Nagelsmanns richtige Botschaften im Scheitern: Was Deutschland vom DFB-Team lernen kann

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Nagelsmanns richtige Botschaften im Scheitern: Was Deutschland vom DFB-Team lernen kann

Nach dem Aus der deutschen Fußball-Nationalmannschaft im EM-Viertelfinale ist die Enttäuschung im Land groß. Allerdings können wir alle viel mitnehmen von den Auftritten der DFB-Auswahl.

Ein Kommentar von Benedikt Paetzholdt

Das Viertelfinal-Aus der deutschen Nationalmannschaft mag sportlich für ein jähes Ende aller Träumereien gesorgt haben. Noch dazu, weil das Ende mit dem nicht gegebenen Elfmeter nach dem Handspiel von Marc Cucurella und dem Last-Minute-Gegentor zum 2:1 für die Spanier einen bitteren Beigeschmack hinterlassen haben.

Bundestrainer Julian Nagelsmann, der selbst überwältigt wirkte von der Wucht dieses Moments, fand bei aller Enttäuschung dennoch Worte, die weit über dieses Turnier hinausragen werden.

„Das sollen die Jungs mitnehmen, dass ein Land, das viel zu viel in Tristesse verfällt, ständig in Tristesse verfällt und in Schwarzmalerei, dass sie es gemeinschaftlich geschafft haben, es ein bisschen aufzuwecken und ihm schöne Momente beschert haben. Ich hoffe, dass diese Symbiose zwischen Fußballfans und Fußballmannschaft auch in der Gesellschaft stattfindet“, sagte der Bundestrainer noch vor der Rückfahrt im Stuttgarter Stadion.

Dieser EM-Sommer könne nachwirken, so die Hoffnung des Bundestrainers. „Dass wir begreifen, dass wir als gemeinschaftliche Gesellschaft auch viel mehr bewegen können, als wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht und jeder individueller sein will als sein Nachbar.“

Die Stimmung in Deutschland ist chronisch gehemmt

In diesen Aussagen Nagelsmanns stecken mehrere Botschaften, die vom Fußballplatz in unseren Alltag ausstrahlen sollen. Dass der Bundestrainer gleich zweimal von Tristesse spricht, mag Zufall sein, aber es trifft die Grundstimmung, die das Land abseits der EM-Stimmung nun schon seit langer Zeit prägt und hemmt.

Die multiplen politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen dieser Tage sind ernst, bereiten den Menschen Sorgen. Aber bei allen berechtigten Zweifeln und Ängsten braucht eine Gesellschaft Optimismus und Glücksmomente. In den vergangenen Wochen hat das DFB-Team diese kollektiv bewirkt. Nun liegt es eben wieder an uns selbst, Räume im Alltag für Zerstreuung und Sorgenfreiheit zu schaffen.

Es war wahnsinnig schön, für euch auf dem Platz zu kämpfen.

Niclas Füllkrug, deutscher Fußball-Nationalspieler

Und natürlich wäre es hilfreich, wenn die politischen Akteure den Modus des Dauer-Wahlkampfes beenden würden. Die Identifikation mit dem eigenen Land, mit der Demokratie, fällt schwer, wenn es in der politischen Kommunikation vermehrt darum geht, die Konkurrenz bloßzustellen.

Symbiose und Gemeinschaft sind zwei weitere Begriffe in Nagelsmanns Ausführungen, die von zentraler Rolle und untrennbar miteinander verbunden sind.

Eine Fußballmannschaft ist nur dann erfolgreich und kann auch nur dann mitreißen, wenn sich viele Individuen einem gemeinsamen Plan unterordnen. Und wenn jede und jeder – abhängig von seinen individuellen Fähigkeiten – alles einbringt, um das Ziel zu erfüllen.

„Es war wahnsinnig schön, für euch auf dem Platz zu kämpfen“, schwärmte Angreifer Niclas Füllkrug von der Unterstützung, die das sportliche Scheitern überstrahlt. „Schade, dass es nur bis zum Viertelfinale war. Ihr wart auf jeden Fall überragend.“

So ärgerlich der Ausgang für das deutsche Team war, so bleibt das Gefühl, dass sich jeder für den anderen eingesetzt und ein geschlossenes Bild abgegeben hat. Es wäre wünschenswert, wenn wir das künftig alle gemeinsam in diesem Land auch wieder etwas häufiger versuchen würden.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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