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Flaschenwürfe, Pfefferspray und Greta Thunberg: Tumulte und Festnahmen bei propalästinensischer Demo am Berliner Südstern

Flaschenwürfe, Pfefferspray und Greta Thunberg: Tumulte und Festnahmen bei propalästinensischer Demo am Berliner Südstern

© dpa/Christoph Soeder

Update Flaschenwürfe, Pfefferspray und Greta Thunberg: Tumulte und Festnahmen bei propalästinensischer Demo am Berliner Südstern

Zum Jahrestag des Überfalls der Hamas auf Israel war die Polizei am Montag noch einmal stark gefordert. Nach einer Demo in Kreuzberg brannten in Neukölln Autoreifen.

Von

  • Christoph Papenhausen

Bei einer propalästinensischen Demonstration am Bahnhof Südstern in Kreuzberg ist es am Montag zu Flaschenwürfen auf Polizisten und verbotenen, israel- sowie polizeifeindlichen Parolen gekommen. Das teilte die Berliner Polizei auf der Plattform X mit.

Im Zuge von Festnahmen seien Einsatzkräfte von Demonstranten bedrängt und mit Flaschen beworfen worden, hieß es von der Polizei. Demoteilnehmer hätten nach den Polizisten geschlagen und getreten. Die Polizei habe Pfefferspray sowie körperliche Gewalt in Form von Schieben und Drücken eingesetzt.

Auch in der Nähe befindliche Medienvertreter seien von den Falschentwürfen betroffen gewesen, die Journalisten hätten die polizeilichen Maßnahmen teils allerdings auch behindert, schilderte die Polizei.

Später am Abend kam es im Weserkiez in Neukölln zu weiteren Vorfällen. Wie die Polizei gegen 22.40 Uhr auf X mitteilte, hatten mehrere Personen unter anderem Autoreifen auf die Fahrbahn gebracht und angezündet. Einsatzkräfte wurden mit Pyrotechnik beworfen. Die Polizei führte Festnahmen durch.

Zuvor hatte die Polizei am Strausberger Platz in Friedrichshain kurz nach 20 Uhr einen Autokorso beendet, bei dem einige Fahrzeuge mit angebrachter Fahne über rote Ampeln fuhren. Die Autos sowie mehr als 40 Personen wurden kontrolliert und entsprechende Verfahren eingeleitet.

500Teilnehmer zählte die Polizei bei der Demo am Südstern in etwa.

An der Kundgebung am Südstern mit dem Titel „Solidarität mit Palästina“ am ersten Jahrestag des Überfalls der islamistischen Terrororganisation Hamas auf Israel hatten sich nach Angaben der Polizei rund 500 Menschen beteiligt. Vereinzelt wurden Journalisten bei ihrer Arbeit behindert und bedroht.

Am Platz vor der U-Bahn-Haltestelle Südstern wurden ab 17 Uhr Parolen wie „Free Palestine“ oder „Free Libanon“ gerufen. Viele Demonstranten trugen sogenannte Palästinensertücher, auch Palästina-Fahnen und Flaggen linker Gruppen waren zu sehen. Zu lauten und energischen Trommelschlagen wurde „Kindermörder Israel“ skandiert.

Ein Mann mit Megafon feuerte die Demonstranten an: „Yalla yalla Intifada“, „Stoppt den Massenmord“ und „Israel is terror state“ (Israel ist ein Terrorstaat). Die Hamas oder israelische Opfer des Angriffs vor einem Jahr wurden nicht erwähnt.

Auch die Parole „From the river to the sea, Palestine will be free“ war mehrfach zu hören. Sie bezieht sich auf das Gebiet zwischen dem Fluss Jordan und dem Mittelmeer. Die islamistische Hamas versteht darunter, dass der Staat Israel verschwinden soll. Nach Auskunft des Bundesinnenministeriums ist die Parole in Deutschland verboten, wenn sie als Kennzeichen der Hamas verwendet wird.

Wie viele Festnahmen es insgesamt gab, konnte ein Polizeisprecher am Montagabend noch nicht sagen. Neben den Flaschenwürfen registrierte die Polizei auch versuchte Gefangenenbefreiung und Widerstand gegen Beamte. Eine Einsatzkraft sei verletzt worden, habe aber im Dienst bleiben können, berichtete der Sprecher.

Greta Thunberg will nicht mit der Presse sprechen

Zu der propalästinensischen Demonstration war auch die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg angereist. Sie stand in den vorderen Reihen der Kundgebung, nahe einer Polizeikette. Als ein Tagesspiegel-Reporter fragte, ob sie mit der Presse reden wolle, lehnte sie ab. Offenbar darf die Presse auch nicht in der Nähe der „Fridays for Future“-Gründerin arbeiten: Umgehend kamen Demoteilnehmende, schirmten Thunberg mit Palästinensertüchern ab, schubsten den Reporter zur Seite und sagten „Fuck off“.

Flaschenwürfe, Pfefferspray und Greta Thunberg: Tumulte und Festnahmen bei propalästinensischer Demo am Berliner Südstern

© dpa/Christoph Soeder

Seit dem Angriff der islamistischen Hamas auf Israel vor einem Jahr und dem darauffolgenden militärischen Vorgehen Israels im Gazastreifen hatte sich Thunberg mehrfach mit den Palästinensern solidarisiert und Israel des Völkermordes beschuldigt. Kritiker werfen Thunberg vor, dass sie im Gaza-Krieg und bei den Ereignissen, die ihn auslösten, einseitig propalästinensische Positionen vertrete.

Tumult nur eine Stunde nach Beginn

Nur gut eine Stunde nach Beginn der Versammlung war es zu einem ersten Tumult gekommen. Nachdem offenbar eine verbotene Parole skandiert worden war, gingen behelmte Polizisten in die Menschenmenge. Die Teilnehmer drängten sich um die Beamten, es gab einzelne Flaschenwürfe, woraufhin die Polizei zurückwich. Die Demonstrierenden drängten daraufhin in Richtung der Polizei und riefen „Nazis raus“.

Im Anschluss machte die Polizei eine Durchsage: Die Demonstration solle sich zur südlich gelegenen Seite des Platzes begeben. Man mahnte, keine strafbaren Parolen zu rufen. Die Stimmung war aufgeheizt. Einzelne Personen heizten die Menge mit Parolen an, in die lautstark eingestimmt wurde. Die Demonstrierenden waren offenkundig auch wütend auf die Polizei: Neben den typischen Parolen mit Nahost-Bezug wurde immer wieder „Fuck the Police“ skandiert.

Flaschenwürfe, Pfefferspray und Greta Thunberg: Tumulte und Festnahmen bei propalästinensischer Demo am Berliner Südstern

© Dominik Lenze

Obwohl die Versammlung als stehende Kundgebung geplant war, sperrte die Polizei den Weg zur Hermannstraße mit einer Polizeikette ab – eine Vorsichtsmaßnahme, sagte eine Polizeibeamtin.

An der Kreuzung Hasenheide/Körtestraße reihten sich die Palästina-Demonstrierenden auf, die vordere Reihe trug Transparente. Zuvor hatte ein Demonstrant auf dem Dach der U-Bahn Haltestelle Südstern die Palästina-Flagge geschwungen. Die Polizei nahm den Mann fest.

Polizei bittet Teilnehmer, keine Steine zu werfen

Nach Gesprächen mit der Polizei beendete die Versammlungsleitung die Kundgebung schließlich gegen 19.45 Uhr, wie ein Polizeisprecher dem Tagesspiegel sagte. Die Einsatzkräfte sagten das Ende der Kundgebung per Lautsprecher durch. Wegen Pfiffen, Trommeln und Parolen bekamen dies aber wohl nur die wenigsten Teilnehmer mit.

Per Lautsprecher bat die Polizei darum, die Transparente einzurollen, den Versammlungsort zu verlassen – und keine Steine zu werfen. Einige Polizeibeamte gingen in die Menge – und waren wenige Momente später wieder von zahlreichen Demonstrierenden umringt. Auch nach mehreren weiteren Lautsprecherdurchsagen der Polizei machte niemand Anstalten, die Demo zu verlassen.

Die Polizei versuchte daraufhin, die Versammlung aufzulösen, was sich als schwierig herausstellte: Einzelne Gruppen von Beamten stießen in die Menge vor, trieben die Demonstrierenden kurz zurück, einzelne Polizeigruppen wurden bald darauf aber wieder von Teilnehmenden umringt. Schließlich gelang es der Polizei, eine größere Anzahl von Teilnehmern zur Fontanestraße abzudrängen.

Ein Teil der Teilnehmenden zog schließlich weiter auf die Blücherstraße. Die schätzungsweise 100 Personen wurden begleitet von behelmten Polizisten. Erst gut eine Dreiviertelstunde nach dem offiziellen Ende der Demo leerte sich der Versammlungsplatz am Südstern schließlich.

Die Kundegebung hatte eigentlich am Hermannplatz stattfinden sollen. Wie die Veranstalter auf der Plattform X mitteilten, sei dies jedoch von der Polizei untersagt worden. Zwischenzeitlich musste der U-Bahnhof Südstern geschlossen werden, da es vor dem Bahnhof laut Polizei zu voll war.

Das Motto der Demo heißt „Glory to the resistance“ (Ruhm dem Widerstand). Der Aufruf zeigte allerdings keine Bilder der Hamas-Terroristen, sondern eine Frau mit Palästinensertuch und Steinschleuder.

Am Sonntag war eine ähnliche Demonstration mit mehr als 1000 Teilnehmern nach Stein- und Flaschenwürfen auf Polizisten vorzeitig beendet worden. 

Kleinere Gegenproteste

Auch eine kleinere Gegenversammlung bildete sich. „Heute ist der Jahrestag der Anschläge. Das ist ein Tag des Trauerns um die Opfer, nicht der Verherrlichung von Gewalt“, sagt Thomas Wiskirchen (Grüne Jugend).

Flaschenwürfe, Pfefferspray und Greta Thunberg: Tumulte und Festnahmen bei propalästinensischer Demo am Berliner Südstern

© Dominik Lenze

„Unguter Trend, die Hamas als Befreiungsbewegung zu stilisieren“, sagt Immanuel Roevers (Jusos). Die Hamas unterdrücke die Palästinenser im Gaza-Streifen. Das Motto der Palästina-Demo „Glory to the resistance“ finde er „widerwärtig“. Was den Gegendemonstranten wichtig war: „Wir solidarisieren uns auch mit Opfern im Libanon und Gaza, aber heute ist nicht der Tag dafür“, sagte Roevers.

Flaschenwürfe, Pfefferspray und Greta Thunberg: Tumulte und Festnahmen bei propalästinensischer Demo am Berliner Südstern

© Dominik Lenze

Zudem hielten am Rande der Versammlung zwei Menschen ein Schild gegen Antisemitismus in die Höhe. Aus Sicht von Lea und Beate, so stellten sie sich vor, bieten solche Demos eine Bühne für Hass auf Juden – „und das kann ich einfach nicht mit ansehen“, sagte Lea. Die Demo hätten sie zufällig bemerkt und spontan das Schild gebastelt.

Kerzen am Potsdamer Platz

Auch am Potsdamer Platz versammelten sich am Montagabend Demonstranten des pro-palästinensischen Lagers. Schätzungsweise 150 Teilnehmer fanden sich vor dem S-Bahnhof ein, viele mit Flaggen Palästinas und des Libanons.

Das Publikum war vor allem dem arabischen Milieu der Hauptstadt zuzuordnen, darunter viele Frauen, die auf einem Transparent „Freedom for Palestine“ und ein Ende des „Völkermords“ im Gazastreifen forderten. Zudem wurden Kerzen angezündet.

Flaschenwürfe, Pfefferspray und Greta Thunberg: Tumulte und Festnahmen bei propalästinensischer Demo am Berliner Südstern

© Julius Geiler

Bewusst wolle man an diesem 7. Oktober auf Parolen und Sprechchöre verzichten, hieß es beim Verlesen der Auflagen durch einen Teilnehmer der Palästina-Kundgebung. Stattdessen sei die Veranstaltung als Gedenken an alle Toten in Gaza, dem Libanon und allen Märtyrern gedacht, verkündete der Sprecher.

Die israelischen Opfer der Hamas wurden auch hier in der Auftakt-Ansprache nicht erwähnt. Auf einem großen Banner war die Aussage „One genocide does not justify another“ (Ein Genozid rechtfertigt keinen anderen) zu lesen.

Auf der gegenüberliegenden Seite der Straße demonstrierten unterdessen etwa zehn Personen mit der Flagge Israels und einer Fahne der „IDF“, der israelischen Armee, gegen die propalästinensische Kundgebung.

Steinmeier besucht Gottesdienst

An einem interreligiösen Gottesdienst in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche ab 17 Uhr in Charlottenburg nahm Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier teil. Nach Ende des Gottesdienstes zog Steinmeier bei einer stillen Demonstration mit mehreren Hundert Teilnehmern zum nahe gelegenen Jüdischen Gemeindehaus in der Fasanenstraße. Der 15 Minuten dauernde Gedenkmarsch wurde von zahlreichen Polizeibeamten geschützt und verlief störungsfrei. Lediglich ein vereinzelter „Free Palestine“-Ruf eines offenbar zufällig anwesenden Passanten war zu Beginn des Marsches zu hören.

Auf der Gedenkveranstaltung vor dem Jüdischen Gemeindehaus hielt der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) eine Rede. Wer Bilder und Videos des Anschlags der Hamas auf Israel gesehen habe, sagte Wegner, der könne nur der Ansicht sein: Einzig und allein die Terroristen der Hamas trügen die Verantwortung für das Leid in Israel und in Gaza.

„Wir alle haben bei antisemitischen Straftaten viel zu lange weggeschaut“, fügte der Regierende hinzu. Dass eine Gedenkveranstaltung für Morde an Juden derart massiv von der Polizei geschützt werden müsse, mache ihm Angst. Es dürfe nicht sein, dass Jüdinnen und Juden in Angst in Berlin lebten. Zudem versprach Wegner: Solange die Hoffnung bestehe, dass die von der Hamas entführten Geiseln befreit würden, wehe die israelische Flagge am Amtssitz des Regierenden Bürgermeisters.

Außerdem kündigte er an, dass das Brandenburger Tor am Montag ab 19 Uhr in den Farben Israels angestrahlt werde. Es werde die Botschaft „Bring them home now“ aussenden.

Friedliche Demo am Bethanien

Schätzungsweise 1000 Menschen kamen zudem zur Demonstration „Feminism Unlimited“ vor dem Künstlerhaus Bethanien in Kreuzberg zusammen. Es wurde getrauert und daran appelliert, gemeinsam gegen Antisemitismus, Rassismus, Islamismus, Faschismus aufzustehen.

Ebenfalls 1000 Menschen waren für eine Mahnwache auf dem Bebelplatz in Mitte ab 18 Uhr angemeldet. 

Mehr als 2000 Polizisten aus der Hauptstadt und vielen anderen Bundesländern sichern die hochrangig besetzten Veranstaltungen zum Gedenken und die vielen Kundgebungen zur Unterstützung Israels oder der Palästinenser ab. 

Am 7. Oktober 2023 hatten Terroristen der radikal-islamistischen Hamas und anderer Gruppen mehr als 1200 Menschen in Israel getötet und etwa 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Dies war der Auslöser für den bis heute andauernden Gaza-Krieg. (mit dpa)

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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