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„Wir dürfen diese Menschen nicht im Stich lassen“: Halbierung der humanitären Hilfe empört deutsche Hilfswerke

„Wir dürfen diese Menschen nicht im Stich lassen“: Halbierung der humanitären Hilfe empört deutsche Hilfswerke

© imago/epd/imago/Christian Ditsch

„Wir dürfen diese Menschen nicht im Stich lassen“: Halbierung der humanitären Hilfe empört deutsche Hilfswerke

NGOs nutzen auch die parlamentarische Sommerpause, um gegen die geplante Kürzung des Etats für die Bewältigung humanitärer Krisen mobilzumachen. Sie warnen vor schwerwiegenden Folgen.

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Schon am 17. Juli, als das Bundeskabinett den Haushaltsentwurf der Regierung verabschiedete, protestierte vor den Toren des Kanzleramts ein Bündnis von Hilfsorganisationen gegen die Rotstiftpolitik. Da war der Schock über die Zahlen noch frisch – denn es war noch deutlich schlimmer gekommen, als bereits befürchtet worden war.

„Die für 2025 vorgesehene Kürzung der humanitären Hilfe um rund 53 Prozent von 2,23 Milliarden auf 1,04 Milliarden ist beispiellos“, sagt Susanne Grönsfeld von der Organisation Save the Children. Sie stehe „in einem grundlegenden Widerspruch zu den weltweit steigenden Bedarfen“. Der entsprechende Etat des Auswärtigen Amtes war zuvor schon von 2,7 Milliarden Euro im Jahr 2023 abgesenkt worden.

Nach Angaben eines Sprechers der Diakonie Katastrophenhilfe haben die Kürzungen für das laufende Jahr „bereits einen deutlichen Rückgang bei Neu- oder Weiterbewilligungen für humanitäre Hilfsprojekte durch das Auswärtige Amt zur Folge gehabt“. In Bangladesch ende beispielsweise im November ein auch durch Bundesmittel unterstütztes Hilfsprojekt für geflüchtete Rohingya, das danach nur stark reduziert mit eigenen Spendenmitteln weitergeführt werden könne. „Spenden können jedoch die entstehenden Lücken nicht ansatzweise schließen“, so der Sprecher des evangelischen Hilfswerks.

Vor allem Menschen in „vergessenen“ Krisenländern betroffen

Sollte es 2025 zu den von der Bundesregierung vorgeschlagenen Kürzungen kommen, geht die Diakonie-Katastrophenhilfe von einer „weiter zurückgehenden Gesamtanzahl an Projekten aus, was vor allem Länder mit vergessenen Krisen und lang anhaltenden Konflikten betreffen würde“.

Konkret bedeuten die Kürzungen eine dramatische Verschlechterung der Lebensgrundlagen von Millionen Menschen weltweit.

Stellungsnahme des Bündnisses „Aktion Deutschland Hilft“

Die „Aktion Deutschland Hilft“, ein Zusammenschluss von mehr als 20 Hilfsorganisationen, warnt ebenfalls vor schwerwiegenden Folgen. „Hilfsprogramme können trotz anhaltender Notlagen nicht weitergeführt werden. Geplante Hilfsprojekte werden nicht starten können“, heißt es auf Anfrage: „Konkret bedeuten die Kürzungen eine dramatische Verschlechterung der Lebensgrundlagen von Millionen Menschen weltweit.“ Besonders Kinder, Frauen, Ältere und Menschen mit Behinderungen würden die Leidtragenden sein.

Die Organisation verweisen darauf, dass mit fast 120 Millionen Menschen so viele Menschen wie noch nie auf der Flucht und dringend auf humanitäre Hilfe beispielsweise in Zeltlagern angewiesen seien. Allein der Krieg im Sudan, der seit über einem Jahr andauert, habe mehr als zehn Millionen Menschen in die Flucht getrieben, etwa die Hälfte von ihnen Kinder. Nun würden weniger von ihnen „mit lebenswichtiger Hilfe erreicht werden“, so Expertin Grönsfeld von Save the Children.

Zusage für neue Notfälle reicht Hilfswerken nicht

Sie kritisiert auch die im Laufe der regierungsinternen Etatgespräche zwischen Außen- und Finanzministerium erzielte Verständigung, dass bei neuen unvorhergesehenen Krisen und Katastrophen mehr Geld zur Verfügung gestellt werden soll. „Außerplanmäßige Mittel, die im Notfall mobilisiert werden könnten, sind kein Ersatz für einen festen Haushaltsposten“, so Grönsfeld: „Lang anhaltende humanitäre Notlagen wie etwa im Sudan oder im Jemen werden davon nicht erreicht – diese machen aber den Großteil der humanitären Hilfsmaßnahmen aus.“

„Zusätzliche Mittel für unvorhersehbare humanitäre Krisen sind grundsätzlich richtig“, heißt es auch bei der Diakonie-Katastrophenhilfe: „Im Gegenzug dafür aber Menschen, die aktuell schon unter Kriegen, Hunger oder Naturkatastrophen leiden, die humanitäre Hilfe zu streichen, ist falsch und gefährlich“, so ihr Sprecher. Auch die Nothilfe brauche Planungssicherheit und Verbindlichkeit.

300Millionen Menschen weltweit sind nach Angaben der Diakonie Katastrophenhilfe auf humanitäre Nothilfe angewiesen

Die Mitgliedsorganisationen des Bündnisses „Aktion Deutschland Hilft“ stehen nach eigenen Angaben „im bilateralen Kontakt mit dem Auswärtigen Amt, um Lösungen zu finden“. In der Szene ist man dennoch enttäuscht über das Ministerium der Grünen Annalena Baerbock, da die humanitäre Nothilfe dort offenbar keine Priorität genieße.

Irritiert ist man dem Vernehmen nach auch darüber, dass die Nichtregierungsorganisation in den bisherigen Gesprächen von Ministeriumsvertretern gebeten worden sein sollen, für öffentlichen Druck bei dem Thema zu sorgen – etwa über den Verein Venro, einer Art Dachverband der Hilfsorganisationen. „Mit diesem Haushaltsentwurf setzt die Ampelregierung Millionen Menschenleben aufs Spiel“, hatte dessen Geschäftsführerin Åsa Månsson bereits am Tag vor der Kabinettsentscheidung kritisiert.

Der Einsatz für eine Rücknahme der Kürzungen geht indes auch in der parlamentarischen Sommerpause weiter: „Save the Children appelliert an den Bundestag, eine zeitgemäße Haushaltspolitik zu machen, die eine glaubwürdige Antwort auf die aktuellen Krisen darstellt“, so Grönsfeld.

Auch die Diakonie-Katastrophenhilfe tritt im Zuge des parlamentarischen Verfahrens dafür ein, „dass die humanitären Kürzungen im derzeitigen Haushaltsentwurf so nicht verabschiedet werden“. Deutschland dürfe die rund 300 Millionen Menschen, die auf humanitäre Hilfe angewiesen seien, „nicht im Stich lassen“.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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