Der 1. FC Union unter Bo Svensson: Am Anfang des Neustarts

© Imago/Matthias Koch

Der 1. FC Union unter Bo Svensson: Am Anfang des Neustarts

Nach gemischten Testspielleistungen wissen die Berliner noch nicht, wo sie stehen. Immerhin gibt das 1:1 gegen San Sebastian am Freitag vorsichtigen Anlass zu Optismus.

Von Kit Holden

Als Sheraldo Becker in der 74. Minute mit einem wuchtigen Schuss den Pfosten traf, gab es fast schon ein wenig Enttäuschung im Stadion an der Alten Försterei. Becker trägt zwar nicht mehr das rote Trikot des 1. FC Union, doch an diesem Tag hätten ihm viele ein letztes Tor auf seinem alten Arbeitsplatz gegönnt. Auch, wenn das zwangsweise gegen die eigene Mannschaft gefallen wäre.

Beim 1:1 im Testspiel gegen Real Sociedad am Freitagabend war das Ergebnis ja ohnehin sekundär. Der Headliner an diesem Abend war Becker, der sieben Monate zuvor von Union nach San Sebastian gewechselt war. Damals, mitten im Abstiegskampf und Winter-Transferfenster, war ein richtiger Abschied nicht möglich gewesen.

Am Freitag wurde dieser endlich nachgeholt, mit Sprechchören, Ehrenrunden und dem einen oder anderen verdrückten Tränchen. Ein würdiges Lebewohl für einen Spieler, der die große Köpenicker Erfolgsära der letzten Jahre wie kaum ein anderer geprägt hat.

Nun aber soll eine neue Ära beginnen. Nach dem Absturz in der vergangenen Saison soll unter Bo Svensson jetzt der Wiederaufbau gelingen. Für den neuen Trainer war das Spiel am Freitag auch die letzte Generalprobe, bevor die Saison nächste Woche endlich offiziell beginnt. Auch am Freitag war erkennbar, dass Svensson und sein Team nur am Anfang eines langen Prozesses stehen.

Die Bilanz nach fünf Testspielen ist etwas gemischt. Auf die zwei Siegen gegen Chemie Leipzig und Dynamo Kiew im frühen Juli folgte in den vergangenen Wochen eine kleine Ernüchterung, als die Berliner in zwei Spielen gegen Glasgow Rangers und Olympique Lyonnais gleich acht Tore kassierten. Wie eine Rückkehr zu alter defensiver Stabilität sah das eben nicht aus, und gerade nach dem 0:4 gegen Lyon am vergangenen Wochenende zeigte sich Svensson merklich frustriert.

Insofern war die Leistung gegen Real Sociedad ein gutes Zeichen zum genau richtigen Zeitpunkt. Diesmal rotierte Svensson etwas weniger mit seiner Aufstellung und die Mannschaft wirkte gefestigter in der Abwehr. „Wir haben uns defensiv verbessern können, standen insgesamt stabiler und das war heute wichtig für uns, sodass wir positiv auf den Saisonstart blicken können“, sagte Innenverteidiger Danilho Doekhi den vereinseigenen Kanälen nach dem Spiel.

Diese Art zu spielen und das Auftreten unserer Mannschaft hat mir heute gut gefallen.

Trainer Bo Svensson nach dem Spiel gegen San Sebastian

Hätte Mikel Oyarzabal nicht gleich zum zweiten Mal in diesem Sommer ein spätes Tor in Berlin geschossen, wäre Union sogar als verdienter Sieger vom Platz gegangen. Auch der Ausgleich konnte die gute Stimmung aber nicht trüben. Sogar im Angriff wirkte Union im Svenssons beliebten 3-4-3-System viel gefährlicher, und konnte zumindest im Ansatz deutlich mehr überzeugen, als dies in der letzten Saison oft der Fall war.

„Die Jungs haben vieles umgesetzt, was wir als Trainerteam sehen wollten. Wir haben uns gute Chancen heraus gespielt und hinten nur wenige Gelegenheiten zugelassen. Diese Art zu spielen und das Auftreten unserer Mannschaft hat mir heute gut gefallen“, sagte der Däne nachher.

Dennoch hat er eine Menge Arbeit vor sich. Es wird Zeit brauchen, bis diese Mannschaft Svenssons Ideen verinnerlicht hat. Und der Trainer selbst muss sich darauf einstellen, dass der Kader sich immer noch ändern kann.

Mit dem 19 Jahre alten Tom Rothe von Borussia Dortmund kam diese Woche zwar schon der fünfte Neuzugang in Köpenick an, doch bis zum Ende des Sommertransferfensters kann immer noch einiges passieren. Gerade in der Abwehr, wo Doekhi, Diogo Leite und vor allem Robin Gosens noch als potenzielle Verkaufskandidaten gelten, wird man sich vielleicht auch nach dem Saisonstart neu sortieren müssen. Eine Woche vor dem ersten Pflichtspiel im DFB-Pokal in Greifswald steht Union also immer noch ganz am Anfang des Neustarts.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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