Die Anordnung der Häuser kann über Leben und Tod bei Naturkatastrophen entscheiden

© Imago/Future Image/Christoph Hardt

Stadtplanung hat einen großen Einfluss darauf, wie gefährlich Stürme und Fluten für Einwohner sind. Forschende haben nun nach Experimenten und Simulationen konkrete Modelle vorgelegt.

Von Stefan Parsch, dpa

Wie sicher Fußgänger im Fall von Stürmen oder der Überflutung in einem Stadtviertel sind, hängt auch von der Lage und Höhe der Häuser ab. Das haben chinesische Wissenschaftler durch Laborversuche und Computersimulationen herausgefunden.

Demnach bieten Häuser, die sich in einem Karree aus eng stehenden Häusern befinden, den besten Schutz vor schnellen Strömungen und starkem Wind. Wenn die Hauskanten rund oder schräg sind, entstehen zudem weniger gefährliche Windböen. Die Studie eines Teams um Zhong-Fan Zhu von der Beijing Normal University in Peking ist im Fachjournal „Physics of Fluids“ erschienen.

„Der Klimawandel führt zu einem zunehmenden Trend extremer Niederschlagsereignisse in Bezug auf Häufigkeit und Intensität“, wird Zhu in einer Mitteilung des American Institute of Physics, das das Fachjournal herausgibt, zitiert. Zudem seien vor allem Küstenstädte immer häufiger von Sturmfluten und Wirbelstürmen betroffen, schreiben die Studienautoren.

Zerstörte Gebäude nach der Flutkatastrophe in Derna, Libyen im September 2023.

© Reuters/Ayman Al-Sahili

Weil die Gefahren durch Überschwemmungen und durch Wind bisher immer einzeln analysiert worden seien, untersuchten Zhu und Kollegen die Auswirkung der Bebauung auf beide Gefahren zugleich.

Konzepte zwischen „Schachbrett“ und „Einfriedung“

Zunächst machten sie Experimente im Labor, wobei sie Menschen-„Dummys“ mit strömendem Wasser und zugleich Wind konfrontierten. Sie entwickelten dabei einen mathematischen Ausdruck für die physische Verletzlichkeit des menschlichen Körpers, der sowohl Wind als auch Überflutungen ausgesetzt ist.

Ein massiver Erdrutsch im Stadtteil Blessem in Erftstadt im Juli 2021. Dort wurden mehrere Häuser zerstört.

© Imago/Reichwein

Im Computer simulierten sie zunächst drei Konstellationen mit 18 Meter hohen Häusern: In der Anordnung 1 (Schachbrett) stehen alle Häuser in Reihen und gleich weit voneinander entfernt. In Anordnung 2 (Versatz) stehen die Häuser einer zweiten Reihe in den Lücken zwischen den Häusern einer ersten Reihe, auch die weiteren Reihen sind jeweils versetzt. In Anordnung 3 (Einfriedung) stehen vier Häuser inmitten eines Quadrats aus eng beieinander stehenden Häusern.

12.352Todesopfer (Zahl der Vermissten einbezogen) forderten im September 2023 die Fluten in Folge des Sturms „Daniel“ in Libyen, vor allem in der Stadt Derna.

Wenn das strömende Wasser und der Wind aus derselben Richtung kamen, zeigte die Einfriedung mit über 70 Prozent den höchsten Anteil an sicheren Zonen. In diesen Zonen laufen Fußgänger nicht Gefahr, durch Strömung oder Wind umgeworfen zu werden. Beim Schachbrettmuster machen die sicheren Zonen knapp 59 Prozent aus, dafür ist die gefährlichste von fünf Zonen fast nicht vorhanden (0,3 Prozent).

Die gefährlichste Zone kommt bei der Einfriedung auf einen Flächenanteil von 2,6 Prozent, bei der Versatzanordnung auf 8,4 Prozent. Denn wenn die Häuser versetzt stehen, teilen sich die Strömungen von Wind und Wasser auf und dringen tief in das Stadtviertel ein. In Schachbrettvierteln sind die Straßen in Richtung der Strömung besonders gefährdet, allerdings kommen sie dennoch kaum in die höchste Gefahrenzone.

Bei Simulationen mit verschieden hohen Häusern zeigten sich, dass umso mehr gefährliche Abwinde auftraten, je höher die Häuser waren (bis zu 72 Meter). Außerdem kann jede Hauskante jenseits des 90-Grad-Winkels das Auftreten gefährlicher Böen vermindern, am stärksten die abgerundete und die abgeschrägte Ecke.

„Diese Ergebnisse könnten von Ingenieuren und Managern herangezogen werden, um maßgeschneiderte Maßnahmen (zum Beispiel die Optimierung städtischer Ausgestaltung von Anordnungen) zur Minderung und Reduzierung des Fußgängerrisikos in städtischen Regionen umzusetzen“, schreibt die Gruppe um Forscher Zhu.

Zur Startseite

  • Klimawandel

showPaywall:falseisSubscriber:trueisPaid:trueshowPaywallPiano:false

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

Comments (5)
Add Comment
  • AnnaMusterfrau

    Als jemand, der in einer Gegend lebt, die oft von Naturkatastrophen betroffen ist, finde ich es extrem wichtig, dass Stadtplanung auch die Sicherheit der Bewohner berücksichtigt. Es ist beruhigend zu wissen, dass die Anordnung und Form der Häuser tatsächlich einen Unterschied machen können. Vielen Dank an die Forscher für ihre wichtigen Erkenntnisse!

  • AnnaMüller

    Die Forschungsergebnisse zeigen eindeutig, dass die Anordnung der Häuser in einem Stadtviertel einen erheblichen Einfluss auf die Sicherheit der Bewohner bei Naturkatastrophen hat. Es ist faszinierend zu sehen, wie sich durch geschickte Stadtplanung das Risiko von Stürmen und Überschwemmungen minimieren lässt.

  • AnnaMüller

    Die Anordnung der Häuser hat tatsächlich einen großen Einfluss auf die Sicherheit der Bewohner bei Naturkatastrophen. Es ist faszinierend zu sehen, wie diese chinesischen Wissenschaftler durch Experimente und Simulationen herausgefunden haben, dass eng stehende Häuser in einem Karree den besten Schutz bieten. Es ist wichtig, dass diese Erkenntnisse in die Stadtplanung einfließen, um die Bewohner besser zu schützen.

  • AnnaMüller

    Die Anordnung der Häuser kann in der Tat einen entscheidenden Einfluss auf die Sicherheit der Bewohner bei Naturkatastrophen haben. Es ist faszinierend zu lesen, wie chinesische Wissenschaftler durch ihre Experimente und Simulationen konkrete Modelle entwickeln, die uns helfen können, Städte widerstandsfähiger zu machen. Es wird immer wichtiger, sich mit den Folgen des Klimawandels auseinanderzusetzen und innovative Lösungen wie diese zu finden.

  • Anna.Müller

    Die Anordnung der Häuser kann entscheidend sein, um Leben bei Naturkatastrophen zu retten. Ich finde es besonders interessant, wie sich die Form und Höhe der Häuser auf den Schutz der Bewohner auswirken. Es ist wichtig, dass solche Studien durchgeführt werden, um die Städte sicherer zu machen.