© imago/MIS/IMAGO/Bernd Feil / MiS
Update Unwetter in Süddeutschland: Landkreise rufen Katastrophenfall aus – A3 in Oberpfalz teils voll gesperrt
Die Lage in Bayern und Baden-Württemberg spitzt sich vielerorts zu. In mehreren Landkreisen wurde der Katastrophenfall ausgerufen. Teilweise fahren keine Züge mehr.
Dauerregen, Überflutungen, steigende Pegel: In Süddeutschland hat sich die Hochwasserlage am Samstag zugespitzt. Bis zum Nachmittag riefen sechs Landkreise in Bayern den Katastrophenfall aus. In Fischach im Landkreis Augsburg mussten Menschen ihre Häuser verlassen und teils mit Hubschraubern gerettet werden. Stark betroffen war auch Baden-Württemberg.
Der schwäbische Landkreis Augsburg rief am Samstagmorgen den Katastrophenfall aus und richtete einen Liveticker ein. Ein Weiher und ein Staubecken liefen über, die Schmutter trat über die Ufer, Straßen wurden überflutet.
Die Menschen in Fischach, Gessertshausen und Langenneufnach seien „dringend angehalten, bei Aufforderung Gebiete zu verlassen und Tiefgaragen sowie Kellerräume zu meiden“, erklärte das Landratsamt am Morgen. Mittags wurde der Diedorfer Ortsteil Anhausen wegen eines Dammbruchs evakuiert.
Eine Sprecherin des Landratsamtes sagte Medienberichten zufolge, Helfer hätten Menschen aus ihren von den Fluten eingeschlossenen Häusern per Hubschrauber retten müssen. Am Nachmittag wurden Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU) in Diedorf erwartet.
Auch die Landkreise Aichach-Friedberg, Neu-Ulm, Pfaffenhofen und Donau-Ries riefen am Samstag den Katastrophenfall aus; am Freitagabend hatte dies bereits der Landkreis Günzburg getan. Das Landratsamt von Aichach-Friedberg erklärte, so könnten Hilfeleistungen bestmöglich koordiniert und bewältigt werden.
Schneefall in den Bergen
Das Technische Hilfswerk (THW) teilte mit, es sei mit 400 Menschen in Bayern und Baden-Württemberg im Einsatz, um das Hochwasser zu bekämpfen.
Zugausfälle und Störungen im Süden
Am Samstag ist es zudem zu Störungen und Zugausfällen im Bahnverkehr gekommen. Besonders zwei ICE-Strecken waren beeinträchtigt, wie eine Bahnsprecherin sagte. Zwischen München, Bregenz und Zürich fuhren wegen des Hochwassers den ganzen Samstag keine Züge mehr.
Die Strecke zwischen Ulm und Augsburg war ebenfalls betroffen, die dortigen Fernzüge der Verbindung zwischen Stuttgart und München wurden über Ansbach umgeleitet.
Die Autobahn 3 in Bayern nahe Regensburg musste am Samstagnachmittag auf rund zehn Kilometern zwischen den Anschlussstellen Parsberg und Beratzhausen in beide Richtungen gesperrt werden. Die Fahrbahn sei teils überflutet, teilte das Polizeipräsidium Oberpfalz am Samstag mit. „Das Wasser drückt von den Feldern auf die Autobahn“, sagte ein Sprecher. Nach Angaben der Verkehrspolizei Regensburg seien Autobahnmeisterei, Feuerwehr und Polizei vor Ort. Der Verkehr werde umgeleitet, sagte ein Sprecher.
Mehrere Gruppen von Bergsteigern waren am Samstag an der Zugspitze im Schneetreiben in Not geraten. Am Nachmittag seien die Bergsteiger von der Bergwacht wohlbehalten zum Gletscherrestaurant Sonnalpin am Zugspitzplatt begleitet worden, teilte die Bergwacht mit.
Die Bergsteiger hätten sich trotz Dauerregens im Tal und massiven Schneefalls in den Bergen zu Deutschlands höchstem Gipfel aufgemacht, berichtete der Bayerische Rundfunk. Dort türmten sich die Schneemassen demnach teilweise zwei Meter hoch, die Sichtweite betrug nur etwa 100 Meter.
Jahrhunderthochwasser im schwäbischen Günzburg
Ein hundertjährliches Hochwasser ist eine rechnerische Größe und bezeichnet ein Hochwasser, das im statistischen Mittel einmal in hundert Jahren erreicht oder überschritten wird. Laut einer Sprecherin des Wasserwirtschaftsamtes Donauwörth werden am Samstag an Günz, Mindel und Schmutter entsprechende Wasserstände erwartet. In Donauwörth könnte die Meldestufe am Sonntagabend oder in der Nacht zu Montag erreicht werden.
Bayern, Günzburg: Die Donau ist beim Kraftwerk über das Ufer getreten. Nach den ergiebigen Regenfällen der letzten Tage wird Hochwasser erwartet.
© dpa/Stefan Puchner
Mehrere Menschen bei Autounfall auf A9 verletzt
In Bayern gab es bereits zahlreiche Einsätze bei der Polizei. Wie Sprecher der zuständigen Polizeipräsidien am Samstagmorgen mitteilten, konzentrierten sich die Einsätze vor allem auf Schwaben und das nördliche Oberbayern. Bei Autounfällen infolge des Regens wurden auf der Autobahn 9 am Freitag nach Polizeiangaben mehrere Menschen verletzt. Immer wieder wurden Keller und Straßen überflutet. Einsatzkräfte und Anwohner von Flüssen mit steigenden Pegeln wappneten sich mit Sandsäcken.
Campingplatz in Baden-Württemberg geräumt
Im baden-württembergischen Waldshut-Tiengen ist wegen der Hochwassergefahr ein Campingplatz geräumt worden. Am Freitagabend drohte der Rhein über das Ufer zu treten, wie die Polizei am Samstag mitteilte. Demnach standen Wohnmobile direkt am Ufer und mussten deshalb vorsorglich weggefahren werden. Am Samstag sei dann ein Parkplatz eines Schwimmbads in der Nähe des Campingplatzes überflutet worden.
150 Menschen im Unterallgäu sollen Häuser verlassen
Wegen der sich zuspitzenden Hochwasserlage sind im schwäbischen Landkreis Unterallgäu rund 150 Menschen aufgerufen, freiwillig ihre Häuser zu verlassen. Allein in der Ortschaft Babenhausen seien rund 100 Menschen betroffen, sagte eine Sprecherin des Landratsamtes am Samstag. Weitere 50 Anwohner sollen im Ortsteil Zell in Bad Grönenbach sowie in Dirlewang ihrer Häuser verlassen. Die Menschen sollten teils mit Booten geholt werden.
Die Behörden gingen davon aus, dass die Wasserstände eines Jahrhunderthochwassers erreicht werden. Die Dammbereiche würden überflutet, die Hochwasserrückhaltebecken seien größtenteils voll, sagte Landrat Alex Eder (FW). Es habe bis zum Morgen rund 225 Einsätze wegen vollgelaufener Keller und Straßenüberflutungen gegeben. „Wir raten dringend, nicht mehr in den Keller zu gehen und nicht in Autos steigen“, mahnte der Landrat die Menschen in den betroffenen Gebieten.
Wasserwacht erkundet mit Jetski die Lage. Der Landkreis Augsburg hat den Katastrophenfall ausgerufen.
© dpa/-
Mitarbeiter des Neu-Ulmer Baubetriebshofes bereiten sich auf das Hochwasser an der Donau vor und bringen Schutzwände an.
© IMAGO/onw-images/IMAGO/Marius Bulling
Einsatzkräfte von Feuerwehr und THW befüllen Sandsäcke. Der Landkreis Günzburg hat den Katastrophenfall ausgerufen.
© IMAGO/onw-images/IMAGO/Marius Bulling
Landstraße wegen Erdrutsches gesperrt, Landesgartenschau geschlossen
Wegen der Hochwassergefahr bleibt die Landesgartenschau in Wangen im Allgäu am Samstag geschlossen. „Es ist viel Wasser im Fluss, und es ist noch nicht klar, wie sich die Lage weiterentwickelt, denn es sind weitere Niederschläge in den nächsten Stunden angekündigt“, teilte eine Sprecherin am Samstagmorgen mit. Die Stadt an der Argen hatte am Freitagabend Hochwasseralarm ausgelöst.
Veranstaltungen auf dem Landesgartenschau-Gelände waren abgesagt worden. Der Pegelstand der Argen werde genau beobachtet, hieß es. Der Oberbürgermeister der Stadt, Michael Lang (parteilos), hatte seine Bürger bis in den Freitagabend hinein auf Instagram über die aktuelle Lage informiert.
Die Landstraße 383 bei Reutlingen in Baden-Württemberg ist derweil wegen eines Erdrutsches halbseitig gesperrt worden. Die Sperrung zwischen Reutlingen und Gönningen dauere nach Angaben der Polizei von Samstag bis in den Nachmittag an. Grund dafür war demnach der anhaltende Regen.
Untergeschosse meiden
Nicht weit entfernt in Weingarten bei Ravensburg sollten Bewohner großer Teile der Stadt die Untergeschosse meiden und auf keinen Fall im Keller schlafen. Diese Empfehlung hatte die Feuerwehr am Freitagabend herausgegeben. Auch ihnen wurde geraten, bestenfalls bei Verwandten und Freunden außerhalb der von steigenden Pegelständen gefährdeten Gebiete zu übernachten.
„Es ist leider zur Zeit unklar, wie schnell die Pegel im weiteren Verlauf steigen werden. Daher gilt besondere Vorsicht!“, hieß es am Freitag auf der Seite der Feuerwehr. Laut dem Landkreis Ravensburg war nicht auszuschließen, dass einzelne Städte oder Gemeinden Evakuierungsentscheidungen treffen könnten.
01.06.2024, Bayern, Lauingen: In Lauingen ist die Donau über das Ufer getreten. Nach den ergiebigen Regenfällen der letzten Tage wird Hochwasser erwartet.
© dpa/Stefan Puchner
In Lindau am Bodensee wurden am Freitagabend bereits erste Straßen und Unterführungen überflutet und der Stadtbus-Verkehr musste eingestellt werden. Feuerwehr und Technisches Hilfswerk waren im Dauereinsatz. Aus einem Mehrfamilienhaus mussten Bewohner evakuiert werden, da durch eingedrungenes Wasser die Möglichkeit eines Kurzschlusses bestand.
Hochwasserrisiko auch in Hessen, Unwettergefahr in Ostdeutschland
Auch in anderen Regionen haben die Niederschläge die Wasserstände in Flüssen ansteigen lassen – und weitere Zuwächse werden erwartet. In Hessen ist laut dem regionalen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie ein statistisch nur alle 20 Jahre auftretendes Hochwasser an Rhein und Neckar möglich.
Im Osten Deutschlands müssen sich die Menschen laut DWD auf viel Regen, teils auch auf Gewitter einstellen. Allerdings treffe das Unwetter Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt voraussichtlich weniger stark als zunächst befürchtet. (dpa)
Zur Startseite
- Bayern
- Katastrophenschutz
showPaywall:falseisSubscriber:falseisPaid:showPaywallPiano:false
Eine Quelle: www.tagesspiegel.de