen nach. Offen ist, ob François-Xavier Roth weiter sein Grundgehalt von der Stadt bekommt.

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Noch vor zehn Tagen stand er am Pult der Berliner Philharmoniker, er dirigierte unter anderem die Dritte von Bruckner. Seitdem häufen sich die schlechten Nachrichten über den französischen, international renommierten Dirigenten François-Xavier Roth, der zur Zeit Kapellmeister des Gürzenich Orchesters ist und damit Generalmusikdirektor der Oper Köln.

Die Vorwürfe wiegen schwer: Am 22. Mai hatte das Pariser Magazin „Le Canard enchainé“ eine Investigativrecherche veröffentlicht, der zufolge Roth sexuell anzügliche Chat-Nachrichten an Musikerinnen und Musiker versandt haben soll. In Deutschland zitierte zunächst das Online-Magazin „Van“ aus dem Bericht über das mutmaßliche Fehlverhalten von Roth gegenüber sieben Frauen und Männern im beruflichen Kontext. Die Rede ist von spätabendlich versandten SMS, von Kuss- und Herz-Emojis, auch von „Dickpics“, sprich: Penis-Fotos.

Die geschilderten MeToo-Vorfälle liegen teils etliche Jahre zurück. Bereits vor 2010 sollen junge Musikerinnen und Musiker in Frankreich vor Roths Textnachrichten gewarnt worden sein. Laut „Van“ wird in dem französischen Magazin aber auch der Brief eines Mitglieds des Gürzenicher Orchesters zitiert, in dem ebenfalls von sexuell übergriffigem Verhalten die Rede ist. Roth leitet das Orchester seit 2015.

Am vergangenen Freitag gab Stefan Englert, der Geschäftsführer des Gürzenicher Orchesters, nun bekannt, dass Roth mit sofortiger Wirkung seine Arbeit ruhen lässt, „um dem Gürzenich Orchester und der Oper Köln die Gelegenheit zu geben, die Situation zu klären und aufzuarbeiten“.

Laut „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatte Englert bei einer Orchesterprobe am Vortag folgende Erklärung des Dirigenten verlesen: „Aufgrund der Veröffentlichung eines Presse-Artikels, der aufdeckt, dass ich in der Vergangenheit unangemessene Textnachrichten an Musiker*innen gesendet haben, werden die Orchester, die ich leite, die beschriebenen Verhaltensweisen umfassend untersuchen und Informationen zu den Vorwürfen sammeln. Deshalb habe ich mich dazu entschlossen, das Gürzenich-Orchester vorerst nicht zu dirigieren, um in aller Ruhe die Durchführung der Untersuchungen zu ermöglichen. Ich entschuldige mich bei allen, die ich verletzt haben könnte.“

Bereits auf Nachfrage von „Le Canard enchainé“ hatte Roth, Jahrgang 1971, sich bei möglichen Betroffenen entschuldigt, sollte er zu weit gegangen sein. Dass der Austausch von „intimen Nachrichten“ vorgekommen sei, bestritt er nicht.

Der französische Maestro, der auch Principal Guest Conductor des London Symphony Orchestra ist und als Gastdirigent u.a. die Wiener Philharmoniker, die Bamberger Symphoniker und das Gewandhaus-Orchester leitete, soll ab 2025 eigentlich Chefdirigent und Künstlerischer Leiter des SWR-Symphonieorchesters werden. Dessen Vorgänger-Formation leitete er bereits von 2011 bis 2016. Auch der SWR will laut einem Statement auf seiner Webseite inoffizielle Hinweise prüfen, die den Sender infolge der Berichterstattung erreicht haben. (mit dpa)

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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