Schluss mit fossiler Energie: Wie lange heizen wir noch mit Gas?

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Schluss mit fossiler Energie: Wie lange heizen wir noch mit Gas?

Bis 2045 müssen alle Gebäude in Deutschland CO₂-neutral beheizt werden. Noch dominieren Öl- und Gasheizungen die Wohnungen – wie lange noch?

Von

  • Ingebert Liebing
  • Claudia Kemfert
  • Thomas Engelke

Ab 2045 dürfen klassische Gasheizungen, die herkömmliches Erdgas oder Heizöl verfeuern, nicht mehr in Gebäuden betrieben werden. Eine gewaltige Veränderung steht an. Denn fast 50 Prozent der Wohnungen in Deutschland nutzen aktuell Erdgas als Energieträger – gefolgt von Heizen mit Öl.

Werden die neuen staatlichen Vorgaben dazu führen, dass die alten Gasheizungen schon viel früher aus den deutschen Wohnungen verschwinden? Zwei Experten und eine Expertin analysieren die Situation.

Alle Folgen unserer Serie „3 auf 1“ finden Sie hier.

Es ist Handlungsbedarf gegeben

Nach geltender Rechtslage ist spätestens 2045 Schluss mit fossilem Erdgas in den Heizungen. Das betrifft etwa jede zweite Wohnung in Deutschland. Deshalb ist Handlungsbedarf gegeben.

Wie lange wir noch mit Gas heizen werden, entscheidet sich vor Ort und hängt von der kommunalen Wärmeplanung ab. Vor allem für Industrie- und Gewerbekunden brauchen wir auch künftig gasförmige Energieträger. Allerdings werden diese ohne CO₂ sein. Einen Teil der Gasnetze werden wir auf grüne Gase, zum Beispiel Biomethan oder Wasserstoff, umrüsten und weiternutzen.

Alternativ zu Gasheizungen stehen mit der Fernwärme und Wärmepumpe bewährte Lösungen zur Verfügung. Aber: Zwei parallele Netze zur Wärmeversorgung an einem Ort ergeben auf Dauer wenig Sinn, gerade mit Blick auf die Kosten. Alle Infrastrukturen der Daseinsvorsorge sind langlebig und werden für Generationen gebaut. Je mehr Bürgerinnen und Bürger die Kosten für ein Netz gemeinsam schultern, desto geringer sind die Kosten für den Einzelnen.

Das Pariser Klimaziel ernst nehmen

Wenn wir das Pariser Klimaziel ernst nehmen, müssen wir in zwei Jahrzehnten aus Gas komplett ausgestiegen sein. Je früher es gelingt, den Anteil von Erdgas zu senken, desto mehr stärken wir die Versorgungssicherheit, insbesondere in Zeiten geopolitischer Spannungen. Wir machen uns weniger abhängig und damit verwundbar.

Und: es ist jederzeit wieder mit Gaspreisspitzen zu rechnen, die Gaspreise werden volatil bleiben. Zudem steigt der CO₂-Preis, was Gas nochmals verteuert. Um Kosten zu senken, muss der Verbrauch von Gas reduziert werden. Dies bedeutet vor allem, das Heizsystem umzustellen: weg von Gas hin zu Wärmepumpe oder kommunaler Wärmeversorgung. Bei neuen Heizungen muss der Anteil erneuerbarer Energie bei 65 Prozent liegen. Die Wärmepläne sind derzeit bundesweit in den Kommunen und Regionen in Erarbeitung.

Für den Umstieg gibt es Finanzierungsprogramme. Alle sind gut beraten, den Beginn des Abschieds vom Gas nun einzuleiten und die Gasnetze schrittweise stillzulegen. Heute muss der Beginn des Ausstiegs aus fossilem Erdgas gelingen.

Private dürfen Kosten nicht alleine tragen

Heizen mit Erdgas soll spätestens 2045 enden, damit Deutschland seine Klimaziele erreicht. Wasserstoff kann Erdgas nicht ersetzen, weil es auf absehbare Zeit nur begrenzt verfügbar und zu teuer ist. Also wird ein Teil der Gasnetze künftig stillgelegt. Aber wer trägt die Kosten, und wie wird die Wärmeversorgung in der Übergangszeit gesichert?

Schon jetzt trennen sich private Haushalte vom Gas, weil sie eine Wärmepumpe einbauen oder sich an ein Wärmenetz anschließen lassen. Dann müssen die Kosten für das Gasnetz auf weniger Schultern verteilt werden, die Netzentgelte werden steigen.

Wenn Gasnetze ganz abgeschaltet werden, muss für die verbliebenden Endverbraucher:innen die Versorgung gesichert – und der Wechsel auf ein anderes Heizsystem kurzfristig organisiert – werden.

In beiden Fällen wäre es unfair, die Kosten vollständig auf die privaten Haushalte abzuwälzen. Der Staat muss sich an diesen Kosten beteiligen. Und die Verbraucher:innen, die jetzt eine neue Heizung einbauen, sollten sich unbedingt beraten lassen: Das vermeidet Kostenfallen.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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