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Neue „Star Wars“-Serie „The Acolyte“: Frauen an der Macht
Die Frauenquote in der Jedi-Branche steigt. Vielen Fans gefällt das nicht, doch diese Serie könnte ihnen das Motzen schwermachen.
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Den Zugang zur Macht hat George Lucas in seiner „Star Wars“-Galaxie von Anfang an divers verteilt. Jedi aller Couleur kämpfen hier für das Gute, sie sind blau, gelb, grün und auch weiß, haben giraffenartige Hälse, Hörner oder Tentakel am Kopf. Manche sind klein wie ein Hydrant, andere groß wie ein Feuerwehrauto. Was sie lange Zeit nicht waren: weiblich.
Weder die ersten drei Filme von 1977 bis 1983 noch die Teile der zweiten Trilogie von 1999-2005 bestehen den sogenannten Bechdel-Test, der fragt, ob es in einer Geschichte mindestens zwei Frauen gibt, ob diese einen Namen haben und sich miteinander über etwas anderes als Männer unterhalten. Auch eine selbstbewusste Protagonistin wie Prinzessin Leia (Carrie Fisher) konnte diese Prüfung allein nicht bestehen. Sie ausgenommen, kommen weibliche Charaktere in den 386 Minuten der drei Ursprungsfilme insgesamt genau 63 Sekunden zu Wort.
Mit dem Kauf von Lucasfilm durch Walt Disney zogen ab 2015 mehr Frauen ins Franchise ein. Rey Skywalker (Daisy Ridley) als zentrale Heldin der dritten Trilogie zum Beispiel, und im vergangenen Jahr die Jedi-Meisterin Ahsoka in der gleichnamigen Serie, gespielt von Rosario Dawson, einer schwarzen Frau Mitte 40. Auch das darf in diesem Universum durchaus als innovativ gelten, obgleich Dawsons Erscheinung von der außerirdischen Maske zu großen Teilen verschleiert wurde.
„The Wokelyte“
Auch die neue „Star Wars“-Serie „The Acolyte“ erzählt von zwei schwarzen Frauen, diesmal sogar als solche zu erkennen. Die Tatsache, dass sie die Töchter eines lesbischen Paares sind, war für einige Fans offenbar zu viel – und hat der Serie schon im Vorhinein den Spitznamen „The Wokelyte“ eingebracht. Solche Gesten der Ignoranz sind online längst gewohnte Praxis. In diesem Fall wirkt die Abwehrhaltung allerdings besonders deplatziert, weil Identitätspolitik hier nun mal Teil der Handlung ist.
Amandla Stenberg spielt die Zwillinge Mae und Osha.
© Disney/Lucasfilm
Im Zeitalter der Hohen Republik, über hundert Jahre bevor Anakin Skywalker zu Darth Vader wurde, wachsen die Zwilllinge Osha und Mae (beide gespielt von Amandla Stenberg) in einer Gemeinschaft von Hexen auf, die im Verborgenen leben müssen, weil die Galaxie ihnen feindlich gesinnt ist. Die zaubernden Frauen beziehen ihre Kräfte aus der „Macht der Vielen“, Einzelkämpferinnen werden im Zirkel nicht geduldet.
Im Zentrum des Spannungsfeldes zwischen dem Bedürfnis nach Solidarität einerseits und Individualismus andererseits in einer marginalisierten Gruppe, stehen Mae und Osha als die einzigen Heranwachsenden. Die Umstände ihrer Empfängnis bleiben geheim, so wollen es die Mütter, weil sie fürchten, dass man ihnen ansonsten die Kinder wegnimmt. Aus diesen Konflikten winkt unsere Gegenwart, Leslye Headland weiß sie als erste weibliche Showrunnerin einer „Star Wars“-Serie mit Franchise-typischen Motiven auszuhandeln: Die Befürchtungen des lesbischen Paares bewahrheiten sich, als eines Tages ein paar Jedi mit hehren Absichten landen und die übernatürlichen Fähigkeiten der Zwillinge testen wollen. Und während Mae sich dem Prozess vehement verweigert, findet Osha Gefallen an der Vorstellung, fernab der Heimat ihr ganz eigenes Glück finden zu können.
Viele Jahre später schlägt sich Osha als junge Erwachsene in der Galaxie mit Gelegenheitsjobs durch, als sie plötzlich in eine Mordserie verwickelt wird. Um sich selbst zu entlasten, muss sie bei der Aufklärung helfen und steht dabei unverhofft wieder der ihr fremd gewordenen Schwester gegenüber.
Für Headlands emanzipatorische Erzählung bildet das von (der) Macht zusammengehaltene „Star Wars“-Universum ein fruchtbares Setting – wer sie verdient, wie man sie nutzt und was sie im Kern eigentlich bedeutet, das sind hier seit jeher die entscheidenden Fragen. Leslye Headland webt sie in den ersten vier Folgen, die der Presse vorab zur Verfügung gestellt wurden, harmonisch in einen solide gespannten Krimi-Bogen ein und hält die Welt dabei mit den üblichen Werkzeugen zusammen: obligatorisch-niedlichen Droiden, High-End-Technik im antiquierten Gewand, außerirdisch schönen Landschaften (gedreht in Portugal und Wales) und handgemachten Sets, in die man sofort einziehen möchte. Dass letztere diesmal mitunter etwas zu bühnenhaft geraten sind und die Musik zwischendurch reichlich drüber ist, dürfte selbst dem leidenschaftlichsten Gegner einer vermeintlich woken Agenda nicht genügen, um sich den Stärken von „The Acolyte“ zu entziehen. Keine schlechte Machtstrategie.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de