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Neuer Geist, alte Spieler: So geht es für das DFB-Team nach dem EM-Aus weiter

Neuer Geist, alte Spieler: So geht es für das DFB-Team nach dem EM-Aus weiter

© dpa/Matthias Schrader

Neuer Geist, alte Spieler: So geht es für das DFB-Team nach dem EM-Aus weiter

„Wir werden den Kader nicht komplett umbauen“, sagt Bundestrainer Julian Nagelsmann mit Blick auf die WM in zwei Jahren. Einige wichtige Fragen aber wird er beantworten müssen.

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Manuel Neuer verabschiedete sich mit einem Rätsel in die schaurig-schöne Sommernacht. Nach der 1:2-Niederlage gegen Spanien und dem daraus resultierenden Ausscheiden im Viertelfinale der Europameisterschaft war er gefragt worden, wie es für ihn und die Fußball-Nationalmannschaft weitergehe. Neuer, Stammtorhüter des Teams seit der Weltmeisterschaft 2010, antwortete, dass er sich Gedanken machen werde. „Das heißt nicht heute oder morgen. Das kann ein halbes Jahr oder länger dauern.“

Wie das denn funktionieren solle, wurde Neuer noch hinterhergerufen, als er schon auf dem Absatz kehrtgemacht hatte. Immerhin stünden schon bald die nächsten Länderspiele an. „Wie lange hat denn Toni gewartet?“, fragte Neuer zurück.

Toni, also Toni Kroos, hat sich mehr als zweieinhalb Jahre Zeit gelassen, ehe er sich in diesem Frühjahr von Bundestrainer Julian Nagelsmann zu einer Rückkehr in die Nationalmannschaft hat überreden lassen. Heißt das also: Neuer macht jetzt erst einmal Pause und gibt rechtzeitig zur WM 2026 in Mexiko, der USA und Kanada mit dann 40 Jahren sein Comeback im DFB-Team?

Wenn ein großes Turnier endet, so wie am Freitagabend die EM für die Deutschen, ist das auch immer ein dankbarer Anlass für Spekulationen personeller Art: Wer hört definitiv auf? Wer will weitermachen? Wer darf es überhaupt?

Realistischerweise kann es schon sein, dass das heute mein letztes Spiel war.

Thomas Müller nach dem Viertelfinal-Aus gegen Spanien

Diese Fragen kommen nun auch auf die deutsche Nationalmannschaft und Bundestrainer Julian Nagelsmann zu, der sich am Tag nach der unglücklichen Niederlage gegen Spanien noch einmal, an der Seite von Rudi Völler und Bernd Neuendorf, in Herzogenaurach der Presse stellte. Über Nacht – so der Sachstand von Samstag, 13 Uhr – sind zumindest keine weiteren Rücktritte hinzugekommen.

An Kandidaten mangelt es nicht. Neben Manuel Neuer kämen auch Kapitän Ilkay Gündogan, 33, und natürlich Thomas Müller in Frage. Der Münchner, der im September 35 wird, ist gegen die Spanier nach drei EM-Spielen ohne Einsatz erstmals wieder eingewechselt worden. „Realistischerweise kann es schon sein, dass das heute mein letztes Spiel war“, sagte Müller nach seinem 131. Einsatz für die Nationalmannschaft.

Von sich aus zurücktreten wird Müller nicht, weil er der Meinung ist, dass man nicht aus der Nationalmannschaft zurücktreten kann. Entweder man wird berufen. Oder man wird eben irgendwann nicht mehr berufen.

Neuer Geist, alte Spieler: So geht es für das DFB-Team nach dem EM-Aus weiter

Auf Abschiedstour? Die Deutschen hatten bei der EM von allen 24 Teilnehmern den ältesten Kader.

© imago/Buzzi/IMAGO/STUDIO FOTOGRAFICO BUZZI SRL

Bisher ist es nur Toni Kroos, auf den Nagelsmann künftig definitiv verzichten muss. Aber was heißt in diesem Fall schon: nur?

Die Rückkehr des defensiven Mittelfeldspielers in die Nationalmannschaft war einer der entscheidenden Gründe dafür, dass die DFB-Elf den Turnaround gerade noch rechtzeitig zur Heim-EM hinbekommen hat. Und dass Bernd Neuendorf, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), im Rückblick auf das Viertelfinale gegen Spanien sagen konnte: „Wir haben verloren, aber ich glaube nicht, dass wir gescheitert sind. Wir werden den Weg fortsetzen. Wir bleiben positiv und greifen wieder an.“

Ob und wie das ohne Kroos funktionieren wird, das ist eine durchaus knifflige Frage, die Julian Nagelsmann nun beantworten muss. Mit Kroos, so der Bundestrainer, breche ein Pfeiler des Teams weg, „darauf müssen wir reagieren“. Kroos war Taktgeber und Spielgestalter, die gute Seele des deutschen Teams. Einen Spieler zu finden, „der ihn eins zu eins ersetzt, ist schwer“, sagte Nagelsmann.

Perspektivisch traut er dem Münchner Aleksandar Pavlovic zu, in diese Rolle hineinzuwachsen. Der 20-Jährige stand ursprünglich bereits im EM-Kader, musste dann aber kurz vor Turnierstart aus gesundheitlichen Gründen passen.

28,5Jahre war Deutschlands Kader bei der EM alt

Auch den Stuttgarter Angelo Stiller, 23, nannte Nagelsmann. Stiller und Pavlovic seien „Kandidaten, die einen ähnlichen Spielstil haben oder haben können“ wie Kroos. Genau wie Pascal Groß, der im aktuellen Aufgebot so etwas wie der Backup zu Kroos war. Aber Groß sei mit 33 Jahren auch „nicht mehr der ganz Jüngste“, gab der Bundestrainer zu.

Das ist in der Tat eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. Bei der EM stellte das deutsche Team mit einem Durchschnittsalter von 28,5 Jahren den ältesten Kader aller 24 Teilnehmer. Von den 26 Spielern im Nagelsmanns Aufgebot waren 10 älter als 30, knapp 40 Prozent also.

Zum Vergleich: Bei der WM 2010 in Südafrika hat eine deutsche Nationalmannschaft das heimische Publikum zuletzt aus dem Stand so sehr begeistert wie jetzt bei der Europameisterschaft. Damals gehörten dem Aufgebot nur drei Ü-30-Spieler an: Arne Friedrich, Miroslav Klose und der zweite Torhüter Jörg Butt. Der Kern der Mannschaft wurde dann vier Jahre später in Brasilien Weltmeister.

Und diesmal? Den WM-Titel in zwei Jahren hat Nagelsmann schon am Freitagabend, gleich nach der Niederlage gegen Spanien, als Ziel ausgegeben, am Mittag danach sagte er, dass „ein goldener Pokal auch ganz hübsch sei“.

Der Bundestrainer glaubt, dass es mit den vorhandenen Spielern möglich ist, 2026 Weltmeister zu werden. „Wir werden den Kader nicht komplett umbauen“, kündigte er an, nur Nuancen werde man verändern. Womöglich verändert sich die Hierarchie innerhalb des Kaders. Spieler, die sich bei der EM noch mit der Rolle des Herausforderers arrangieren mussten, könnten sich bis zum Turnier in zwei Jahren stärker in den Vordergrund spielen.

Unter den jüngeren oder noch halbwegs jungen Spielern gibt es spannende Talente wie Florian Wirtz, Jamal Musiala oder auch Kai Havertz, die ebenfalls noch einmal einen deutlichen Sprung nach vorne machen können. „Ich glaube, dass wir eine Basis an guten jungen Spielern haben“, sagte DFB-Sportdirektor Rudi Völler.

Nagelsmann setzt auch auf die besonderen Erfahrungen bei der Heim-EM: auf die Kraft der Gemeinschaft, auf Teamgeist und Zusammengehörigkeitsgefühl. Dass innerhalb der Mannschaft ein gutes Klima herrsche, das sei ein ganz wichtiges Fundament, sagte der Bundestrainer.

Vielleicht spielt das bei der Entscheidung des einen oder anderen Spielers über die Fortsetzung der Länderspielkarriere tatsächlich eine Rolle. Bei Ilkay Gündogan zum Beispiel, dem Kapitän. Hinweise auf einen Rücktritt gibt es laut Nagelsmann jedenfalls nicht. „Klar freue ich mich, wenn er weitermacht“, sagte der Bundestrainer. „Stand jetzt gehe ich davon aus, dass er weiter zur Verfügung steht.“

Ilkay Gündogan hat am Samstagvormittag als letzter Spieler das Quartier in Herzogenaurach verlassen. Von Nagelsmann verabschiedete er sich mit den Worten: „Bis bald.“

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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