Sommermärchen-Prozess: Darum kann es für Theo Zwanziger jetzt kritisch werden

© dpa/Andreas Arnold

Sommermärchen-Prozess: Darum kann es für Theo Zwanziger jetzt kritisch werden

Während das Verfahren gegen Wolfgang Niersbach eingestellt wurde, richtet sich der Fokus der Richterin mehr und mehr auf Theo Zwanziger. Und schon bald sollen prominente Zeugen aussagen.

Von Harald Stenger

Theo Zwanziger war nach dem zwölften Verhandlungstag im Sommermärchen-Prozess vor dem Landgericht Frankfurt gut gelaunt und optimistisch. „Am Ende des Verfahrens wird ein Freispruch für mich stehen“, sagte der ehemalige DFB-Präsident, der seit Montag der einzige Angeklagte im Verfahren um Steuerhinterziehung wegen einer dubiosen 6,7 Millionen-Euro-Zahlung im Zusammenhang mit der WM 2006 ist.

Als am 4. März der Prozess losging, saßen neben Zwanziger auch Wolfgang Niersbach und Horst R. Schmidt auf der Anklagebank. Anfang August wurde das Verfahren gegen Ex-DFB-Generalsekretär Schmidt aus gesundheitlichen Gründen abgetrennt. Er kann erst wieder aufgenommen werden, wenn das Urteil gegen Zwanziger rechtskräftig ist.

Und seit Montag ist Niersbach aus der Partie. Die Anklage gegen ihn wurde von Gericht und Staatsanwalt bei weiterhin „bestehendem Tatverdacht wegen geringer Schuld“ eingestellt – zahlen muss der DFB-Tausendsassa und ehemalige Beckenbauer-Freund dafür bis 9. September 25.000 Euro an fünf gemeinnützige Organisationen. Niersbach kommentierte die Einstellung nicht, bevor er um 10.48 Uhr regungslos den Gerichtssaal verließ. Seine Anwältin hatte zuvor mit Nachdruck betont, seine Zustimmung zur Geldstrafe sei kein Schuldeingeständnis.

Fortan steht Zwanziger allein im Blickpunkt. Und vieles deutet darauf hin, dass es nun zu einem knallharten Kampf mit Richterin Eva-Marie Distler kommt. Denn die Vorsitzende des Gerichts lässt immer wieder durchblicken, dass sie wenig von Zwanzigers Ausführungen hält.

25.000Euro muss Wolfgang Niersbach an fünf gemeinnützige Organisationen zahlen

Entsprechend rigide ist oft ihr Verhandlungsstil, sodass Zwanziger in der Sommerpause einen Befangenheitsantrag stellte. Ergebnis: Abgelehnt! Einen weiteren, für ihn nicht unerwarteten Dämpfer, kassierte der 79 Jahre alte Jurist am Montag, als sein Antrag auf Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens zu den Steuerfragen des Prozesses mit wenigen Worten abgelehnt wurde.

Danach ging Distler in die Offensive. Sie legte vorsichtig und doch vielsagend dar, dass die Beweisaufnahme möglicherweise ein Bild ergeben habe, das anders als die Aktenlage vor dem Verfahren sei. Wie sie es sagte, ließ es den Eindruck entstehen, dass sie Zwanziger negativer beurteilt. Der Angeklagte nahm das unbeirrt zur Kenntnis. „Ich habe keine Aussagen bei der Verhandlung gehört, die mich belasten.“

Ein interessantes Duell steht bevor. Bis zum 7. November, an diesem Tag ist Fedor Radmann geladen, ist die Beweisaufnahme mit elf Zeugen angesetzt. Laut Gericht soll Ex-Fifa-Präsident Joseph Blatter für eine Video-Vernehmung am 19. September zugesagt haben und die Schweizer Behörden wollen angeblich Günter Netzer zum gleichen Prozedere am 11. Oktober ermuntern.

Neben DFB-Präsident Fritz Keller ist auch dessen Vorgänger Reinhard Grindel am 16. September zur Vernehmung in Frankfurt geladen. Und die Neuigkeit des Tages: Ab 9. September, wenn sein Arrangement rechtskräftig ist, muss auch Niersbach als Zeuge aussagen und wird dann bis hin zu den Vorgängen zu Beginn der WM-Bewerbung in den 1990er Jahren kein Zeugnis-Verweigerungsrecht haben.

– Der Autor war Pressesprecher des Deutschen Fußball-Bundes

Zur Startseite

  • Fußball

showPaywall:falseisSubscriber:falseisPaid:showPaywallPiano:false

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

Comments (0)
Add Comment