Uneinigkeit am rechten Rand: AfD will eigene Fraktion in Brüssel gründen – doch das wird schwierig

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Uneinigkeit am rechten Rand: AfD will eigene Fraktion in Brüssel gründen – doch das wird schwierig

Nach den Angaben von AfD-Parteisprecher Daniel Tapp sind die Strukturen für eine neue Fraktion im EU-Parlament weit vorangeschritten. Aber aus der Gründung wird vorerst nichts.

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Mit der Gründung einer eigenen Fraktion im Europaparlament wird es für die AfD zunächst nichts. Wie Parteisprecher Daniel Tapp dem Tagesspiegel bestätigte, ist entgegen der ursprünglichen Planung für diesen Donnerstag nicht mehr mit der konstituierenden Sitzung einer solchen Fraktion zu rechnen.

Zuerst hatte der „Spiegel“ darüber berichtet, dass die AfD im EU-Parlament die Gründung einer Fraktion mit dem Namen „Die Souveränisten“ plant. Dafür werden in Brüssel mindestens 23 Mitglieder aus sieben Ländern benötigt.

Vom Tisch sind die Planungen für eine neue Fraktion nach den Worten von Tapp damit aber noch nicht. Die Strukturen für eine neue Fraktion seien „schon sehr weit vorangeschritten“, teilte der Sprecher von Co-Parteichefin Alice Weidel am Mittwoch weiter mit. Es sei aber noch keine übermäßige Eile geboten, und man habe selbstverständlich auch im Blick, „wie die anderen Rechtsparteien sich zusammenschließen wollen“ im Europaparlament „und ob dabei die ein oder andere Partei auch noch für unsere Fraktion interessant werden könnte“.

„Wir verhandeln in den nächsten Tagen intensiv weiter“, sagte der AfD-Europaabgeordnete Tomasz Froelich. „Ich bin sehr optimistisch, dass am Ende des Verhandlungsprozesses eine neue Fraktion im EU-Parlament steht.“

Die Frage der Fraktionsgründung in eigener Regie stellt sich für die AfD, seit deren Abgeordnete noch vor der Europawahl aus der Fraktion „Identität und Demokratie“ (ID) ausgeschlossen wurden, wo vor allem die Parlamentarier der rechtsextremen französischen Partei „Rassemblement National“ (RN) das Sagen haben.

Das vorrangige Interesse des RN besteht darin, sich vor der Parlamentswahl in Frankreich einen gemäßigten Anstrich zu geben. Vor dem Ausschluss hatte der AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah die nationalsozialistische SS verharmlost. Bei dem Ausschluss aus der ID-Fraktion blieb es auch, nachdem Krah aus der AfD-Delegation in Brüssel hinausgeworfen worden war.

Die Bildung einer eigenen Fraktion mit Abgeordneten aus anderen EU-Ländern ist für die AfD vor allem aus finanziellen Gründen interessant – ein Fraktionsstatus sichert zusätzliche Mitarbeiter und Möglichkeiten zur Antragstellung. Viel Zeit bleibt dafür aber nicht mehr. Bis zum 3. Juli muss die Bildung einer neuen Fraktion beantragt sein.

Die AfD-Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla stellen sich beim Parteitag in Essen zur Wiederwahl.

© IMAGO/Bernd Elmenthaler/IMAGO/Bernd Elmenthaler

Heikel ist der stockende Prozess bei einer möglichen Fraktionsbildung vor allem deshalb, weil in Essen ab Freitag der AfD-Parteitag ansteht. Die Parteiführung um Weidel und Tino Chrupalla hätte einen Zusammenschluss mit anderen Parteien am rechten Rand als Erfolg verkaufen können. Nun dürfte beim Parteitag der Vorwurf laut werden, dass die Partei trotz des Ausschlusses des umstrittenen Spitzenkandidaten Krah aus der Delegation auf EU-Ebene ohne Partner dasteht.

Für die AfD könnte allerdings eine mögliche Kooperation mit Parteien wie der rechtsextremen französischen „Reconquete“ nach hinten losgehen. Spekuliert wird in Brüssel unter anderem über eine Fraktionsgemeinschaft mit der neu ins Europaparlament gewählten Sarah Knafo. Die 31-Jährige ist die Lebensgefährtin des „Reconquete“-Parteigründers Éric Zemmour, der wegen rassistischer Äußerungen mehrfach verurteilt worden und zur französischen Präsidentschaftswahl vor zwei Jahren als Kandidat angetreten war.

Nach einem Bericht des „Stern“ hat AfD-Delegationsleiter René Aust seinen Kollegen mitgeteilt, dass er bei möglichen Partnern große Risiken sehe, unter anderem gehe es auch um eine mögliche Relativierung des Holocaust. Es sei daher besser, keine Fraktion als eine falsche Fraktion zu bilden, hatte Aust demnach erklärt.

Die Brüsseler AfD-Delegation hat nach dem Rauswurf von Krah 14 Mitglieder. Damit fehlen für eine mögliche Fraktionsgründung neun weitere Parlamentarierinnen und Parlamentarier. Das Problem: Die potenziellen Fraktionszugänge müssen aus sechs weiteren EU-Ländern kommen, was die Partnersuche erschwert.

Als mögliche Mitglieder der Fraktion hatte der „Spiegel“ unter anderem die Parteien SOS Rumänien, Se Acabó La Fiesta aus Spanien, die NIHK aus Griechenland, die Konfederacja Wolnosc i Niedpodleglosc aus Polen, die Hnutie Republika aus der Slowakei sowie die ungarische Partei Hazank Mozgalom genannt.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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