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Kalifat-Forderungen in Hamburg: Wer steckt hinter der Gruppe „Muslim Interaktiv“?

Kalifat-Forderungen in Hamburg: Wer steckt hinter der Gruppe „Muslim Interaktiv“?

© IMAGO/Blaulicht News

Kalifat-Forderungen in Hamburg: Wer steckt hinter der Gruppe „Muslim Interaktiv“?

Die Sicherheitsbehörden beobachten die Gruppe „Muslim Interaktiv“ schon lange. Nach einer Demonstration in Hamburg ist die Aufregung groß. Wie gefährlich ist die Bewegung?

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Die Bilder aus Hamburg gehen durch die ganze Republik. Männer, die Plakate in die Höhe halten, auf denen „Kalifat ist die Lösung“ steht. Dazu skandieren die rund 1000 Demonstranten: „Stürzt die Wertediktatur“ und immer wieder „Allahu Akbar“ – Gott ist groß. Die Empörung ist es auch.

Nach der Demonstration in Hamburg verurteilen der Bundeskanzler, die Bundesinnenministerin, der Bundesjustizminister und zahlreiche Innenpolitiker aller Parteien die Gruppe „Muslim Interaktiv“ scharf. Ein Verbot und sogar Abschiebungen werden gefordert. Doch wer steckt eigentlich hinter der Bewegung?

Wer ist Muslim Interaktiv?

„Muslim Interaktiv ist eine Art Tarnorganisation der in Deutschland seit 2003 verbotenen Partei Hizb ut-Tahrir“, sagt der Islamismusexperte Navid Walis, der für die Organisation Violence Prevention die Szene seit Jahren beobachtet. Tatsächlich ziehen auch die Sicherheitsbehörden die Verbindung zu Hizb ut-Tahrir (HuT), die länderübergreifend agiert und aus ihrer Sicht den „wahren Islam“ verfolgt. „Diesem Absolutheitsanspruch folgend, könne nur ein weltweites Kalifat auf Basis der Scharia die einzig richtige Gesellschaftsform sein“, heißt es im Hamburger Verfassungsschutzbericht.

Kalifat-Forderungen in Hamburg: Wer steckt hinter der Gruppe „Muslim Interaktiv“?

Islamismusexperte Navid Wali beobachtet die Szene seit vielen Jahren.

© privat

Seit 2003 ist HuT in Deutschland verboten, unter anderem weil die Partei zur Tötung von Juden aufrief und das Existenzrecht des Staates Israel nicht anerkannte. Seit einigen Jahren agieren HuT-nahe Akteure nun in neuen Gruppierungen. „Muslim Interaktiv“ ist dabei vor allem in Hamburg aktiv, im Februar 2023 mobilisierte die Gruppierung 3500 Menschen zu einer Kundgebung gegen eine Koranverbrennung in Schweden.

„Muslim Interaktiv“ steht dabei im engen Austausch mit anderen islamistischen Gruppierungen, wie „Realität Islam“ aus dem Rhein-Main-Gebiet oder „Generation Islam“ aus Essen. Wie viele Mitglieder hinter den Initiativen stecken, darüber geben die Sicherheitsbehörden keine Auskunft. Klar ist aber, dass die islamistischen Gruppierungen durch den Krieg in Gaza zuletzt einen größeren Zuspruch erhalten haben.

Was will die Gruppe?

„Muslim Interaktiv“ versucht vor allem junge Menschen zu erreichen und ist deshalb vor allem in den sozialen Medien, wie TikTok, Instagram oder Youtube sehr aktiv. Bilder und Aufnahmen von Aktionen und Demonstrationen sind dafür wichtig. Die Videos der Gruppe werden tausendfach abgerufen.

Darin versuchen sie Muslime in Deutschland davon zu überzeugen, sich aus der Gesellschaft zurückzuziehen. Die Gruppe ziele mit Bildern und Aktionen auf „abgrenzende Emotionen ab, indem sie zum Beispiel eine staatlich gesteuerte Islamfeindlichkeit behaupte und die deutsche Integrationspolitik als eine Art ‚Assimilationsterror‘ diffamiere“, heißt es dazu im aktuellen Bericht des Bundesamts für Verfassungsschutz.

„Die Gruppe nutzt immer wieder die Wut und Enttäuschung junger Muslime aus“, sagt auch Navid Walis und nennt etwa die Trauer über die Opfer im Gaza-Krieg. „Muslim Interaktiv“ sieht die Muslime in Deutschland in einer Opferrolle und propagiert deshalb ein Kalifat nach den Regeln der Scharia – offiziell allerdings nicht auf deutschem Boden.

Wer sind die führenden Köpfe?

Es handle sich zum Großteil hier geborene Muslime oder Konvertierte, sagt Islamismusexperte Walis und nennt beispielsweise Raimund Hoffmann, das öffentliche Gesicht von „Realität Islam“. Neben Videos initiierte Hoffmann beispielsweise 2018 eine Petition gegen ein Kopftuchverbot an Schulen und sammelte mehr als 170.000 Unterschriften.

„Es sind Männer, die überwiegend hier sozialisiert wurden, die Gesetzeslage kennen und gezielt in die Grauzonen gehen“, sagt Walis. Es gebe auch Rapper oder Instagram-Influencer, die regelmäßig für die Positionen von HuT werben würden. Auch das bekannteste Gesicht von „Muslim Interaktiv“, Joe Adade Boateng, wirkt in seinen Videos wort- und weltgewandt.

Kalifat-Forderungen in Hamburg: Wer steckt hinter der Gruppe „Muslim Interaktiv“?

Joe Adade Boateng ist das bekannteste Gesicht von „Muslim Interaktiv“

© IMAGO/Blaulicht News/IMAGO/Blaulicht-News.de

Tatsächlich studiert der 25-Jährige derzeit in Hamburg auf Lehramt. Seine Mutter ist Deutsche, sein Vater stammt aus Ghana. Wie Boateng auf YouTube erzählt, habe er selbst erst zum Ende seiner Schulzeit zum Islam gefunden. Er meldete zwar die Demonstration im Hamburg an, ob er jedoch auch der führende Kopf hinter „Muslim Interaktiv“ ist, bleibt unklar. Der Verfassungsschutz will dazu keine Auskunft geben.

Wie gefährlich ist die Gruppe?

„Muslim Interaktiv“, „Generation Islam“ und „Realität Islam“ werden im aktuellen Verfassungsschutzbericht alle als gesichert verfassungsfeindlich eingestuft. Weil sie verdeckt auftreten und ihre wahren Motive vor Demonstrationen nicht öffentlich machen, warnen die Sicherheitsbehörden vor Auftritten immer wieder – so auch vor der Kundgebung in Hamburg.

Als gewaltbereit stufen viele Experten die Gruppierung bislang jedoch nicht ein. Ihre Bedeutung innerhalb der muslimischen Community in Deutschland ist überschaubar. Auftritte in deutschen Moscheen sind nicht bekannt. Doch die Gruppe erreicht zunehmend junge Menschen auf digitalen Wegen. „Wir erleben hier einen Kampf um die Herzen und Köpfe der Muslime in Deutschland“, sagt Navid Walis. „Deswegen geht es auch um den Schutz unserer Demokratie.“

Wie stehen die Chancen für ein Verbot?

Die Empörung über den Auftritt in Hamburg hält auch Tage danach an. „Ich kann nur hoffen, dass die islamistischen Machtdemonstrationen der vergangenen Wochen endlich ein Weckruf aus der links-ideologischen Naivität und Untätigkeit der Ampel sind“, sagt der innenpolitische Sprecher der Union im Bundestag, Alexander Throm.

Er sieht bei „Muslim Interaktiv“ den Grad der Verfassungsfeindlichkeit erreicht: „Die Forderung nach einem Kalifat und der Scharia in Deutschland, die offen zur Schau getragene Verachtung für unsere pluralistische Gesellschaft und auch die teils perfide islamistische Indoktrinierung junger Menschen in den sozialen Netzwerken sind zu einer ernsthaften Gefahr für unser friedliches Zusammenleben geworden“, sagt Throm dem Tagesspiegel. Es sei ihm „schlicht unverständlich“, warum Bundesinnenministerin Nancy Faeser nicht längst reagiert habe.

Zu einem Verbot der Gruppen will sich eine Sprecherin des Innenministeriums jedoch grundsätzlich nicht äußern: „Ansonsten bestünde die Gefahr, dass potenziell Betroffene ihr Verhalten danach ausrichten und dadurch die Wirksamkeit operativer behördlicher Maßnahmen beeinträchtigt oder diese vereitelt werden könnten.“

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

4 Kommentare
  1. JuliaMüller sagt

    Wer steckt wirklich hinter der Gruppe „Muslim Interaktiv“? Gibt es konkrete Beweise für ihre Verbindungen zur verbotenen Partei Hizb ut-Tahrir?

    1. AndreasSchneider sagt

      Ja, es gibt konkrete Beweise für die Verbindungen zwischen „Muslim Interaktiv“ und der verbotenen Partei Hizb ut-Tahrir. Die Sicherheitsbehörden haben diese Verbindung bereits mehrfach bestätigt. Es ist wichtig, die Gefahren dieser extremistischen Bewegung ernst zu nehmen.

  2. JuliaMusterfrau sagt

    Als Bürgerin von Hamburg bin ich zutiefst besorgt über die Aktivitäten der Gruppe „Muslim Interaktiv“. Es ist beängstigend, wie radikale Ideologien hier verbreitet werden. Die Forderungen nach einem Kalifat und das Anprangern der demokratischen Werte sind inakzeptabel. Die Sicherheitsbehörden müssen hier dringend handeln und diese gefährliche Bewegung stoppen.

  3. LenaMüller sagt

    Als langjährige Beobachterin der Szene bin ich sehr besorgt über die Forderungen der Gruppe „Muslim Interaktiv“. Es ist erschreckend zu sehen, wie offen sie ihre extremistischen Ideologien verbreiten. Die Sicherheitsbehörden müssen hier dringend eingreifen, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten.

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