Nachrichten, Lokalnachrichten und Meldungen aus Berlin und Brandenburg, Polizeimeldungen und offizielle Pressemeldungen der Landespressestelle des Landes Berlin.

Ex-Stasi-Mitarbeiter leugnet Mord vor 50 Jahren am Bahnhof Berlin-Friedrichstraße

Prozess um Tod am Bahnhof Berlin-Friedrichstraße: Ex-Stasi-Mitarbeiter bestreitet Mord vor 50 Jahren

© dpa/Sebastian Gollnow

Update Prozess um Tod am Bahnhof Berlin-Friedrichstraße: Ex-Stasi-Mitarbeiter bestreitet Mord vor 50 Jahren

Am DDR-Grenzübergang Bahnhof Friedrichstraße in Ost-Berlin wird ein Mann hinterrücks erschossen. Bis Anklage erhoben werden kann, vergehen Jahrzehnte. Nun hat der Prozess begonnen.

Von

| Update:

Ein schlanker Mann mit grauem Haarkranz, angereist aus Leipzig. Ein biederer Rentner, so scheint es. Eigentlich keiner, der im Blickpunkt der Öffentlichkeit steht. Nun aber waren im Moabiter Kriminalgericht Kameras auf den 80-Jährigen gerichtet. Manfred N. soll vor 50 Jahren als damaliger Stasi-Mitarbeiter am DDR-Grenzübergang Bahnhof Friedrichstraße, dem „Tränenpalast“, einen mörderischen Auftrag ausgeführt und einen polnischen Familienvater erschossen haben.

Späte Sühne für ein Verbrechen, bei dem es erst 2016 aus dem Stasi-Unterlagen-Archiv einen Hinweis zur Identität des mutmaßlichen Schützen gab? Äußerlich regungslos hörte Manfred M. am Donnerstag die Anklage. Er ließ seine Anwältin sprechen: „Mein Mandant bestreitet die Vorwürfe. Weitere Angaben macht er derzeit nicht.“

Der damalige Oberleutnant soll am 29. März 1974 dem 38-jährigen Polen Czesław Kukuczka aufgelauert haben – verborgen hinter einer Sichtbelende, um ihn „unmittelbar nach dem Durchtreten des letzten Kontrollpunktes zu töten“, so die Anklage. Er sei als Mitarbeiter der Operativgruppe I des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit mit der „Unschädlichmachung“ des Polen beauftragt worden. Er habe geschossen, als sich das Opfer am Ziel wähnte, arglos war.

Kukuczka, ein Feuerwehrmann, soll kurz zuvor versucht haben, seine Ausreise in den Westen mit einer Bombenattrappe zu erzwingen. Zum Schein sei die Stasi darauf eingegangen, habe ihn mit Dokumenten ausgestattet und dann begleitet.

Gegen 13 Uhr beobachteten Schülerinnen einer 10. Klasse aus Hessen eine Szene wie aus einem Agententhriller. Martina S. gehörte zu den Jugendlichen, die damals nach einem Besuch in Ost-Berlin zurück in den Westteil wollten. „Wir standen in einer Schlange“, schilderte die Zeugin nun im Prozess. „Ein Mann mit Reisetasche hinter mir, wir sollten zur Seite gehen.“ Der Mann werde vorgezogen, hätten Uniformierte erklärt.

Der Mann mit Reisetasche, schlicht gekleidet, sei schnell durch die Kontrolle gekommen, der weitere Besucherverkehr umgeleitet worden. „Der Mann ging ein paar Meter in die Unterführung, hinter ihm von links trat ein Mann in dunklem Mantel heran, ein Schuss, der Mann mit Reisetasche brach zusammen.“ Dann hätten Uniformierte die Türen der Unterführung geschlossen.

Die heute 65-jährige Zeugin, eine Sozialpädagogin, hat die Szene nie vergessen. „Danach hatte ich wochenlang davon geträumt. Als ich dann im Oktober vorigen Jahres in der Zeitung über den Fall las, lief es wie im Film ab.“ Zurück im Westen hätten sie und zwei Mitschülerinnen von einem Schuss berichtet – „da ist jemand vor unseren Augen erschossen worden“. Zu Hause in Hessen informierten sie dortige Behörden.

Doch erst nach dem Fall der Mauer ergaben sich Ansätze für Ermittlungen. So soll N. einen „Kampforden“ in Bronze erhalten haben auf höchstem Stasi-Befehl mit der Begründung, er habe den Auftrag, einen „Angriff“ auf die DDR-Grenze zu verhindern, „mutig und entschlossen“ gelöst. Der Prozess, der als historisch bedeutsames Verfahren aufgezeichnet wird, geht am 4. April weiter.

Zur Startseite

  • DDR: Alle Beiträge die sich mit der Geschichte befassen

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

5 Kommentare
  1. Marlies Bauer sagt

    Ich finde es schockierend, dass dieser Ex-Stasi-Mitarbeiter den Mord vor 50 Jahren bestreitet. Es ist wichtig, dass Gerechtigkeit in solchen Fällen ausgeübt wird, unabhängig von der vergangenen Zeit. Hoffentlich wird die Wahrheit ans Licht kommen und die Opfer erhalten die ihnen gebührende Anerkennung.

  2. Helga_63 sagt

    Als jemand, der selbst in Ost-Berlin aufgewachsen ist, finde ich es schockierend, dass ehemalige Stasi-Mitarbeiter bis heute nicht die Verantwortung für ihre Taten übernehmen wollen. Die Opfer und deren Familien haben jahrzehntelang unter dieser Tyrannei gelitten, und es ist an der Zeit, dass Gerechtigkeit geschieht.

  3. Elisabeth Müller sagt

    Als Leserin dieses Artikels finde ich es erschreckend, dass der Ex-Stasi-Mitarbeiter den Mord vor 50 Jahren leugnet. Es ist wichtig, dass solche Verbrechen nicht verdrängt werden und die Täter zur Verantwortung gezogen werden.

  4. Lena Müller sagt

    Es ist schockierend zu lesen, dass der ehemalige Stasi-Mitarbeiter den Mord nach 50 Jahren vor Gericht leugnet. Es bleibt abzuwarten, ob die Beweise seine Unschuld belegen oder ob die Opfer endlich Gerechtigkeit erfahren werden.

  5. Julia89 sagt

    Warum bestreitet der ehemalige Stasi-Mitarbeiter den Mord nach 50 Jahren? Gibt es Beweise, die seine Unschuld beweisen könnten?

Hinterlasse eine Antwort

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.